Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 06/2004 Inhaltsverzeichnis
Die Eigentumswohnung

     
  Ausschluss des Stockwerkeigentümers
* Rafael Steger
 
     
  Mit dem Kauf einer im Sonderrecht stehenden Eigentumswohnung erwirbt man nicht nur das Eigentum an der Wohnung, sondern man schliesst sich auch auf Dauer einer Stockwerkeigentümergemeinschaft («Gemeinschaft») an. Glücklicherweise muss nur in den wenigsten Fällen der Ausschluss eines Stockwerkeigentümers («Eigentümer») angestrebt werden. Die einschlägige Klage nach Art. 649b ZGB wird gutgeheissen und der Eigentümer aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, wenn durch sein Verhalten oder das Verhalten von Personen, denen er den Gebrauch der Sache überlassen oder für die er einzustehen hat, Verpflichtungen gegenüber allen oder einzelnen Eigentümern so schwer verletzt, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zugemutet werden kann.  
     
  A. Klage auf Ausschluss gemäss Art. 649b ZGB
1. Voraussetzungen
Die Klage auf Ausschluss aus der Gemeinschaft nach Art. 649b ZGB findet zum einen auf die Miteigentümergemeinschaft und zum anderen auf die Stockwerkeigentümergemeinschaft Anwendung. Die Klage bezweckt den Ausschluss aus der Gemeinschaft und greift damit einschneidend in die Rechtsstellung des jeweiligen Eigentümers und in seine Eigentumsfreiheit ein. An die Voraussetzungen der Klage werden deshalb sehr hohe Anforderungen gestellt.
 
     
  Im Einzelnen müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:  
  Klage als ultima ratio
Bevor die Klageerhebung erfolgen kann, müssen vorerst alle anderen möglichen und zumutbaren Mittel ausgeschöpft worden sein. Als mögliche und zumutbare Mittel kommen Aussprachen an der Stockwerkeigentümerversammlung («Versammlung»), mehrmalige schriftliche Abmahnungen mit und ohne Androhung der Ausschlussklage, eine Mediation oder weniger weit gehende rechtliche Massnahmen (Zuhilfenahme der Polizei, nachbarrechtliche Rechtsbehelfe) in Frage. Sind die vorgenannten Mittel ohne Erfolg geblieben, d.h. der störende Eigentümer konnte nicht zur Vernunft gebracht werden und zeigt sich weiterhin uneinsichtig, muss zum äussersten Mittel – der Ausschlussklage – gegriffen werden.
 
  Schwere Pflichtverletzung
Als weitere Voraussetzung muss eine schwere Pflichtverletzung vorliegen. Mit anderen Worten muss die Pflichtverletzung derart sein, dass den übrigen Eigentümern die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht mehr zugemutet werden kann. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist in diesem Bereich nicht sehr ergiebig. Darunter fallen beispielsweise ein «andauernd unverträgliches, streitsüchtiges, gewalttätiges und arglistiges Verhalten des Miteigentümers (…), wenn dadurch ein friedliches Zusammenleben und ein nachbarlicher Verkehr, wie er unter Hausgenossen Brauch und Sitte ist, verhindert wird.» Insbesondere ein dauerndes Verursachen von übermässigen Immissionen wie Lärm oder ideelle Beeinträchtigungen sowie Nutzungsänderungen (Erotik-Etablissements) können unter Umständen als schwere Pflichtverletzung qualifiziert werden. Eine gewisse Intensität der Störung muss vorliegen. Das Aufbewahren von Schuhen im Treppenhaus entgegen der Hausordnung beispielsweise entfaltet lediglich eine kleine Störung gegenüber den anderen Eigentümern. Es ist unerheblich, ob die Pflichtverletzung vom Eigentümer selbst oder von einer Person, welche zum Gebrauch der Sache obligatorisch oder dinglich berechtigt ist oder für welche der Eigentümer einzustehen hat (z.B. Kinder), ausgeht. Die Pflichtverletzung kann alle oder nur einzelne Eigentümer betreffen.
Vielfach enthalten auch Reglemente eine Aufzählung von Pflichtverletzungen, die zu einem Ausschluss führen können. Diese sind jedoch unverbindlich, soweit die vom Gesetz vorgesehenen zwingenden Minimalanforderungen unterschritten werden. Insofern sind diese nur beschränkt zulässig und gültig.
 
     
  2. Verfahren
Damit der Richter auf die Klage eintritt, ist vorgängig die Zustimmung der Eigentümer in der Versammlung einzuholen. Dazu kann der Eigentümer beim Verwalter die Einberufung einer Versammlung verlangen. Die Bewilligung liegt vor, wenn die Zustimmung der Mehrheit aller (!) Eigentümer vorliegt, wobei der Betroffene nicht mitgezählt wird. Die Mehrheit der anwesenden Eigentümer genügt nicht.
Zur Klage berechtigt (klägerische Partei) sind der oder die beeinträchtigten Eigentümer. Die beklagte Partei ist der Eigentümer, welcher die schwere Pflichtverletzung begangen hat oder begeht bzw. diese sich vorwerfen lassen muss.
Örtlich zuständig ist das Gericht entweder am Ort der gelegenen Sache oder am Wohnsitz oder Sitz der beklagten Partei (vgl. Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG). Sachlich zuständig ist das Bezirksgericht (sofern der Streitwert über Fr. 20000.– beträgt). Der Prozess wird im ordentlichen Verfahren durchgeführt, es stehen damit alle Beweismittel zur Beweisführung offen.
Wird die Klage vom Gericht gutgeheissen, so setzt das Gericht der beklagten Partei eine Frist für den Verkauf der Eigentumswohnung mit gleichzeitiger Androhung der öffentlichen Zwangsverwertung im Unterlassungsfall.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
     
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