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HEV 10/2004 Inhaltsverzeichnis
Steuern

     
  Steuer oder (ungebührliche) Gebühr?
* Martin Byland
 
     
  Das Bundesgericht hat am 5. März 2004 eine Beschwerde gegen eine Gebührenfestsetzung gutgeheissen und eine jährliche Gebühr von Fr. 7200.– für Wasser, Abwasser und Kehricht für eine 10-Zimmer-Villa als übersetzt bezeichnet, da der effektive Verbrauch lediglich demjenigen eines durchschnittlichen Haushaltes entsprach. Dieser Entscheid gibt Gelegenheit, die Grundsätze der Gebührenfestsetzung im Infrastrukturbereich auszuleuchten.  
     
  Gemäss Lehrbuch besteht der Unterschied zwischen Steuern und Gebühren (als eine Kategorie der sog. Kausalabgaben) darin, dass die Steuer ohne Gegenleistung des Staates geschuldet ist, wogegen die Gebühr ein Entgelt für die Inanspruchnahme von staatlichen Leistungen darstellt. In der Praxis kann nicht mehr klar unterschieden werden, wo die Gebühr aufhört und die Steuer beginnt. Gebühren gibt es wie Sand am Meer, sei es als Gegenleistung für eine Amtshandlung (sog. Verwaltungsgebühr wie Gerichtsgebühr, Namensänderungsgebühr) oder für die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung (Benutzungsgebühr wie Parkiergebühr, Landegebühr, Kehrichtgebühr, Abwassergebühr). Daneben gibt es die so genannten Regal-, Monopolund Sondernutzungsgebühren, welche erhoben werden, wenn eine Privatperson eine dem Staat vorbehaltene Tätigkeit ausüben darf (Jagdgebühr, Radio- und Fernsehgebühr).  
     
  Die Kriterien für die Festsetzung
Die Höhe der erhobenen Gebühr hat sich grundsätzlich nach dem Wert der staatlichen Leistungen zu richten. Einerseits darf der Gesamtertrag die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweiges nicht übersteigen (Kostendeckungsprinzip); anderseits muss die Gebühr im Einzelfall in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert der staatlichen Leistung stehen und somit sowohl dem Verhältnismässigkeitsprinzip, dem Gleichbehandlungsgebot als auch dem Willkürverbot Rechnung tragen (Äquivalenzprinzip). Während das Äquivalenzprinzip generell bei allen Gebühren anzuwenden ist, unterstehen nur die Verwaltungsgebühren uneingeschränkt dem Kostendeckungsprinzip. Das führt dazu, dass der Staat bei gewissen Benutzungsgebühren und bei Konzessionsgebühren mehr verlangen darf, als ihm Kosten entstehen. Ein typisches Beispiel sind die Parkgebühren, bei denen der höhere Betrag mit der beabsichtigten Lenkungswirkung begründet wird, oder die Abwassergebühren, bei welchen eine gewisse Reservebildung zulässig ist.
 
     
  Der Fall
Der vom Bundesgericht entschiedene Fall betraf eine 10-Zimmer-Villa mit einem Gebäudeversicherungswert von 9,3 Mio. Fr. und einer Gesamtwohnfläche von 820 m2 (inkl. Angestelltenwohnung und bewohnbarem Luftschutzraum). Basierend auf dem Gebäudeversicherungswert stellte die Gemeinde St.Moritz der Eigentümerin ursprünglich eine Gebührenrechnung für Wasser, Abwasser und Kehricht im Betrag von Fr. 12 354.10 für das Jahr 2001 zu. Nach mehreren Rechtsgängen hatte das Bundesgericht schliesslich über zwei Rechnungen von je ca. Fr. 7200.– pro Jahr zu befinden (Jahre 2001 und 2002).
Das Bundesgericht stellte einleitend fest, dass die Gebühren zwar nicht zwingend aus-schliesslich proportional zur bezogenen Menge zu erheben seien, aber es müsse doch zwischen der Gebühr und dem Ausmass der Beanspruchung «ein gewisser Zusammenhang» bestehen. So sei es zulässig, für einen Teil der Aufwendungen eine mengenunabhängige Gebühr wie die Grundgebühr zu erheben. Diese Gebühr dürfe nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Wert der Leistung stehen und müsse sachlich begründet sein.
Wenn jedoch, wie im vorliegenden Fall, die Grundgebühr ca. 95% des gesamten Rechnungsbetrages ausmache, sei dies willkürlich, zumal der tatsächliche Verbrauch demjenigen eines durchschnittlichen Haushaltes entspreche und keine Anhaltspunkte beständen, dass die Liegenschaft nur wenige Tage im Jahr bewohnt werde. Wohl könne der Gebäudeversicherungswert zur Berechnung der Grundgebühr herangezogen werden, das Resultat müsse jedoch in einem Zusammenhang zur tatsächlichen Benutzung stehen. Die Schätzung der Gebäudeversicherung könne dort nicht unbesehen übernommen werden, wo der Wert durch Besonderheiten bedingt sei, welche in keinem Zusammenhang mit der Entsorgung ständen. So könne es wie im vorliegenden Fall in St.Moritz nicht sein, dass ein Mehrfaches bezahlt werden müsse, nur weil die Liegenschaft einen luxuriösen Ausbau aufweise. Es hob daher das Urteil des Verwaltungsgerichts Graubünden wegen Verstosses gegen das Äquivalenzprinzip (Gleichbehandlung, Willkürverbot) auf.
 
     
  Fazit
Obwohl vorliegendenfalls offensichtlich war, dass der verlangte Gesamtbetrag in keinem Verhältnis zur maximal möglichen Nutzung stand und dieser somit Steuercharakter hatte, brauchte es zuerst den Gang zum Bundesgericht, bis die Veranlagung aufgehoben wurde. Das Bundesgericht verlangt klar, dass die Gebühren ausschliesslich nach objektiven Kriterien veranlagt werden, welche dem Verursacher- und dem Gleichbehandlungsprinzip Rechnung tragen. Dabei darf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Benutzer keine Rolle spielen. Vor allem angesichts der grassierenden Finanzknappheit ist die Versuchung bei den Behörden gross, den grossen Spielraum nach oben auszureizen. Ob eine Gebühr übersetzt ist oder nicht, kann nur im Einzelfall ermittelt werden. Die sehr unterschiedliche Gebührenstruktur erschwert einen Vergleich zwischen den verschiedenen Anbietern sehr. So haben Behörden in Regionen mit einem grossen Anteil an Ferienwohnungen die Tendenz, den verbrauchsunabhängigen Teil der Gebühren relativ hoch anzusetzen, um so ihre Infrastruktur, welche vor allem an Festtagen stark beansprucht wird, finanzieren zu können. Demgegenüber besteht in den Städten wie Zürich der politische Druck, die Grundgebühr möglichst tief zu halten und das Schwergewicht auf den tatsächlichen Verbrauch zu legen. Bereits hat der Preisüberwacher verschiedene Stromkosten sowie Gebühren für Wasser und Abwasser verglichen, sodass das Thema vor allem auch im Hinblick auf die Liberalisierung aktuell bleiben wird.
 
     
  * lic. iur. Rechtsanwalt, TBO Treuhand AG, Zürich  
     
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