Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 10/2004 Inhaltsverzeichnis
Unser Garten

     
  Der Belvoirpark [1]
* Luzius Winkler
 
     
  Heinrich Escher-Zollikofer, 1776–1853
(Kaufmann, Studium als Insektenforscher und leidenschaftlicher Biologe.)
1826 liess Escher die Spitze des so genannten Wyssbühels abtragen und schüttete das Material in den Sumpf am Hügelfuss.
Escher bepflanzte das gewonnene Land nach eigenen Vorstellungen und erkannte später den englischen Landschaftsparkstil darin. Ab 1840 setzte er diesen konsequent durch, nach dem Leitsatz von Prückler- Muskau aus dem Jahre 1834: «Der höchste Grad der landschaftlichen Gartenkunst ist nur erreicht, wo sie wieder freie Natur, jedoch in ihrer edelsten Form, zu sein scheint.» Ein Zitat seines Obergärtners Adolph Otto, welches sehr schön den Zeitgeist aufzeigt: «Der Zweck einer solchen Kunst erzeugten Schöpfung ist ein Lehrer, weil nicht allein durch sie die schrankenlose Natur verschönert wird, sondern auch die tägliche Anschauung der herrlichen Naturgebilde den Geist veredelt.»
Eine Rosskastanienallee säumte den Abschluss zum See. Er pflanzte Obstbäume, welche von Blumenrabatten eingefasst wurden, und wurde Hauptförderer der Blumenkultur Zürichs. Zu seiner Lebzeit gehörten seine Blumenrabatten zu den Perlen des höheren Gartenbaus. Anlehnend an die klassizistische Bauweise des Hauses, wurde der Garten in eine klassisch-italienische Szenerie übergeführt. Die Zufahrt wurde von einer Säulenpappelallee gesäumt, welche als Anlehnung an die italienischen Zypressen interpretiert werden kann. Die Anlage wurde sehr offen gehalten und liess viele Ein- und Ausblicke zu.
Vom Haus führten vier Wege zu den Nebengebäuden wie Stallungen, Gärtnerei und zum Kastanienplatz mit Hafen.
 
     
  Alfred Escher, 1819–1882
(Studium Sprach- und Rechtswissenschaft, Bürgermeister von Zürich, Nationalratspräsident, Gründer der Nordost- und Gotthardbahn.)
Nach dem Tod seines Vaters 1853 erbte Alfred Escher den Besitz. Er pflanzte vor allem die grossen Koniferen und Laubbäume, insbesondere die Buchen und formte das Belvoir in eine überhöhte Landschaft um, die sehr an den angrenzenden Rieterpark erinnert. Die Artenwahl der Gehölze zeigt die Verwandtheit zum Rieterpark deutlich auf. So befindet sich im Belvoirpark beispielsweise einer der in Europa seltenen Dreizahnahorne (Acer buergeranum), wie er am Eingang zum Rieterpark steht.
 
     
    Alfred Escher ergänzte das Wegnetz mit zahlreichen Nebenwegen, änderte den Hafenbereich, als die Seebahn gebaut wurde, und errichtete Pavillons und einen weiteren Springbrunnen. Ein Jahr vor Alfred Eschers Tod, 1881, besuchte der Schweizerische Gartenbauverein das Belvoirgut und beschrieb die gärtnerischen Anlagen sehr detailliert. Nur einige Beispiele der damaligen, sehr speziellen Bepflanzung: Magnolia Soulangiana, Rhododendren, Ginkgo biloba, Carya, Campsis radicans, Abies cephalonica, Abies pinsago, Podocarpus chinensis und viele weitere Exoten.  
     
  Auguste Clementine Lydia Escher 1858–1889
Nach dem Tode Alfred Eschers gelangte der gesamte Besitz an dessen einzige Tochter Auguste Clementine Lydia Escher. 1883 heiratete sie als reichste Zürcherin Friedrich Emil Welti, Sohn des Bundesrates Emil Welti. 1885 lernte sie den Maler Karl Stauffer- Bern kennen, welchem sie ein Jahr später ein Atelier im Gewächshaus des Belvoirparks einrichtete. 1889 beschäftigte sich Karl Stauffer-Bern mit dem Park und gab Anweisungen an ein Heer von Gärtnern, was alles gemacht und vor allem gefällt werden musste. Stauffers Idee war, den Park nach Eindrücken italienischer Landschaften und Architektur zu gestalten. Als die Arbeiten beinahe fertig waren, keimte der Gedanke, den Besitz zu veräussern und nach Italien zu ziehen. Lydia Welti-Escher reiste mit Emil Welti nach Florenz, wo sie mit Stauffers Hilfe ein neues Anwesen suchten. Das Belvoir konnte jedoch nicht verkauft werden. Nach Emil Weltis Rückkehr nach Bern floh Lydia mit Karl Stauffer-Bern nach Rom, um die Scheidung zu erreichen. Es kam zum Skandal. Stauffer bezahlte mit dem Freitod, Emil Welti musste als Bundesrat abtreten. Lydia Welti-Escher wurde geschieden und in eine psychiatrische Klinik in Rom und später in Königsfelden eingeliefert. Ihr ganzes Hab und Gut vermachte sie – unter Vorbehalt einer Lebensrente – der Eidgenossenschaft.
 
     
  Das Belvoir im Besitz der Belvoir-Park- Gesellschaft (B.P.G.), 1891–1900
Der Bund plante, allen Immobilien Besitz zu veräussern und die Erträge in die Gottfried- Keller-Stiftung einfliessen zu lassen. Auch der Park sollte verkauft oder überbaut werden, um weitere Anschaffungen zu finanzieren. Schnell regt sich in Zürich eine lebhafte Opposition, die forderte, der Park sei zu erwerben und öffentlich zugänglich zu machen. Weder die Stadt Zürich noch die Gemeinde Enge hatte aber die erforderlichen Mittel – unter anderem wegen dem Bau der Quaianlage. Nationalrat Dr. Bürkli, Karl Fierz-Landis und Eduard Guyer-Freuler gründeten darauf ein privates Initiativkomitee mit dem Ziel, das Belvoir zu Handen der Gemeinden Zürich und Enge zu erwerben. Innerhalb weniger Monate wurden Anteilscheine für mehr als eine halbe Million gezeichnet und so konnte am 25. Mai 1891 die Belvoir-Park-Gesellschaft konstituiert werden.
1890 wurde die öffentliche Nutzung des Parks abgeklärt und die Verwertung und Bebauung der Uferaufschüttung als Bauoder Spielplatz geprüft. Bluntschli, Gull und Geiser erstellten ein Gutachten. Evariste Mertens, der berühmteste Landschaftsarchitekt jener Zeit, wurde für die gestalterische Integration beigezogen. Mertens kam zum Schluss, dass eine Überbauung der Uferschüttung falsch und Park und Villa als Einheit zu erhalten seien. Des Weitern dürften die Neupflanzungen die Aussicht nicht verbauen.
Es folgten wirre Zeiten mit vielen Projekten und Ideen, welche grösstenteils aus Kostengründen nicht realisiert wurden. Zur Unterhaltsfinanzierung genügten die Eintrittsgelder bei weitem nicht, entlang der Seestrasse mussten Bauparzellen verkauft werden. 1895 wurde jedoch ein Projekt von Evariste Mertens realisiert. Es beinhaltete eine barocke Schmuckanlage mit Rasentennisplätzen und einen grosszügigen Croquetplatz.
 
     
  Der Belvoirpark im städtischen Besitz
1901 kaufte schliesslich die Stadt Zürich den Park zurück. 1909 stellte das Hochbauamt einen Antrag auf Errichtung eines beheizbaren Teiches zur Präsentation tropischer Wasserpflanzen. Er erinnert an die urwaldähnlichen Strukturen der Tessiner Brissago-Inseln. Die Umrandung und landschaftliche Uferbepflanzung sollte mit subtropischen, teilweise blühenden Gewächsen den Übergang zur einheimischen Flora bilden.
1923 erfolgte die Umgestaltung der Blumenterrasse. Nach Plänen des Hochbauamtes sollte ein neuer grösserer Brunnen erbaut werden, und Hermann Haller schuf eine Bronzeskulptur auf den Sockel des alten Brunnens.1925 wurde die Villa an die Hotelfachschule verpachtet.
1933 erfolgte mit der Verlängerung der Alfred-Escher-Strasse nach Wollishofen der grösste Eingriff in den Park. So verlor er im Norden 1500 m2 und im Süden ca. 2100 m2. Die Kastanienreihe sowie auch die Ulmenpartie wurden ersatzlos gefällt, die Tennisplätze verschwanden. Eine ganz neue Wegführung wurde nötig. Nur noch der seeseitige Parkeingang (Standort der Passerelle) entspricht der Parkgrenze um 1830.
Im Zusammenhang mit der Landi 1939 wurde das Schneeligut in den Park integriert, wofür die Grotte von Karl Stauffer weichen musste. 1959 konzipierte Landschaftsarchitekt Dr. Johannes Schweizer die G 59. Ein grosses Anliegen war ihm, Friedhofgestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen. So entstand beispielsweise der Versammlungsplatz. Weitere markante Spuren sind die frei stehende Mauer mit der Pergola beim Seerosenbecken sowie der Iris- und Tagliliengarten. Dieser wurde 1986 von Walter Frischknecht neu angelegt. 1999 wütete «Lothar» durch den Park und entwurzelte viele alte Bäume. Inzwischen sind Neupflanzungen durch das Gartenbauamt getätigt worden.
 
     
 
Blumenparterre mit Bronzeskulptur von Herman Haller
 
     
  * Landschaftsarchitekt HTL
 
     
  [1] Quelle: Parkpflegewerk Belvoirpark
Verfasser: Büro für Denkmalpflege, St. Roth, Dipl. Ing. Gartenhistoriker, Zürich
 
       

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