Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 08/2004 Inhaltsverzeichnis
Vorkaufsrecht

     
  Das vertragliche Vorkaufsrecht
* Rafael Steger
 
     
  (Art. 216 ff. OR)  
     
  Mit dem vertraglichen Vorkaufsrecht vereinbart der Eigentümer eines Grundstücks mit dem Vertragspartner (nachfolgend Berechtigter), dass beim Eintritt des so genannten Vorkaufsfalls der Berechtigte durch einseitige Erklärung die Übertragung des Grundstücks zu Eigentum verlangen kann. Als Vorkaufsfall gelten der Verkauf des Grundstückes und alle anderen Rechtsgeschäfte, die wirtschaftlich einem Verkauf gleichgestellt werden können. Nicht darunter fallen beispielsweise die Zuweisung an einen Erben in der Erbteilung, die Schenkung, die Zwangsversteigerung oder der Erwerb zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben.  
     
  1. Einleitung
Der vorliegende Bericht befasst sich in gedrängter Form mit dem vertraglichen Vorkaufsrecht, d.h. mit dem aufgrund übereinstimmender Willenserklärung begründeten Vorkaufsrecht. Es muss vom gesetzlichen Vorkaufsrecht abgegrenzt werden, welches ohne Vorliegen eines Vertrages von Gesetzes wegen besteht. Es ist beispielsweise im Miteigentums- und Baurechtsverhältnis (Art. 682 ZGB) und beim landwirtschaftlichen Grundbesitz zu finden, jedoch nicht beim Stockwerkeigentum, obwohl es sich dabei um eine Sonderform des Mieteigentums handelt.
Darüber hinaus wird zwischen dem limitierten und dem unlimitierten (vertraglichen) Vorkaufsrecht unterschieden. Das Erstere zeichnet sich – im Gegensatz zum Zweiten – dadurch aus, dass der Kaufpreis bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestimmt oder zumindest bestimmbar ist.
 
     
  2. Formerfordernis
Die Unterscheidung zwischen limitiertem und unlimitiertem Vorkaufsrecht hat insofern grosse Bedeutung, als eine unterschiedliche Schriftform für das jeweilige Vorkaufsrecht eingehalten werden muss. Das limitierte Vorkaufsrecht bedarf der öffentlichen Beurkundung, für das unlimitierte Vorkaufsrecht ist lediglich die einfache Schriftlichkeit vorgesehen, d.h. ein in Schriftform abgefasster Vertrag, welcher die Unterschriften aller Personen trägt, die durch ihn verpflichtet werden sollen (Art. 216 OR i.V.m. Art. 13 Abs. 1 OR). Wird die eine oder die andere Form nicht eingehalten, ist der Vertrag nicht gültig zustande gekommen und somit nichtig.
Obwohl für die Begründung eines unlimitierten Vorkaufsrechts nur die einfache Schriftlichkeit gesetzlich vorgeschrieben ist und damit die Parteien einen Vertrag grundsätzlich ohne Beizug eines Juristen ausarbeiten können, empfiehlt es sich, Hilfe von einer fachkundigen Person in Anspruch zu nehmen. Die bisherige Erfahrung hat nämlich gezeigt, dass solche Vereinbarungen meistens ungenügend sind.
 
     
  3. Die wichtigsten Vertragsbestandteile
Vorkaufsgegenstand können alle Grundstücke i.S.v. Art. 655 ZGB sein, d.h. Liegenschaften oder Teile eines Grundstückes, die im Grundbuch aufgenommenen selbstständigen und dauernden Rechte, Bergwerke und Miteigentumsanteile an Grundstücken.
Der Verkaufspreis ist wie bereits erwähnt lediglich beim so genannten limitierten Vorkaufsrecht bereits beim Vertragsabschluss bestimmt oder bestimmbar. Später eintretende Wertverminderungen bzw. -vermehrungen können auch noch nachträglich berücksichtigt werden, soweit die Wertveränderung für die eine oder andere Partei nicht zumutbar ist. So kann der Eigentümer wertvermehrende Investitionen – soweit möglich – für sich selbst behalten oder andernfalls eine angemessene Entschädigung zum vereinbarten Kaufpreis hinzurechnen. Eine spezifische vertragliche Regelung über die Berücksichtigung allfälliger Wertveränderungen sollte im Vertrag enthalten sein, um Streitigkeiten gezielt vorzubeugen. Beim unlimitierten Vorkaufsrecht ist derjenige Preis massgebend, den der Eigentümer mit dem Dritterwerber vereinbart hat.
Die Vormerkung im Grundbuch ist meines Erachtens unumgänglich, damit der Berechtigte das erworbene Recht auch jederzeit gegenüber einem Dritten geltend machen kann. Unterbleibt die Vormerkung, so ist es möglich, dass der Dritte das Grundstück vom Eigentümer zu Eigentum trotz des Vorkaufsrechts erwerben kann.
Die Dauer eines Vorkaufsrechts kann auf maximal 25 Jahre vereinbart bzw. vorgemerkt werden.
Ohne anders lautende Vereinbarung ist das Vorkaufsrecht vererblich, aber nicht mittels Rechtsgeschäft an einen Dritten übertragbar. Dies müsste ausdrücklich vereinbart werden.
Wie bereits einleitend erwähnt, kommt als Vorkaufsfall jeder Vertrag zwischen dem Eigentümer und einem Dritten in Betracht, welcher auf die Veräusserung des Vorkaufsgegenstands gegen Entgelt zielt. Es ist nicht nötig, dass ein Kaufvertrag vorliegt. Es wird vielmehr auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abgestellt, also auf eine entgeltliche Übertragung des Eigentums. Dem Eigentümer und dem Berechtigten steht es aber frei, vertraglich den Vorkaufsfall genau zu definieren. Liegt eine solche vertragliche Regelung nicht vor, so können als Beispiele eines möglichen Vorkaufsfalls angeführt werden: Die freiwillige private oder öffentliche Versteigerung, Kaufvertrag, Zuweisung des Grundstücks in einem Testament, wenn der Empfänger eine angemessene Gegenleistung zu erbringen hat, Tausch gegen angemessene Gegenleistung, evtl. gemischte Schenkung.
 
     
  4. Mitteilungspflicht des Eigentümers
Mit Abschluss des Kaufvertrages hat der Eigentümer den Berechtigten unverzüglich über den Abschluss und im Falle des unlimitierten Vorkaufsrechts über den Inhalt des Vertrages zu informieren. Dieselbe Pflicht trifft bei einem vorgemerkten Vorkaufsrecht den Grundbuchverwalter (Art. 696 Abs. 1 ZGB). Die Mitteilung muss aus Beweisgründen mit eingeschriebenem Brief erfolgen.
 
     
  5. Ausübung des Vorkaufsrechts
Innert drei Monaten seit Kenntnis über den Vorkaufsfall hat der Berechtigte sein Recht auszuüben (Art. 216e OR). Die Geltendmachung des Anspruchs erfolgt, sofern es im Grundbuch vorgemerkt ist, gegenüber dem aus dem Grundbuch ersichtlichen Eigentümer. Ohne Vormerkung muss die Erklärung an den Eigentümer bzw. Vertragspartner des Vorkaufsvertrages gerichtet sein. Die Erklärung muss bedingungs und vorbehaltlos sein und am letzten Tag der Frist dem Adressaten zugehen.
 
     
  6. Wirkung der Erklärung
Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts gelangen der Eigentümer und der Berechtigte in die Stellung von Parteien eines Kaufvertrages mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten. Damit das Eigentum übertragen werden kann, benötigt das Grundbuchamt den Vorkaufsvertrag, den Veräusserungsvertrag mit dem Dritten sowie die schriftliche Ausübungserklärung des Berechtigten.
 
     
  7. Praktischer Anwendungsbereich
In der Praxis hat das Vorkaufsrecht dort Bedeutung, wo beispielsweise ein Mieter am Kauf einer Liegenschaft interessiert ist und unter Umständen während des laufenden Mietverhältnisses schon einschneidende bauliche Änderungen am Mietobjekt vornehmen will.
Auch zur Erhaltung einer Liegenschaft im Familienbesitz ist das Vorkaufsrecht ein adäquates Hilfsmittel. Bei der Befürchtung, die Erben könnten die Liegenschaft nach dem Erbschaftsfall gleich weiterveräussern, kann zu Gunsten eines Familienmitglieds ein Vorkaufsrecht begründet werden.
Für weiter gehende, eine spezifische Situation betreffende Informationen ist eine eingehende persönliche Beratung unumgänglich. Unsere Rechtsabteilung berät Sie gerne. Für die Vereinbarung eines Termins: Tel. 01 487 17 11, recht@hev-zuerich.ch.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
     
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