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Die Grunddienstbarkeit, insbesondere
das Fuss- und Fahrwegrecht (2. Teil) * Björn
Kernen |
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Die Grunddienstbarkeit bedarf für ihre Errichtung eines Grundbucheintrags.
Sein Recht hat der Berechtigte stets möglichst schonend
auszuüben. Er kann sich gegen ungerechtfertigte Einwirkung auf die
Dienstbarkeit vorab mit Selbsthilfehandlungen wehren. Verliert der
Berechtigte jegliches Interesse an der Ausübung des Servituts, so kann
der Belastete entschädigungslos die Ablösung desselben verlangen. |
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1. Errichtung
a) Durch Eintragung ins Grundbuch
Für die Errichtung einer Grunddienstbarkeit
bedarf es eines Eintrags im Grundbuch
(Art. 731 Abs 1 ZGB). Dieser setzt einen gültigen
Rechtsgrund voraus. Grunddienstbarkeiten
werden hauptsächlich durch Dienstbarkeitsverträge
begründet. Der Dienstbarkeitsvertrag
ist ein Schuldvertrag, mit
welchem bloss ein obligatorisches Rechtsverhältnis
entsteht. Die Forderung des
Berechtigten gegen den Verpflichteten
besteht in der Errichtung einer Dienstbarkeit
im Grundbuch. Die Erfüllung der Forderung
geschieht durch Anmeldung der Grunddienstbarkeit
im Grundbuch. Verweigert der
Verpflichtete diese, so kann der Berechtigte
auf Zusprechung der Dienstbarkeit klagen
(Art. 665 Abs. 1 i.V.m. Art. 731 Abs. 2 ZGB).
Die Dienstbarkeit bedarf zu ihrer Gültigkeit
der schriftlichen Form (Art. 732 ZGB). |
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b) Durch Ersitzung
Die Grunddienstbarkeit kann in Ausnahmefällen
auch ohne Eintragung ins Grundbuch
entstehen. Das Gesetz nennt lediglich
die Ersitzung als Entstehungsart ohne
Grundbucheintrag; Aneignung, Enteignung
und Urteil gehören jedoch ebenfalls dazu.
Grunddienstbarkeiten können unter den
gleichen Voraussetzungen ersessen werden
wie Grundeigentum (Art. 731 Abs. 3 ZGB).
Man unterscheidet zwei Arten: |
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Für die ordentliche Ersitzung hat die
Dienstbarkeit, wenn auch zu Unrecht,
im Grundbuch eingetragen zu sein.
Bleibt der Eintrag während zehn Jahren
unangefochten und ist der Eingetragene
gutgläubig, so ist nach dieser Zeit die
Dienstbarkeit ersessen. |
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Ist das belastete Grundstück nicht im
Grundbuch aufgenommen oder hat es
keinen (eingetragenen) Eigentümer und
dient es dem Berechtigen unangefochten
während 30 Jahren, so gilt die
Dienstbarkeit als ersessen. |
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Eine Ersitzung entgegen dem Grundbucheintrag
ist demgegenüber nicht möglich. |
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2. Ausübung der Dienstbarkeit
Gemäss Art. 737 Abs. 1 ZGB hat der
Berechtigte die Befugnis, alles zu tun, was
zur Erhaltung und Ausübung der Dienstbarkeit
notwendig ist. Er ist unter Umständen
zu Selbsthilfehandlungen befugt. Der Fuss- und
Fahrwegberechtigte kann den Weg so
ausbauen und unterhalten, dass er den Zweck des Wegrechts erfüllt. Sein Recht hat
der Berechtigte möglichst schonend auszuüben.
Der Belastete darf nichts verhindern,
zu was der Berechtigte befugt ist. So
war nach gerichtlicher Beurteilung das Einrammen
von Eisenpfosten links und rechts
eines 2,5 m breiten Fahrwegs, welcher mit
Landwirtschaftsfahrzeugen, welche eine
solche Breite aufweisen, befahren wurde,
eine unzulässige Einschränkung. Gleichzeitig
wurde festgehalten, dass ein seitlicher
Abstand von je 80 cm für ein normales
Befahren erforderlich sei.
Derjenige, der von einer Vorrichtung
profitiert, hat auch die Kosten für deren
Unterhalt zu tragen. Als Vorrichtungen gelten
unter anderem Leitungen, Wege und
Mauern. Der Unterhalt besteht nicht in
Leistung von Geldbeträgen des Berechtigten
an den belasteten Eigentümer, sondern
in einer Handlungspflicht. Dient die Vorrichtung
auch dem Belasteten, hat er im
Verhältnis seines Interesses an die Kosten
beizusteuern. |
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3. Der rechtliche Schutz der Dienstbarkeit
a) Selbsthilfe
Wie oben bereits erwähnt, ist der
Berechtigte befugt, Selbsthilfehandlungen
vorzunehmen. So darf beispielsweise ein
Wegberechtigter das Trassee durch Zurückschneiden
von Sträuchern, Baumästen und
Zweigen freimachen. Selbsthilfe ist jedoch
bloss in engem Rahmen zulässig und entbindet
den Dienstbarkeitsberechtigten
grundsätzlich nicht, den Richter um Rechtsschutz
anzurufen. |
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b) Besitzesschutz
Der Berechtigte hat, falls die Dienstbarkeit
gewisse Nutzungsrechte zulässt (pos.
Dienstbarkeiten), die tatsächliche Gewalt
über eine Sache. Es stehen ihm daher gegen
verbotene Eigenmacht sämtliche Befehle
des Besitzesschutzes nach Art. 926–929
ZGB offen. So kann beispielsweise der
Wegberechtigte, welchem der Eigentümer
durch bauliche Massnahmen das Durchgangsrecht
verwehrt, mit der Klage aus
Besitzentziehung (Art. 927 ZGB) die Wiederherstellung
des früheren Zustandes verlangen.
Wenn der Verpflichtete die Ausübung
seines Eigentums in gewisser Hinsicht zu
unterlassen hat (neg. Dienstbarkeit), hat
der Berechtigte keine tatsächliche Gewalt
über die Sache. Das Gesetz setzt jedoch für
die Grunddienstbarkeiten die tatsächliche
Ausübung des Rechts mit dem Sachbesitz
gleich (Art. 919 Abs. 2 ZGB). Somit stehen
dem Berechtigten die Befehle des Besitzesschutzes
zur Verfügung. |
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c) Rechtsschutz
Im Recht der Dienstbarkeiten ist der
Rechtsschutz nicht explizit verankert,
immerhin ist der Dienstbarkeitsberechtigte
befugt, «alles zu tun, was zur Erhaltung
und Ausübung der Dienstbarkeit nötig ist»
(Art. 737 Abs. 1 ZGB). Folgende Schutzbefehle
stehen ihm offen: |
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Eine Feststellungsklage bei bestrittener
Dienstbarkeit. Voraussetzung dafür ist
ein Feststellungsinteresse, welches gegeben
ist, falls eine unsichere oder ungewisse
Rechtslage vorliegt, dem Berechtigten
das Fortdauern dieses Zustandes
nicht mehr zugemutet werden kann und
ihm keine andere Klagemöglichkeit zur
Verfügung steht. |
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Wird der Berechtige völlig an der Ausübung
seines Rechtes gehindert, kann er
die Vindikationsklage ergreifen. |
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Beeinträchtigt eine Person (auch der
Eigentümer des belasteten Grundstücks)
die Ausübung der Dienstbarkeit, so kann der Berechtigte mit der Dienstbarkeitsklage
(actio confessoria) an den Richter
gelangen. Geht die Störung der Dienstbarkeit
hingegen von einem Nachbargrundstück
aus, hat die Klage des Nachbarschaftsrecht
(Art. 679 ZGB) Vorrang. |
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4. Ablösung der Dienstbarkeit
Der Belastete kann die Löschung der
Dienstbarkeit verlangen, wenn sie für den
berechtigten Grundeigentümer jegliches
Interesse verloren hat. Eine allfällige Veränderung
der Gegebenheiten kann das Interesse
wiederaufleben lassen und einer
Löschung entgegenstehen. Die Dienstbarkeit
geht im Zeitpunkt unter, in welchem an
ihr keine Interesse mehr besteht. Dieser
Zeitpunkt wird vom Richter festgestellt. Der
Belastete kann die Löschung entschädigungslos
verlangen.
Die Dienstbarkeit kann gegen Entschädigung
abgelöst werden, wenn ein Interesse
des Berechtigten noch besteht, jedoch im
Vergleich zur Belastung von unverhältnismässig
geringer Bedeutung ist. Die Dienstbarkeit
erlischt in einem solchen Fall erst mit
Bezahlung der Entschädigung (Art. 736
ZGB). |
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