|
|
|
|
|
|
Das vertragliche Vorkaufsrecht * Rafael Steger |
|
|
|
|
|
(Art. 216 ff.
OR) |
|
|
|
|
|
Mit dem
vertraglichen Vorkaufsrecht vereinbart der Eigentümer eines
Grundstücks mit dem Vertragspartner (nachfolgend Berechtigter), dass beim
Eintritt des so genannten Vorkaufsfalls der Berechtigte durch einseitige
Erklärung die Übertragung des Grundstücks zu Eigentum verlangen
kann. Als Vorkaufsfall gelten der Verkauf des Grundstückes und alle
anderen Rechtsgeschäfte, die wirtschaftlich einem Verkauf gleichgestellt
werden können. Nicht darunter fallen beispielsweise die Zuweisung an einen
Erben in der Erbteilung, die Schenkung, die Zwangsversteigerung oder der Erwerb
zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. |
|
|
|
|
|
1.
Einleitung Der vorliegende Bericht
befasst sich in gedrängter Form mit dem vertraglichen Vorkaufsrecht, d.h.
mit dem aufgrund übereinstimmender Willenserklärung begründeten
Vorkaufsrecht. Es muss vom gesetzlichen Vorkaufsrecht abgegrenzt werden,
welches ohne Vorliegen eines Vertrages von Gesetzes wegen besteht. Es ist
beispielsweise im Miteigentums- und Baurechtsverhältnis (Art.
682 ZGB) und beim landwirtschaftlichen Grundbesitz zu finden, jedoch
nicht beim Stockwerkeigentum, obwohl es sich dabei um eine Sonderform des
Mieteigentums handelt. Darüber
hinaus wird zwischen dem limitierten und dem unlimitierten (vertraglichen)
Vorkaufsrecht unterschieden. Das Erstere zeichnet sich im Gegensatz zum
Zweiten dadurch aus, dass der Kaufpreis bereits im Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. |
|
|
|
|
|
2.
Formerfordernis Die Unterscheidung
zwischen limitiertem und unlimitiertem Vorkaufsrecht hat insofern grosse
Bedeutung, als eine unterschiedliche Schriftform für das jeweilige
Vorkaufsrecht eingehalten werden muss. Das limitierte Vorkaufsrecht bedarf der
öffentlichen Beurkundung, für das unlimitierte Vorkaufsrecht ist
lediglich die einfache Schriftlichkeit vorgesehen, d.h. ein in Schriftform
abgefasster Vertrag, welcher die Unterschriften aller Personen trägt, die
durch ihn verpflichtet werden sollen (Art. 216 OR
i.V.m. Art. 13 Abs. 1 OR). Wird die eine oder
die andere Form nicht eingehalten, ist der Vertrag nicht gültig zustande
gekommen und somit nichtig. Obwohl
für die Begründung eines unlimitierten Vorkaufsrechts nur die
einfache Schriftlichkeit gesetzlich vorgeschrieben ist und damit die Parteien
einen Vertrag grundsätzlich ohne Beizug eines Juristen ausarbeiten
können, empfiehlt es sich, Hilfe von einer fachkundigen Person in Anspruch
zu nehmen. Die bisherige Erfahrung hat nämlich gezeigt, dass solche
Vereinbarungen meistens ungenügend sind. |
|
|
|
|
|
3. Die
wichtigsten Vertragsbestandteile Vorkaufsgegenstand können alle Grundstücke i.S.v. Art. 655
ZGB sein, d.h. Liegenschaften oder Teile eines Grundstückes, die im
Grundbuch aufgenommenen selbstständigen und dauernden Rechte, Bergwerke
und Miteigentumsanteile an Grundstücken. Der Verkaufspreis ist wie bereits erwähnt lediglich
beim so genannten limitierten Vorkaufsrecht bereits beim Vertragsabschluss
bestimmt oder bestimmbar. Später eintretende Wertverminderungen bzw.
-vermehrungen können auch noch nachträglich berücksichtigt
werden, soweit die Wertveränderung für die eine oder andere Partei
nicht zumutbar ist. So kann der Eigentümer wertvermehrende Investitionen
soweit möglich für sich selbst behalten oder
andernfalls eine angemessene Entschädigung zum vereinbarten Kaufpreis
hinzurechnen. Eine spezifische vertragliche Regelung über die
Berücksichtigung allfälliger Wertveränderungen sollte im Vertrag
enthalten sein, um Streitigkeiten gezielt vorzubeugen. Beim unlimitierten
Vorkaufsrecht ist derjenige Preis massgebend, den der Eigentümer mit dem
Dritterwerber vereinbart hat. Die
Vormerkung im Grundbuch ist meines Erachtens unumgänglich, damit der
Berechtigte das erworbene Recht auch jederzeit gegenüber einem Dritten
geltend machen kann. Unterbleibt die Vormerkung, so ist es möglich, dass
der Dritte das Grundstück vom Eigentümer zu Eigentum trotz des
Vorkaufsrechts erwerben kann. Die Dauer
eines Vorkaufsrechts kann auf maximal 25 Jahre vereinbart bzw. vorgemerkt
werden. Ohne anders lautende
Vereinbarung ist das Vorkaufsrecht vererblich, aber nicht mittels
Rechtsgeschäft an einen Dritten übertragbar. Dies müsste
ausdrücklich vereinbart werden. Wie
bereits einleitend erwähnt, kommt als Vorkaufsfall jeder Vertrag zwischen
dem Eigentümer und einem Dritten in Betracht, welcher auf die
Veräusserung des Vorkaufsgegenstands gegen Entgelt zielt. Es ist nicht
nötig, dass ein Kaufvertrag vorliegt. Es wird vielmehr auf eine
wirtschaftliche Betrachtungsweise abgestellt, also auf eine entgeltliche
Übertragung des Eigentums. Dem Eigentümer und dem Berechtigten steht
es aber frei, vertraglich den Vorkaufsfall genau zu definieren. Liegt eine
solche vertragliche Regelung nicht vor, so können als Beispiele eines
möglichen Vorkaufsfalls angeführt werden: Die freiwillige private
oder öffentliche Versteigerung, Kaufvertrag, Zuweisung des
Grundstücks in einem Testament, wenn der Empfänger eine angemessene
Gegenleistung zu erbringen hat, Tausch gegen angemessene Gegenleistung, evtl.
gemischte Schenkung. |
|
|
|
|
|
4.
Mitteilungspflicht des Eigentümers Mit Abschluss des Kaufvertrages hat der Eigentümer den
Berechtigten unverzüglich über den Abschluss und im Falle des
unlimitierten Vorkaufsrechts über den Inhalt des Vertrages zu informieren.
Dieselbe Pflicht trifft bei einem vorgemerkten Vorkaufsrecht den
Grundbuchverwalter (Art. 696 Abs. 1 ZGB). Die
Mitteilung muss aus Beweisgründen mit eingeschriebenem Brief
erfolgen. |
|
|
|
|
|
5.
Ausübung des Vorkaufsrechts Innert drei Monaten seit Kenntnis über den Vorkaufsfall hat der
Berechtigte sein Recht auszuüben (Art. 216e OR). Die
Geltendmachung des Anspruchs erfolgt, sofern es im Grundbuch vorgemerkt ist,
gegenüber dem aus dem Grundbuch ersichtlichen Eigentümer. Ohne
Vormerkung muss die Erklärung an den Eigentümer bzw. Vertragspartner
des Vorkaufsvertrages gerichtet sein. Die Erklärung muss bedingungs und
vorbehaltlos sein und am letzten Tag der Frist dem Adressaten
zugehen. |
|
|
|
|
|
6. Wirkung der
Erklärung Mit der Ausübung
des Vorkaufsrechts gelangen der Eigentümer und der Berechtigte in die
Stellung von Parteien eines Kaufvertrages mit allen sich daraus ergebenden
Rechten und Pflichten. Damit das Eigentum übertragen werden kann,
benötigt das Grundbuchamt den Vorkaufsvertrag, den
Veräusserungsvertrag mit dem Dritten sowie die schriftliche
Ausübungserklärung des Berechtigten. |
|
|
|
|
|
7. Praktischer
Anwendungsbereich In der Praxis hat
das Vorkaufsrecht dort Bedeutung, wo beispielsweise ein Mieter am Kauf einer
Liegenschaft interessiert ist und unter Umständen während des
laufenden Mietverhältnisses schon einschneidende bauliche Änderungen
am Mietobjekt vornehmen will. Auch zur
Erhaltung einer Liegenschaft im Familienbesitz ist das Vorkaufsrecht ein
adäquates Hilfsmittel. Bei der Befürchtung, die Erben könnten
die Liegenschaft nach dem Erbschaftsfall gleich weiterveräussern, kann zu
Gunsten eines Familienmitglieds ein Vorkaufsrecht begründet
werden. Für weiter gehende, eine
spezifische Situation betreffende Informationen ist eine eingehende
persönliche Beratung unumgänglich. Unsere Rechtsabteilung berät
Sie gerne. Für die Vereinbarung eines Termins: Tel. 01 487 17 11,
recht@hev-zuerich.ch. |
|
|