Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 07/2004 Inhaltsverzeichnis
Fluglärm

     
  «Südanflug» und Eigenmietwert
* Thomas Rinderknecht
 
     
  Ein im Auftrag der Gemeinde Zumikon durch die Schätzungsabteilung des HEV Zürich erstelltes Gutachten kommt zum Schluss, dass der Fluglärm bei den betroffenen Liegenschaften zu Verkehrswertverlusten von 10% bis 29% führt. Welche Bewandtnis hat es damit?  
     
  Das Thema «Südanflug» findet keine Ruhe und wird es wohl auch nicht so schnell tun. Neben der Verminderung der Lebensqualität steht dabei der Wertverlust von Liegenschaften im Mittelpunkt des Interesses. In den Medien ist gelegentlich von Einbussen von bis zu 50% die Rede. Entsprechend verunsichert sind die betroffenen Grundeigentümer, insbesondere im Anflugbereich Forch-Pfannenstil-Schwamendingen. Ein so massiver Preiszerfall kann grundsätzlich nicht ohne Auswirkungen auf die steuerlichen Vermögens- und Eigenmietwerte von Liegenschaften bleiben. In vielen Gemeinden riefen Betroffene zu einem Steuerboykott auf und reduzierten die Werte von sich aus willkürlich um 20% bis 50%.
Die Gemeinde Zumikon ist einen anderen Weg gegangen. Überzeugt, dass die Eigentümer von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen auf ihrem Gemeindegebiet Wertminderungen hinnehmen müssen, entschloss sie sich, im Sinne einer Dienstleistung für ihre Steuerzahler bei der Schätzungsabteilung des HEV Zürich ein Gutachten in Auftrag zu geben und es auf ihrer Homepage (www.zumikon.ch) im Dossier Fluglärm öffentlich zugänglich zu machen.
Um Missverständnisse zu vermeiden, ist klar festzuhalten, dass dieses Gutachten nur für den erwähnten Zweck, nämlich die Beurteilung der Auswirkungen auf die steuerlichen Vermögens- und Eigenmietwerte, und nur für Zumikon bestimmt ist. Es kann also nicht für irgendwelche Schadenersatzansprüche verwendet werden.
 
     
  Wie sind die Werte im Gutachten zustande gekommen?
Grundsätzlich gilt in der Schweiz die Vergleichswertmethode. In den betroffenen Gemeinden gibt es jedoch noch viel zu wenig brauchbare Resultate aus Handänderungen, als dass der Markt schon beurteilt werden könnte. Mangels solcher Erfahrungszahlen wurde deshalb versucht, aufgrund der einschlägigen Bewertungsmethoden die Einflüsse auf die Wertbestimmung von Verkehrswert und theoretischer Marktmiete zu bestimmen und in Prozentzahlen auszudrücken. Es wurden also nicht 1200 Liegenschaften bewertet, wie dies im «Tagesanzeiger» zu lesen war, vielmehr wurde die Gemeinde in unterschiedlich betroffene Gebiete unterteilt und diese Einteilung mit den offiziellen Steuerlageklassen kombiniert, welche ja einer Lagequalifikation ohne Fluglärm entsprechen.
Die schematische formelmässige Bewertung von Vermögenssteuer- und Eigenmietwerten, wie sie der Kanton Zürich als einer der wenigen Kantone anwendet, kann diese Einflüsse nicht vollständig berücksichtigen, insbesondere nicht an residenziellen Lagen. Wer die Methodik der Weisung 2003 kennt, weiss, dass in der Formel nur die Veränderungen der Landwerte berücksichtigt werden können. Und darin liegt das Hauptproblem: Ist ein Käufer bereit, einen sehr hohen Preis für ein Stück Land mit Panoramasicht, in einer steuergünstigen Gemeinde nahe der Grossstadt Zürich zu bezahlen, so wird er eine grosse Villa in bester Bauqualität und mit höchstem Komfort darauf errichten. Dies würde er aber mit Sicherheit nicht tun, wenn er mit Fluglärm rechnen müsste. Liegenschaften an residenziellen Lagen erleiden daher durch den Fluglärm nicht nur eine Minderung beim Landwert, sondern beim Wiederverkauf auch einen Verlust bei der Bausubstanz. Der Begriff «wirtschaftliche Fehlinvestition» drängt sich auf. Experten sprechen von «Verlust an Nutzungspotenzial».
Es ist übrigens nicht das erste Gutachten, das versucht, Werteinflüsse aufgrund des Südanfluges festzuhalten. Die Gesellschaft für Siedlungsentwicklung und Umwelt präsentierte bereits vor einem Jahr ein Gutachten. Bei der Schadenschätzung kamen die beauftragten Experten auf Werte zwischen 10% und 30%. Auch ein bekanntes Immobilien- Informations-Zentrum sprach vor einigen Monaten von Werteinbussen in gleicher Grössenordnung.
Natürlich werden die Meinungen je nach Betroffenheit auseinander gehen. Es ist wie bei einer Scheidung: Für die Partei, die das gemeinsame Haus übernehmen möchte, wurde der Wert zu hoch geschätzt, für diejenige, welche ausbezahlt werden möchte, ist er zu tief. Die Kantonale Steuerbehörde wird die Wertverluste als zu hoch beurteilen, die direkt Betroffenen werden sie als zu niedrig einstufen. Zweifellos ist es alles andere als lustig, am Wochenende ab 6.00 Uhr mit Immissionen von gegen 70 dB (bei halb offenen Fenstern) geweckt zu werden – und dies etwa alle drei Minuten. Den Gutachtern sind mehrere Eigentümer bekannt, die sich entschlossen haben, ihre Liegenschaft zu verkaufen. Um den Markt mit den neuen Gegebenheiten beurteilen zu können, braucht es aber eine grössere Anzahl von verkauften Objekten.
 
     
  * eidg. dipl. Immobilientreuhänder, HEV Zürich  
     
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