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Grenzen der quotenproportionalen Kosten- und Lastenverteilung * Harald Solenthaler |
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Grundsätzlich haben die Stockwerkeigentümer an die Lasten des
gemeinschaftlichen Eigentums sowie an die Kosten der gemeinschaftlichen
Verwaltung Beiträge nach Massgabe ihrer Wertquote zu leisten. Doch gibt es
gesetzliche Vorschriften oder sachliche Umstände, die eine Abweichung von
diesem Grundsatz zulassen. |
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Das Prinzip der
anteilsmässigen Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten
entspricht der Grundstruktur des Stockwerkeigentums. Doch die gesetzliche
Regelung über die Kostenverteilung nach Massgabe der Wertquoten ist
lediglich dispositiver Natur und kann deshalb im Reglement oder durch Beschluss
der Stockwerkeigentümergemeinschaft abgeändert
werden. Aber auch der Gesetzgeber hat
Bestimmungen erlassen, die den Grundsatz der quotenproportionalen Lasten- und
Kostenverteilung durchbrechen. Falls gewisse gemeinschaftliche Teile, Anlagen
oder Einrichtungen einzelnen Stockwerkeigentümern nicht oder nur in
geringem Umfang dienen, ist dies nach Art. 712h Abs.
3 ZGB zwingend bei der Kostenverteilung zu berücksichtigen. Es
können auch Umstände dazu führen, dass ein
Stockwerkeigentümer nach Art. 647d Abs. 3/Art. 647e
Abs. 2 ZGB nicht kostenpflichtig ist, wenn er sich nicht an
nützlichen oder luxuriösen Massnahmen beteiligt hat. Eine Abweichung
von der quotenproportionalen Kostenverteilung gemäss Art.
712h Abs. 3 ZGB kann gelegentlich zu Problemen führen,
sodass sich das Bundesgericht verschiedentlich mit der Anwendung dieser
Bestimmung befassen musste. Bei der Abwägung, ob und inwieweit eine
Kostenverteilung abgeändert werden soll, sind die konkreten Umstände
anhand objektiver Kriterien zu bestimmen, ohne die subjektiven Bedürfnisse
der einzelnen Stockwerkeigentümer zu berücksichtigen. Nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss sich beispielsweise der
Stockwerkeigentümer an der Kostentragung der gemeinschaftlichen
Lüftungsanlage nicht beteiligen, wenn seine Wohnung nicht an diese Anlage
angeschlossen ist und er sie objektiv nicht benutzt (BGE 112 II 312).
Demgegenüber müssen sich alle Stockwerkeigentümer entsprechend
den Wertquoten anteilsmässig an den Kosten einer Dachsanierung beteiligen,
weil das Dach als gemeinschaftlicher Teil allen dient (BGE 117 II 251). In
einem weiteren Fall hat das Bundesgericht festgehalten, dass bei
Sanierungsarbeiten in einem von drei Häusern die Stockwerkeigentümer
der beiden anderen Häuser sich nicht an den Kosten beteiligen müssen,
sofern die Sanierungsarbeiten nicht gemeinschaftliche Teile, Anlagen oder
Einrichtungen betreffen. Der
quotenproportionale Verteilungsschlüssel kann sachlich unbefriedigend
sein, deshalb drängt es sich auf, dass rechtsgeschäftliche
Abweichungen durch Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft
eingeführt werden können. Eine geänderte Kostenverteilung kann
unter Berücksichtigung des Masses der Benutzung nach objektiven und
subjektiven Gesichtspunkten bestimmt werden. Dabei ist zu berücksichtigen,
wie die Verteilung der Kosten bisher geregelt wurde. Änderungen der
Kostenverteilungen, die im Reglement nicht speziell geregelt wurden,
können mit einfachem Mehr der anwesenden Stockwerkeigentümer
beschlossen werden. Demgegenüber sind im Reglement festgelegte
Verteilungsschlüssel nur gemäss Art. 712g Abs.
3 ZGB mit einer qualifizierten Mehrheit nach Köpfen und Wertquoten
zu ändern. |
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