Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 11/2004 Inhaltsverzeichnis
Sachenrecht

     
  Die Grunddienstbarkeit, insbesondere
das Fuss- und Fahrwegrecht (1. Teil)
* Björn Kernen
 
     
  Durch eine Grunddienstbarkeit kann dem Eigentümer des herrschenden Grundstückes die Nutzungsmöglichkeit des belasteten Grundstückes eingeräumt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass der Belastete die Ausübung des Eigentums in gewisser Hinsicht zu unterlassen hat. Der Inhalt der Dienstbarkeit kann von den Parteien grundsätzlich frei gestaltet werden. Dieser ergibt sich vorab aus dem Grundbucheintrag. In der Ausübung der Dienstbarkeit hat sich der Belastete gewisse Schwankungen gefallen zu lassen, wogegen er eine erhebliche Mehrbelastung abwehren kann.  
     
  1. Gegenstand
Nach Art. 730 Abs. 1 ZGB kann ein Grundstück zum Vorteil eines anderen Grundstückes in einer Weise belastet werden, dass der Eigentümer sich bestimmter Eingriffe des Eigentümers dieses anderen Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf. Bei einer Grunddienstbarkeit sind immer zwei Grundstücke i. S. v. Art. 655 Abs. 2 ZGB involviert, ein dienendes sowie ein herrschendes. An Fahrnis kann keine Grunddienstbarkeit begründet werden.
 
     
  2. Inhalt
a) Gestaltungsmöglichkeiten und Schranken
Den Inhalt der Grunddienstbarkeit können die Parteien frei festlegen. Er darf jedoch nicht widerrechtlich oder unmöglich sein oder gegen die guten Sitten verstossen. Die Pflicht zur Vornahme einer Handlung kann mit der Dienstbarkeit nur nebensächlich verbunden werden, um beispielsweise die Ausübung des Servituts zu ermöglichen, zu erleichtern oder zu sichern. Die Dienstbarkeit belastet das dienende Grundstück stets als Ganzes, selbst wenn wie beim Wegrecht bloss eine bestimmte Stelle genutzt werden darf.
Der Berechtigte muss ein vernünftiges Interesse an der Dienstbarkeit haben. Dieses bemisst sich nach den subjektiven Kriterien des Berechtigten, blosse «Marotten» stellen kein vernünftiges Interesse dar. Duldungs- und Unterlassungspflichten, die das Gesetz statuiert, können mangels vernünftigem Interesse nicht Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein. Demgegenüber sind Servitute zulässig, welche die Ungewissheit über das Ergebnis einer Gesetzesanwendung regeln. So können durch eine Grunddienstbarkeit gewisse von einem Nachbargrundstück ausgehende Einwirkungen ausgeschlossen werden, obwohl diese Immissionen ihrer Art nach unter Art. 684 ZGB fallen und bereits von Gesetzes wegen verboten sind. Da es im konkreten Fall unsicher ist, ob der Richter die betreffende Immission als übermässig erachtet, hat der Berechtigte an diesem Inhalt ein vernünftiges Interesse.

b) Feststellung des Inhalts
Ergeben sich die Rechte und Pflichten deutlich aus dem Grundbucheintrag, ist dieser Inhalt massgebend. Meistens stehen im Grundbuch jedoch bloss kurze Stichworte, zum Beispiel «Fuss- und Fahrwegrecht». In einem solchen Fall sind weitere Erkenntnismittel beizuziehen. Als Erstes ist der Erwerbsgrund, also der Dienstbarkeitsvertrag, der sich als Beleg bei den Grundbuchakten befindet, heranzuziehen. Bringt dieser keine Klarheit, so kann sich der Inhalt aus der Art ergeben, wie die Dienstbarkeit während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738 ZGB).
Bei einzelnen Dienstbarkeiten bestimmt das kantonale Recht oder der Ortsgebrauch deren Inhalt, wenn die Parteien nichts anderes bestimmt haben (Art. 740 ZGB). In diesem Sinne regelt das Einführungsgesetz zum ZGB des Kantons Zürich für das Fusswegrecht, dass über das dienende Grundstück zu gehen, nicht aber zu reiten, zu fahren oder Vieh zu treiben ist. Das Fahrwegrecht beinhaltet auch das Reiten und festgehaltenes Vieh darüber zu führen, nicht jedoch schwere Lasten über den Weg zu schleifen (§§ 184 f. EG ZGB).
 
     
  3. Verbot der Mehrbelastung
Im Laufe der Zeit können sich die Bedürfnisse des dienenden Grundstückes ändern. Art. 739 ZGB sieht nun vor, dass dem Verpflichteten keine Mehrbelastung zugemutet werden kann. Angemerkt sei, dass dem Verpflichteten nur ein Abwehrrecht zusteht, falls die Mehrbelastung erheblich ist. Schwankungen in der Ausübung muss sich der Verpflichtete gefallen lassen. Die Erheblichkeit wird nach objektivem Massstab beurteilt. Wobei das Interesse, welches die Dienstbarkeit zum Zeitpunkt der Errichtung für das herrschende Grundstück hatte, mit dem heutigen verglichen wird. So wurde beispielsweise das Erstellen von acht zusätzlichen Parkplätzen auf dem dienenden Grundstück nicht als Mehrbelastung taxiert, wo ein Grundstück mit einem «jederzeitigen Fuss- und Fahrwegrecht» belastet war.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
     
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