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Die Geschichte mit der Insel
* Barbara Scalabrin-Laube |
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Sie kennen die Geschichte mit der Insel: Gefragt wird, was man auf
eine einsame Insel mitnehmen würde. – Ich würde mir als Erstes eine
Insel mit ausgeglichenem Klima auswählen, im Sommer nicht allzu
heiss, im Winter ohne Frost. Ab und zu etwas Regen, am liebsten
während der Nacht, dazu viel Sonne und einige Wolken. |
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Müsste ich auf diese Insel auswandern,
würde ich selbstverständlich meinen Ehepartner,
die zwei kleinen Hundedamen und
unsere uralte Katze mitnehmen. Im Gepäck
befänden sich neben Büchern zudem möglichst
viele Stecklinge und Samen von meinen
Lieblingspflanzen. |
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Doch werfen Sie einen Blick in meinen Koffer: Ganz sicher würde ich Buchsstecklinge mitnehmen, denn dieses Gehölz bedeutet mir viel, obwohl es relativ langsam wächst. Der immergrüne Blattschmuck, die Anspruchslosigkeit an den Standort (Buxus wächst an sonnigen, halbschattigen und schattigen Standorten) und die Vielfalt der Sämlinge überzeugen mich neben den Möglichkeiten, Buchs ganz formal zu Kugeln, Quadern, Säulen usw. zu schneiden oder frei wachsen zu lassen. Zudem lässt sich Buchs vielfältig in Gestecken verwenden.
Da ich einen Garten für das ganze Jahr anlegen möchte, müsste ich zudem darauf achten, vor allem Pflanzen mitzunehmen, welche während des ganzen Jahres attraktiv sind: So dürften in meinem Gepäck die Helleborus x Hybridus, die Lenz- oder Christrosen, nicht fehlen. An ihnen bewundere
ich nicht nur die grosse Variation von
Blüten, die von weiss |
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Viburnum carlesii |
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über grün, gelb, rosa,
rot bis schieferblau reichen, getupft, picotée
oder uni sein können und sternförmig oder
rund angeordnet sind. Mir gefallen zudem
die Blätter und wie beim Buchs die
Anspruchslosigkeit und Gesundheit. Helleborus
wächst in unserem Garten in der
Sonne, im Halbschatten und Schatten underträgt lange Trockenperioden ohne Schaden.
Diese Pflanzen sind ausserordentlich
vermehrungsfreudig, kreuzen sich gern,
was zu immer neuen Varianten führt. Ausserdem
blühen diese dauerhaften Stauden
schon im Februar.
Da ich auf meiner Insel eine reiche endemische
Vegetation erwarte, würde ich
bestimmt viele weitere Frühblüher finden
wie beispielsweise die hübschen weissen
Buschwindröschen (Anemone nemerosa),
Wildtülpchen (z.B. Tulipa sylvestris) oder
kleine Narzissen (Narcissus cyclamineus und
viele andere), Wildkrokus (Crocus vernus)
und wie sie alle heissen. Zur Sicherheit aber
würde ich ein paar Alpenveilchenknollen
einpacken, denn auf diese kleinen Frühblüher
(Cyclamen coum) und Herbstfreunde
(Cyclamen hederifolium) möchte ich keinesfalls
verzichten. Ihre violetten, lila oder
weissen Blüten und die nierenförmigen, oft
weissgrün gemusterten Blätter sind allzu
lieblich. Da diese am besten unter Bäumen
wachsen, muss ich weitere Gehölze mitnehmen.
Da kommen mir als Erstes die verschiedenen
Ahornarten in den Sinn. Ich
würde mich wohl für Acer palmatum, denjapanischen Ahorn, entscheiden, da es
davon einerseits Zwergformen, aber auch
stattliche Sträucher gibt. Die schönen, oft
tief eingeschnittenen Blätter vom hellen
Grün bis zum dunklen Rot und die eindrückliche
Herbstfärbung gefallen mir an
diesem Gehölz. Zudem würde ich mir einen
Steckling des Erdbeerbaums (Arbutus
unedo) mitnehmen. Dieser in mediterranen
Gebieten bis 30 m hohe Baum ist immergrün,
blüht erst im Herbst (weisse
Glöckchen) und trägt erdbeerähnliche rote
Früchte. Diese sind essbar, aber keine Delikatesse.
Nebenbei: Es ist bereits Dezember
und unser Strauch blüht immer noch.
Um stets ein blühendes Gehölz im Garten
zu haben, würde ich ausserdem verschiedene
Schneebälle mitnehmen, so den
immergrünen Lorbeerschneeball (Viburnum
tinus) für den Winter, den wintergünen
Viburnum x burkwoodii, den stark duftenden
Viburnum carlesii mit den schönen
roten Früchten, den erst im Sommer
blühenden immergrünen Viburnum x hillieri
«Winton» und den etagenförmig wachsenden
Viburnum plicatum sowie den kleinen
Viburnum «Watanabe», dessen flacheDolden mit den sterilen Randblüten nicht
nur im Mai, sondern bis zum Herbst
erscheinen.
Zu all diesen Gehölzen gehören selbstverständlich
weitere Stauden. So dürften
verschiedene Storchenschnäbel nicht fehlen,
sind diese doch robust, blühfreudig,
haben ein schönes Blattwerk und blühen
teilweise sehr lang. So dürften diverse
Geranium x oxonianum in Sorten dabei
sein, denn mit den rosa Blüten passen sie in
beinahe jede Bepflanzung, die nicht zu sonnig
ist. Für sonnige Plätze bevorzuge ich
Geranium «Patricia» mit den karminroten
Blüten mit einem schwarzen Auge oder die
blauen Geranium magnificum. Im Schatten
dürften die immergrünen rosa oder weissen
Geranium macrorhizzum und die fast
schwarzen Geranium phaeum nicht fehlen.
Da mein Platz beschränkt sein dürfte, müssen
andere Geranium fehlen, obwohl ich
die dauerblühende «Ballerina», die weisse
«Kashmir White», das fein gestreifte Geranium
versicolor oder die gefüllten, hellblauen
und violetten Geranium pratense
vermissen würde, aber ich sollte mich ja
bescheiden.
Neben den Geranium interessieren mich
die Euphorbiae, die Gattung Wolfsmilch.
Da würde ich sicher auf die wintergrüne,
stattliche Euphorbia characias nicht verzichten,
da diese Wärme liebende, ornamentale
Staude nicht nur auffallende walzenförmige,
gelbe Blüten hat, sondern mit dem
graugrünen Blattschmuck während des
ganzen Jahres attraktiv ist. Daneben hoffe
ich auf meiner Insel viele einheimische
Wolfsmilcharten zu finden, die ich in meinen
Garten holen würde.
Neben den eher zierlichen Stauden will
ich auf etwas markantere Stauden mit grossen
Blüten nicht verzichten. Pfingstrosen
würden sich gut eignen, lassen sie sich doch
gut über Samen vermehren (wenn auch
nicht immer sortenecht), sind robust und
haben schöne Blüten. Mir gefallen vor
allem die Wildformen. So würde ich «Molly
the Witch», die gelb blühende Paeonia
mlokosewitschi, mitnehmen sowie die zarte
kleine Paeonia veitchi mit den rosa Blüten,
aber auch die weisse Paeonia wittmanniana
dürfte nicht fehlen. Und wie wäre es mit
Strauchpäonien? Sie gehören zu meinen
Lieblingsgehölzen, da sie sich durch schöne Blüten, ein interessantes Blattwerk und gute
Herbstfärbung auszeichnen.
Vielleicht fragen Sie sich, wo denn die
Rosen bleiben. Natürlich würde ich gern ein
ganzes Sortiment von englischen Rosen
einpacken, aber da ich diese spritzen
müsste, würde ich darauf verzichten und
auf wild wachsende Rosen mit schönen
Hagebutten auf meiner Insel hoffen.
Auch meine Vorliebe für Hosta würde
ich aufgeben, obwohl ich deren Blatthorste
in verschiedenen Grüntönen äusserst gern
sehe, aber da die Schnecken diese ebenfalls
mögen, bleibt mir keine Wahl. Ersatz dafür
könnten die Farne sein, wobei ich mich auf
die wintergrünen Arten wie den Filigranfarn
(Polystichum setiferum) oder den Tüpfelfarn
(Polypodium vulgare) konzentrieren
dürfte.
Noch fehlen in meinem Gepäck die
Herbstblüher, die Einjährigen, die Kletterpflanzen,
die etwas höheren Stauden wie
Eisenhut, Federmohn oder Silberkerze. Und
was wäre ein Garten ohne duftenden Phlox,
ohne Zimtröschen, Kräuter, Beeren, Gemüse
und Früchte, ohne Nüsse, Stechpalmen und
die abertausend Schönheiten, die keinen
Platz in meiner Botanisierbüchse hätten?
Am besten wird es wohl sein, wenn ich
auf die einsame Insel verzichte oder mir
eine suche, auf der bereits eine spezialisierte
Staudengärtnerei und eine reiche Baumschule
existieren. Zudem tröstet mich der
Gedanke an die einheimische Flora, in der
ich sicher viele Schönheiten finden würde.
Sie wäre zudem dem Standort angepasst
und würde bei meiner Pflege gut wachsen.
Trotzdem: Vorläufig bleibe ich lieber hier. |
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Helleborus x Hybridus |
Paeinia mlokosewitschi |
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Cottage Garden, 8453 Alten |
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