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Die Enterbung
* Cornel Tanno |
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Bei der Enterbung wird der Pflichtteilsanspruch
des oder der Erben herabgesetzt
oder ganz gestrichen. Das Gesetz unterscheidet
zwischen Straf- und Präventiventerbung.
Bei der Strafenterbung muss ein genügender
Enterbungsgrund vorliegen. Als solcher
gilt nur entweder ein schweres Verbrechen
oder aber eine schwere Verletzung
familienrechtlicher Pflichten. In beiden Fällen
muss sich die Handlung gegen den
Erblasser selbst oder aber eine ihm nahe
stehende Person (bzw. einen Angehörigen)
richten. So wäre z.B. ein Mord oder Diebstahl
an einer fremden Person kein Enterbungsgrund,
ebenso ein an sich schon
schlechter Lebenswandel.
Der Begriff Verbrechen umfasst alles
kriminelle Unrecht, also Vergehen und
Verbrechen im strafrechtlichen Sinne. Ob
ein schweres Verbrechen vorliegt, ist hingegen
rein nach privatrechtlichen Gesichtspunkten
zu beurteilen. Insbesondere
braucht keine strafrechtliche Verfolgung
oder Verurteilung stattgefunden zu haben.
In einem Verhalten, das nach privatrechtlichen
Gesichtspunkten kein schweres
Verbrechen darstellt, kann jedoch eine
schwere Verletzung familienrechtlicher
Pflichten liegen. Es geht dabei um Handlungen,
die dazu angetan sind, die Familiengemeinschaft
zu untergraben, und die
diese Wirkungen auch tatsächlich gehabt
haben.
Für eine Enterbung nicht genügend sind
Schädigungen, die dem Erblasser durch
einen Erben bei Anlass ihrer gegenseitigen
geschäftlichen Beziehungen zugefügt worden
sind; z.B. bei Hinterziehung zum Schaden
des Geschäfts oder aber auch der Versuch, den Erblasser aus dem Geschäft zu
verdrängen.
Was die Form der Enterbung anbelangt,
ist eine ausdrückliche Willensäusserung in
einem Testament oder Erbvertrag erforderlich,
worin der Pflichtteil eines Erben unter
Angabe des Grundes beseitigt wird.
Der rechtswirksam Enterbte ist von der
Erbschaft völlig ausgeschlossen; er kann
weder an der Erbschaft teilnehmen noch
die Herabsetzungsklage (für seinen Pflichtteil)
geltend machen. Sein Erbteil kommt
den anderen gesetzlichen Erben zugute,
wie wenn er vorverstorben wäre, ausser der
Erblasser hat etwas anderes darüber
bestimmt. Auf jeden Fall bleiben aber die
Pflichtteilsrechte der etwaigen Nachkommen
des Enterbten gegenüber dem Erblasser
gewahrt.
Durch die Präventiventerbung soll verhütet
werden, dass die dem Pflichtteilsberechtigten
zugefallene Erbschaft ihm
sofort durch die Gläubiger entzogen werde.
Deshalb kann die Enterbung nur stattfinden,
wenn der Pflichtteilsberechtigte zahlungsunfähig
ist, wenn gegen ihn bei Eröffnung
des Erbganges Verlustscheine bestehen.
Jedoch gestattet das Gesetz die
Präventiventerbung nicht gegenüber jedem
pflichtteilsberechtigten Nachkommen des
Erblassers, und auch dies nur mit zwei Einschränkungen:
erstens nur für die Hälfte
des Pflichtteils und zweitens nur so, dass
diese Hälfte den Kindern des Enterbten
zugewendet werde. Die andere Hälfte der
Pflichtteilsquote ist also den Gläubigern
unrettbar verfallen. Sind hingegen keine
Nachkommen des Enterbten vorhanden,
entfällt die Präventiventerbung von vornherein. |
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* lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich |
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