Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 09/2004 Inhaltsverzeichnis
Die Eigentumswohnung

     
  Aus der Praxis des Bundesgerichts
HEV Winterthur
 
     
  Notwendig – nützlich – luxuriös?
Für bauliche Massnahmen sieht das Gesetz in den Art. 647c–647e ZGB verschiedene Mehrheiten für die Beschlussfassung vor, je nachdem, wie wichtig das in Frage stehende Vorhaben einzustufen ist. Entsprechend den verschiedenen Interessenlagen entstehen hierüber öfters Meinungsverschiedenheiten unter den Stockwerkeigentümern, indem die Gegner einer baulichen Massnahme diese im Sinne des Gesetzes als «nützlich» oder gar «der Verschönerung und Bequemlichkeit dienend» (luxuriös) einstufen, während die Befürworter eine «notwendige» oder allerhöchstens «nützliche» Massnahme darin erblicken.
Mit Urteil vom 23. Juni 2004 (5C.36/ 2004) hatte das Bundesgericht einen Fall zu entscheiden, in welchem strittig war, ob die Errichtung einer Wellness-Anlage in einem Stockwerkeigentum-Aparthotel als nützlich – und damit mit dem Mehr nach Köpfen und Wertanteilen beschliessbar – oder luxuriös – und damit grundsätzlich dem Erfordernis eines einstimmigen Beschlusses unterliegend – anzusehen sei. Nach Meinung des Gerichtes handelt es sich dabei im Zusammenhang mit einem Aparthotel um eine nützliche Massnahme, die demnach nicht einstimmig zu beschliessen ist.
 
     
  Eingriff in gemeinschaftliche Gebäudeteile / reglementswidrige Nutzung
Im Rahmen seines Sonderrechtes ist der Stockwerkeigentümer nach Art. 712a ZGB frei, bauliche Massnahmen zu ergreifen, soweit die gleichen Rechte der übrigen Stockwerkeigentümer nicht entgegenstehen oder die Interessen der Gemeinschaft nicht tangiert sind. Das Bundesgericht hat sich in einem Entscheid vom 23. Juni 2004 (5C.50/2004) mit einem Stockwerkeigentümer befasst, der sowohl im Verhältnis zur Gemeinschaft als auch gegenüber der örtlichen Baubehörde im Konflikt stand. Im Rahmen umfangreicher baulicher Aktivitäten, die zunächst ohne die erforderliche (öffentlich- rechtliche) Baubewilligung vonstatten gegangen waren, durchbrach der Betreffende mehrere Wände, brachte im Treppenhausbereich eine neue Türe an, liess im Estrich, der neu zu Wohnzwecken genutzt werden sollte, eine Nasszelle installieren, baute Dachfenster ein und funktionierte die Waschküche in eine Essküche um. Dies führte dazu, dass aus einer 2-Zimmer-Wohnung von 68,4 m² mit Waschküchen- und Estrichabteil eine zusammenhängende Wohneinheit von rund 140 m² geworden war.
Nachdem diverse Querelen mit der Baubehörde erledigt waren, beschloss die Eigentümerversammlung im Verhältnis 3:1 sowie unter Berufung auf Begründungsakt und Reglement die weit gehende Rückführung in den ursprünglichen Zustand. Die entsprechenden Beschlüsse wurden vom Bauherrn (Kläger) angefochten, jedoch bleibt es nun auch nach dem Urteil des Bundesgerichtes dabei, dass die meisten Massnahmen rückgängig zu machen sind.
Das Gericht stellte insbesondere fest, dass vorliegend mitunter massiv und eigenmächtig in die gemeinschaftlichen Gebäu deteile eingegriffen worden sei. Die Nutzungsweise der Nebenräume entspreche zudem nicht mehr dem Reglement. Auch lehnten die Richter den Einwand ab, zwei der anderen Stockwerkeigentümer hätten beim Kauf ihrer Einheit die geänderte Situation schon gekannt und mithin genehmigt. Denn die Kaufverträge enthielten keine Regelung des inskünftigen Abstimmungsverhaltens (soweit überhaupt zulässig) und konnten qualitativ nicht das bestehende Reglement «abändern». Schliesslich berief sich der Bauherr auf das Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB), weil nach seinem Dafürhalten das lange Tolerieren des umstrittenen Zustandes durch die übrigen Stockwerkeigentümer es jenen nun verbiete, die Wiederherstellung zu verlangen. Das Bundesgericht hielt indes auch diese Begründung für unzutreffend: Selbst wenn die reglementswidrige Nutzung lange und widerspruchslos geduldet worden ist, läge nur dann rechtsmissbräuchliches Verhalten vor, wenn beim Kläger die Erwartung geweckt worden wäre, auf die Durchsetzung des Rechtes auf Wiederherstellung werde verzichtet (BGE 127 III 506). Hinzu kommt, dass das Reglement, welches für seine Abänderung die Einstimmigkeit verlangt, seinerzeit vom Kläger selbst erlassen worden war, sodass er sich nicht darauf berufen kann, die fragliche Bestimmung sei – wie in der Lehre tatsächlich diskutiert – gesetzwidrig.
 
     
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