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Ausschluss des Stockwerkeigentümers * Rafael Steger |
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Mit dem Kauf
einer im Sonderrecht stehenden Eigentumswohnung erwirbt man nicht nur das
Eigentum an der Wohnung, sondern man schliesst sich auch auf Dauer einer
Stockwerkeigentümergemeinschaft («Gemeinschaft») an.
Glücklicherweise muss nur in den wenigsten Fällen der Ausschluss
eines Stockwerkeigentümers («Eigentümer») angestrebt
werden. Die einschlägige Klage nach Art. 649b ZGB wird gutgeheissen und
der Eigentümer aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, wenn durch sein
Verhalten oder das Verhalten von Personen, denen er den Gebrauch der Sache
überlassen oder für die er einzustehen hat, Verpflichtungen
gegenüber allen oder einzelnen Eigentümern so schwer verletzt, dass
diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zugemutet werden
kann. |
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A. Klage auf
Ausschluss gemäss Art. 649b ZGB 1. Voraussetzungen Die
Klage auf Ausschluss aus der Gemeinschaft nach Art. 649b ZGB findet zum einen
auf die Miteigentümergemeinschaft und zum anderen auf die
Stockwerkeigentümergemeinschaft Anwendung. Die Klage bezweckt den
Ausschluss aus der Gemeinschaft und greift damit einschneidend in die
Rechtsstellung des jeweiligen Eigentümers und in seine Eigentumsfreiheit
ein. An die Voraussetzungen der Klage werden deshalb sehr hohe Anforderungen
gestellt. |
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Im Einzelnen
müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: |
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Klage als ultima ratio Bevor
die Klageerhebung erfolgen kann, müssen vorerst alle anderen
möglichen und zumutbaren Mittel ausgeschöpft worden sein. Als
mögliche und zumutbare Mittel kommen Aussprachen an der
Stockwerkeigentümerversammlung («Versammlung»), mehrmalige
schriftliche Abmahnungen mit und ohne Androhung der Ausschlussklage, eine
Mediation oder weniger weit gehende rechtliche Massnahmen (Zuhilfenahme der
Polizei, nachbarrechtliche Rechtsbehelfe) in Frage. Sind die vorgenannten
Mittel ohne Erfolg geblieben, d.h. der störende Eigentümer konnte
nicht zur Vernunft gebracht werden und zeigt sich weiterhin uneinsichtig, muss
zum äussersten Mittel der Ausschlussklage gegriffen
werden. |
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Schwere Pflichtverletzung Als
weitere Voraussetzung muss eine schwere Pflichtverletzung vorliegen. Mit
anderen Worten muss die Pflichtverletzung derart sein, dass den übrigen
Eigentümern die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht mehr zugemutet werden
kann. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist in diesem Bereich nicht sehr
ergiebig. Darunter fallen beispielsweise ein «andauernd
unverträgliches, streitsüchtiges, gewalttätiges und arglistiges
Verhalten des Miteigentümers (
), wenn dadurch ein friedliches
Zusammenleben und ein nachbarlicher Verkehr, wie er unter Hausgenossen Brauch
und Sitte ist, verhindert wird.» Insbesondere ein dauerndes Verursachen
von übermässigen Immissionen wie Lärm oder ideelle
Beeinträchtigungen sowie Nutzungsänderungen (Erotik-Etablissements)
können unter Umständen als schwere Pflichtverletzung qualifiziert
werden. Eine gewisse Intensität der Störung muss vorliegen. Das
Aufbewahren von Schuhen im Treppenhaus entgegen der Hausordnung beispielsweise
entfaltet lediglich eine kleine Störung gegenüber den anderen
Eigentümern. Es ist unerheblich, ob die Pflichtverletzung vom
Eigentümer selbst oder von einer Person, welche zum Gebrauch der Sache
obligatorisch oder dinglich berechtigt ist oder für welche der
Eigentümer einzustehen hat (z.B. Kinder), ausgeht. Die Pflichtverletzung
kann alle oder nur einzelne Eigentümer betreffen. Vielfach enthalten auch Reglemente eine Aufzählung
von Pflichtverletzungen, die zu einem Ausschluss führen können. Diese
sind jedoch unverbindlich, soweit die vom Gesetz vorgesehenen zwingenden
Minimalanforderungen unterschritten werden. Insofern sind diese nur
beschränkt zulässig und gültig. |
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2.
Verfahren Damit der Richter auf die
Klage eintritt, ist vorgängig die Zustimmung der Eigentümer in der
Versammlung einzuholen. Dazu kann der Eigentümer beim Verwalter die
Einberufung einer Versammlung verlangen. Die Bewilligung liegt vor, wenn die
Zustimmung der Mehrheit aller (!) Eigentümer vorliegt, wobei der
Betroffene nicht mitgezählt wird. Die Mehrheit der anwesenden
Eigentümer genügt nicht. Zur
Klage berechtigt (klägerische Partei) sind der oder die
beeinträchtigten Eigentümer. Die beklagte Partei ist der
Eigentümer, welcher die schwere Pflichtverletzung begangen hat oder begeht
bzw. diese sich vorwerfen lassen muss. Örtlich zuständig ist das Gericht entweder am Ort der
gelegenen Sache oder am Wohnsitz oder Sitz der beklagten Partei (vgl. Art. 19
Abs. 1 lit. c GestG). Sachlich zuständig ist das Bezirksgericht (sofern
der Streitwert über Fr. 20000. beträgt). Der Prozess wird im
ordentlichen Verfahren durchgeführt, es stehen damit alle Beweismittel zur
Beweisführung offen. Wird die Klage
vom Gericht gutgeheissen, so setzt das Gericht der beklagten Partei eine Frist
für den Verkauf der Eigentumswohnung mit gleichzeitiger Androhung der
öffentlichen Zwangsverwertung im Unterlassungsfall. |
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