Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 2/2005 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Der resolutivbedingte Mietvertrag
* Tiziano Winiger
 
     
  Muss ein Mietvertrag, der vom Verkauf einer Liegenschaft abhängt, gekündigt werden, damit er beendigt wird, oder tritt die Beendigung automatisch mit dem Verkauf der Liegenschaft ein? Kann der Mieter eine allfällige Kündigung anfechten und eine Erstreckung verlangen?  
     
  Das Bundesgericht setzte sich im Entscheid BGE 121 III 260 mit dieser Frage auseinander und prüfte, wie ein Mietvertrag zu beurteilen wäre, welcher von einem ungewissen künftigen Ereignis wie dem Abbruch oder dem Verkauf der Liegenschaft abhängt (resolutive oder auflösende Bedingung). Im zu beurteilenden Fall hatte ein Mieter zu günstigen Bedingungen einen Geschäftsmietvertrag abgeschlossen und vereinbarte Folgendes mit dem Vermieter: «Der Vertrag ist gültig bis zum Verkauf oder bis zur Überbauung der Parzelle.» Mit dem Kündigungsformular kündigte der Vermieter das Mietverhältnis, und die Liegenschaft wurde unmittelbar danach verkauft. Der Mieter focht die Kündigung bei der zuständigen Schlichtungsbehörde an und verlangte eine Mieterstreckung.
Entgegen der Auffassung einer Minderheit der Lehre urteilte das Bundesgericht, dass ein resolutivbedingter Mietvertrag, mit Eintritt der auflösenden Bedingung, grundsätzlich als auf bestimmte Zeit abgeschlossen zu qualifizieren ist. Die Verwirklichung der Resolutivbedingung lässt den Vertrag beendigen, ohne dass eine weitere Kündigung notwendig oder möglich wäre. Tritt die auflösende Bedingung nie ein, kann der Mietvertrag durch Kündigung einseitig beendigt werden.
Für die Beantwortung der Frage, ob der Mieter eine allfällige Kündigung anfechten und eine Erstreckung verlangen konnte, unterschied das Bundesgericht wie folgt:
 
     
  Die Liegenschaft wurde verkauft oder abgebrochen (Eintritt der Resolutivbedingung)
Wie bereits bekannt, verkaufte im zu beurteilenden Fall der Vermieter die Liegenschaft. Da der resolutivbedingte Mietvertrag mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung beendigt wurde, erachtete das Bundesgericht die Kündigung als unnötig. Trotzdem kündigte der Vermieter das Mietverhältnis auf einen späteren Termin als die Eigentumsübertragung der Liegenschaft (Bedingungseintritt). Das Bundesgericht verstand diese Willenserklärung nicht als Kündigung, sondern als einseitigen Aufschub der Ausweisung zugunsten des Mieters.
Hätte der Mieter die Erstreckung des befristeten Mietverhältnisses gewollt, so hätte er das Begehren spätestens 60 Tage vor Ablauf der Vertragsdauer einreichen müssen. Beim resolutivbedingten Mietvertrag stimmt aber der Eintritt der auflösenden Bedingung mit der Beendigung des Mietvertrages überein, sodass der Mieter keine Möglichkeit hat, die Gesetzesfrist von 60 Tagen einzuhalten, und somit immer nur verspätet das Erstreckungsbegehren einreichen kann. Da das Gesetz die Erstreckung für resolutivbedingte Verträge nicht regelt, nahm das Bundesgericht eine Gesetzeslücke an, welche durch Richterrecht zu füllen gewesen wäre, indem beispielweise das Erstreckungsgesuch einer Frist von 30 Tagen seit Kenntnisnahme vom Eintritt der Resolutivbedingung durch den Mieter hätte unterstellt werden müssen.
Das Gericht schloss aber die Erstreckung schon deswegen aus, weil der Mieter es bewusst in Kauf genommen hatte, nur vorübergehend bis zum Verkauf des Mietobjektes von einem günstigen Mietzins profitieren zu können, und weil die Liegenschaft verkauft wurde, damit der Käufer sie umbauen oder abbrechen konnte. Dies gestützt auf Art. 272a Abs. 1 lit. c OR, wonach ein Mietvertrag, der im Hinblick auf ein Umbau- oder Abbruchvorhaben ausdrücklich nur für die beschränkte Zeit bis zum Baubeginn oder bis zum Erhalt der erforderlichen Bewilligung abgeschlossen wird, nicht erstreckt werden kann.
 
     
  Kein Verkauf und kein Abbruch (Kein Eintritt der Resolutivbedingungen)
Wäre die Resolutivbedingung nie eingetroffen, so hätte der Vertrag gekündigt werden können. Die Kündigung wäre anfechtbar gewesen, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossen hätte, und das Mietverhältnis hätte nach den allgemeinen und anwendbaren Grundsätzen für unbefristete Verträge auch erstreckt werden können.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
     
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