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Die Grunddienstbarkeit, insbesondere das Fuss- und Fahrwegrecht (1.
Teil) * Björn Kernen |
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Durch eine
Grunddienstbarkeit kann dem Eigentümer des herrschenden Grundstückes
die Nutzungsmöglichkeit des belasteten Grundstückes eingeräumt
werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass der Belastete die
Ausübung des Eigentums in gewisser Hinsicht zu unterlassen hat. Der Inhalt
der Dienstbarkeit kann von den Parteien grundsätzlich frei gestaltet
werden. Dieser ergibt sich vorab aus dem Grundbucheintrag. In der Ausübung
der Dienstbarkeit hat sich der Belastete gewisse Schwankungen gefallen zu
lassen, wogegen er eine erhebliche Mehrbelastung abwehren kann. |
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1.
Gegenstand Nach Art. 730 Abs. 1 ZGB
kann ein Grundstück zum Vorteil eines anderen Grundstückes in einer
Weise belastet werden, dass der Eigentümer sich bestimmter Eingriffe des
Eigentümers dieses anderen Grundstückes gefallen lassen muss oder zu
dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben
darf. Bei einer Grunddienstbarkeit sind immer zwei Grundstücke i. S. v.
Art. 655 Abs. 2 ZGB involviert, ein dienendes sowie ein herrschendes. An
Fahrnis kann keine Grunddienstbarkeit begründet werden. |
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2.
Inhalt a)
Gestaltungsmöglichkeiten und Schranken Den Inhalt der Grunddienstbarkeit können die Parteien frei
festlegen. Er darf jedoch nicht widerrechtlich oder unmöglich sein oder
gegen die guten Sitten verstossen. Die Pflicht zur Vornahme einer Handlung kann
mit der Dienstbarkeit nur nebensächlich verbunden werden, um
beispielsweise die Ausübung des Servituts zu ermöglichen, zu
erleichtern oder zu sichern. Die Dienstbarkeit belastet das dienende
Grundstück stets als Ganzes, selbst wenn wie beim Wegrecht bloss eine
bestimmte Stelle genutzt werden darf.
Der Berechtigte muss ein vernünftiges Interesse an der
Dienstbarkeit haben. Dieses bemisst sich nach den subjektiven Kriterien des
Berechtigten, blosse «Marotten» stellen kein vernünftiges
Interesse dar. Duldungs- und Unterlassungspflichten, die das Gesetz statuiert,
können mangels vernünftigem Interesse nicht Inhalt einer
Grunddienstbarkeit sein. Demgegenüber sind Servitute zulässig, welche
die Ungewissheit über das Ergebnis einer Gesetzesanwendung regeln. So
können durch eine Grunddienstbarkeit gewisse von einem
Nachbargrundstück ausgehende Einwirkungen ausgeschlossen werden, obwohl
diese Immissionen ihrer Art nach unter Art. 684 ZGB fallen und bereits von
Gesetzes wegen verboten sind. Da es im konkreten Fall unsicher ist, ob der
Richter die betreffende Immission als übermässig erachtet, hat der
Berechtigte an diesem Inhalt ein vernünftiges
Interesse.
b) Feststellung des
Inhalts Ergeben sich die Rechte und
Pflichten deutlich aus dem Grundbucheintrag, ist dieser Inhalt massgebend.
Meistens stehen im Grundbuch jedoch bloss kurze Stichworte, zum Beispiel
«Fuss- und Fahrwegrecht». In einem solchen Fall sind weitere
Erkenntnismittel beizuziehen. Als Erstes ist der Erwerbsgrund, also der
Dienstbarkeitsvertrag, der sich als Beleg bei den Grundbuchakten befindet,
heranzuziehen. Bringt dieser keine Klarheit, so kann sich der Inhalt aus der
Art ergeben, wie die Dienstbarkeit während längerer Zeit
unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738
ZGB). Bei einzelnen Dienstbarkeiten
bestimmt das kantonale Recht oder der Ortsgebrauch deren Inhalt, wenn die
Parteien nichts anderes bestimmt haben (Art. 740 ZGB). In diesem Sinne regelt
das Einführungsgesetz zum ZGB des Kantons Zürich für das
Fusswegrecht, dass über das dienende Grundstück zu gehen, nicht aber
zu reiten, zu fahren oder Vieh zu treiben ist. Das Fahrwegrecht beinhaltet auch
das Reiten und festgehaltenes Vieh darüber zu führen, nicht jedoch
schwere Lasten über den Weg zu schleifen (§§ 184 f. EG
ZGB). |
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3. Verbot der
Mehrbelastung Im Laufe der Zeit
können sich die Bedürfnisse des dienenden Grundstückes
ändern. Art. 739 ZGB sieht nun vor, dass dem Verpflichteten keine
Mehrbelastung zugemutet werden kann. Angemerkt sei, dass dem Verpflichteten nur
ein Abwehrrecht zusteht, falls die Mehrbelastung erheblich ist. Schwankungen in
der Ausübung muss sich der Verpflichtete gefallen lassen. Die
Erheblichkeit wird nach objektivem Massstab beurteilt. Wobei das Interesse,
welches die Dienstbarkeit zum Zeitpunkt der Errichtung für das herrschende
Grundstück hatte, mit dem heutigen verglichen wird. So wurde
beispielsweise das Erstellen von acht zusätzlichen Parkplätzen auf
dem dienenden Grundstück nicht als Mehrbelastung taxiert, wo ein
Grundstück mit einem «jederzeitigen Fuss- und Fahrwegrecht»
belastet war. |
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