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Immissionen von Nachbargrundstücken
RA Dr. Roger Groner* und lic. iur. Tiziano Winiger** |
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Der Wert eines Grundstücks hängt auch
vom Genuss ab, den es dem Bewohner
verschafft. Einwirkungen seitens von Nachbargrundstücken
wie Lärm, Gestank, Lichtentzug
oder Schattenwurf können deshalb
je nach Intensität zu empfindlichen
Wertverlusten auf Grundstücken führen.
Es ist deshalb in der dicht besiedelten
Schweiz nicht verwunderlich, dass eine
reichhaltige Gerichtspraxis zu diesem
Thema existiert. |
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Kantonale und kommunale Raumplanungs-,
Bau- und Abstandsvorschriften
Die kantonalen Bau- und Abstandsvorschriften
dienen in einem weitern Sinne
dazu, allfällige Immissionen einzudämmen.
Die meisten Gemeinden kennen so
genannte zonenbedingte Immissionsvorschriften
in ihren Bauordnungen, welche
dazu dienen, Anlagen und Bewerbungsarten
zu verhindern, die einen für die einzelnen
Zonen näher umschriebenen Einwirkungspegel
überschreiten. So werden
bestimmte Betriebe von vornherein einer
bestimmten Zone zugewiesen ohne Rücksicht
darauf, ob sie im konkreten Fall stören
oder nicht. Werden die öffentlichrechtlichen
Vorschriften durch ein Bauvorhaben
verletzt, so kann im Kanton Zürich der
Nachbar innert 20 Tagen seit der öffentlichen
Bekanntmachung die Zustellung des
öffentlichen Bauentscheides verlangen und
innert Frist an die Baurekurskommission
rekurrieren. |
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Bundesrechtliche Minimalgarantie
Grundeigentümer sind zur Abwehr von
Immissionen weit gehend auf die Bestimmungen
des «Nachbarrechts» des Zivilgesetzbuches
(ZGB) angewiesen. Dabei verschaffen
Art. 679 und Art. 684 ZGB eine
Minimalgarantie des ungestörten Genusses
eines Grundstücks, indem sie übermässige
Einwirkungen auf Nachbargrundstücke verbieten.
Nach der Gerichtspraxis fallen
sowohl körperliche Einwirkungen (wie
Staub, Gestank oder Lärm) als auch «negative
Immissionen», d.h. der Entzug von
Licht oder Aussicht, unter diese Normen.
Nicht nur der unmittelbare Anstösser, sondern
jeder, der als Nutzer eines Grundstücks
von der Einwirkung betroffen wird, kann
sich auf diese Minimalgarantie berufen.
Ob eine Einwirkung «übermässig» ist,
beurteilt sich nach objektiven Kriterien, d.h.
nach dem Empfinden eines Durchschnittsmenschen,
nicht nach den konkreten Empfindsamkeiten
der Nachbarn. Wer hellhörige,
sensible Nachbarn hat, wird damit
gleich wie derjenige behandelt, der neben
einem lärmunempfindlichen Gehörlosen
lebt. Zur Bestimmung der «Übermässigkeit
» einer Einwirkung werden Lage und
Beschaffenheit des belasteten Grundstücks,
ein allfälliger Ortsgebrauch und die Dauer
der Immission herangezogen.
Die häufigste Immissionsart ist Lärm. Im
Kanton Zürich sehen die verschiedenen Lärmschutzverordnungen vor, in welchem
Rahmen Lärm wie lange und wie oft verursacht
werden darf, und die Polizei ist zuständig
für die Einhaltung dieser Vorschriften.
Wiederholte Lärmbelästigungen durch
rücksichtslose Gäste nach Mitternacht können
auch für normal empfindliche Menschen
ausserordentlich störend sein. Überschreitet
das Sprechen, Singen, Grölen oder
Wegfahren die Weckschwelle, ist die Einwirkung
übermässig, auch wenn sie nur
kurze Zeit dauert. Keine Rolle spielt dabei,
ob die Gäste auf dem Grundstück der
Gaststätte den Lärm verursachen oder auf
öffentlichem Boden. Das Gleiche könnte
für den Fluglärm gelten, der von startenden
und landenden Flugzeugen verursacht
wird.
Nur selten auftretender Lärm sollte dagegen
von Nachbarn toleriert werden. So veranstaltete
ein Landwirt im Kanton Bern einmal
im Jahr ein «Keltenfest» (Bundesgerichtsurteil
vom 27. April 2004, 5C.14/2004),
mit dem er Einblick in die Lebensweise der
naturverbundenen Kelten geben wollte.
Dazu liess er in die Nacht hinein via Lautsprecher
Keltenmusik laufen. Sein Nachbar wollte
das Keltenfest verbieten lassen – vergeblich.
Das Bundesgericht stellte im Jahr 2004 fest,
dass die Lärmeinwirkung zulässig war. Es
berücksichtigte dabei, dass die Veranstaltung
auf ein einziges Wochenende im Jahr
beschränkt war, dass sie nicht die ganze
Nacht hindurch dauerte, sondern lediglich bis
2 Uhr, und dass lange zum Voraus feststand,
an welchem Datum das Fest durchgeführt
würde. |
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Entzug von Licht und Ausblick
Gleich ist die Situation, wenn ein Grundstück
einem Nachbar Licht, Ausblick oder
den Zugang zu seinem Grundstück entzieht.
Das Bundesgericht führte dazu aus,
dass Lichtentzug und Schattenwurf genau
gleich lästig sein können wie die im Gesetz
erwähnten Immissionen. Wie nahe ein
Baum an ein Nachbargrundstück gesetzt
werden kann, wird im Kanton Zürich vom
Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch
vorgesehen, wobei die Verjährungsfrist für
den Beseitigungsanspruch 5 Jahre beträgt.
In einem neueren Entscheid waren die
Parteien Eigentümer von zwei benachbarten
Grundstücken in Stallikon ZH, zwischen
denen ein ca. 3 Meter breiter öffentlicher
Fussweg verläuft. Mehrere Waldbäume,
welche eine Höhe von mehr als 20 Metern
und einen Kronendurchmesser von mehreren
Metern aufwiesen, entzogen der Nachbarliegenschaft
Licht, Sonne und Luft und
stellten insoweit eine übermässige Beeinträchtigung
dar. Der Beseitigunganspruch
wurde bejaht, obwohl die kantonale Verjährung
schon eingetreten war (Entscheid
vom 18. Mai 2000, 5C.19/2000).
Aus der neuesten Gerichtspraxis lässt
sich somit der Schluss ziehen, dass ein
Grundstückeigentümer sich Immissionen
seines Nachbarn nicht gefallen lassen muss,
sofern sich die Immissionen lang andauernd
und erheblich auswirken. |
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* Zugelassen in Zürich und New York, Bahnhofstrasse 104, 8001 Zürich
** Mitarbeiter HEV, Rechtsabteilung |
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