Hauseigentümerverband Zürich
Monatsschrift
Home
Verband
Veranstaltungen Seminare
Monatsschrift
Formulare
Handwerker
Links
HEV 4/2005 Inhaltsverzeichnis
Eigentumswohnung

     
  Stimmrecht im Stockwerkeigentum
* Harald Solenthaler
 
     
  Bereits bei der ersten Stockwerkeigentümerversammlung oder spätestens bei einer wichtigen Abstimmung stellt sich die Frage, wie die Stimmen der einzelnen Stockwerkeigentümer gezählt werden. Besitzen gewisse Stockwerkeigentümer mehr als eine Stockwerkeinheit und findet sich keine Regelung in Begründungsakt oder Reglement, kann dies bei der Auszählung der Stimmen zusätzliche Schwierigkeiten bereiten.  
     
  Für das Funktionieren einer Personenvereinigung wie einer Stockwerkeigentümergemeinschaft ist das Stimmrecht als unentziehbares und unverzichtbares Mitgliedschaftsrecht unentbehrlich. Der einzelne Stockwerkeigentümer kann zwar auf die Ausübung seines Stimmrechts verzichten, jedoch kann es ihm auch mit seinem Einverständnis im Voraus entzogen werden.
Wie die Stimmrechte der Stockwerkeigentümer bemessen werden, ergibt sich durch den Begründungsakt, das Reglement und das Gesetz. Gibt es keine entsprechende Bestimmung im Begründungsakt oder im Reglement, kommen die gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung. Mit Ausnahme im Bereich der qualifizierten Beschlussfassung (Art. 647b Abs. 1, Art. 647d Abs. 1, Art. 712g Abs. 3 ZGB) ist weder das Kopfstimm- noch das Wertquotenstimmrecht zwingend vorgeschrieben. Nach der herrschenden Lehrmeinung entspricht das Kopfstimmrecht am ehesten dem Wesen des Stockwerkeigentums und der Struktur der Stockwerkeigentümergemeinschaft, da die Stockwerkeigentümer eine auf ein bestimmtes Objekt bezogene Personengemeinschaft aus grundsätzlich gleichberechtigten Personen bilden. Deshalb ist auch im Stockwerkeigentumsrecht das Kopfstimmrecht die Regel für die Stimmenrechtsbemessung, aber nicht zwingend. Im Begründungsakt oder durch Beschluss im Rahmen einer Reglementsänderung ist es möglich, eine andere Berechnungsart zu statuieren.
Sofern das Reglement keine Abweichungen vorschreibt, hat grundsätzlich beim Kopfstimmrecht jeder Stockwerkeigentümer eine Stimme. Für den Fall, dass ein Stockwerkeigentümer mehrere Stockwerkeinheiten besitzt, ist es von Vorteil, die Anwendung der Stimmrechte im Reglement zu regeln. Sind mehrere Personen an einem Stockwerkeigentumsanteil gemeinschaftlich als Mit- oder Gesamteigentümer (Erbengemeinschaft, ehevertragliche Gütergemeinschaft, einfache Gesellschaft) dinglich berechtigt, steht ihnen nur eine Stimme zu, die sie einheitlich abzugeben haben, d.h., die Abgabe der Stimme erfolgt durch einen gemeinsamen Vertreter. Für die interne Willensbildung sind die Vorschriften des entsprechenden Gemeinschaftsverhältnisses (Eherecht, Erbrecht, Miteigentumsrecht etc.) massgebend.
Bei Vorliegen einer Nutzniessung und eines Wohnrechts erfolgt ebenfalls keine Spaltung der Stimmberechtigung bezüglich eines Stockwerkeigentumsanteils. Es bleibt den beteiligten Personen (Nutzniesser/Wohnberechtigter und Eigentümer) frei, untereinander zu bestimmen, wer die Stimme abgibt. Sie können also dem einen oder anderen die Befugnis zur Ausübung des Stimmrechts einräumen oder eine gemäss den einzelnen Traktanden aufgeteilte Stimmrechtsausübung wählen. Fehlt es an einer Verständigung zwischen dem Eigentümer und dem Nutzniesser/ Wohnberechtigten, findet die subsidiäre gesetzliche Regelung von Art. 712o Abs. 2 ZGB Anwendung, wonach der Nutzniesser/ Wohnberechtigte in allen Fragen der Verwaltung mit Ausnahme der bloss nützlichen oder der Verschönerung und Bequemlichkeit dienenden baulichen Massnahmen stimmberechtigt ist. Bei Abstimmungen über Einschränkungen der Nutzungsrechte sowie bei Zweckänderungsbegehren ist dagegen der Eigentümer stimmberechtigt.
Ist eine Stockwerkeinheit vermietet, so ist der Eigentümer alleine stimmberechtigt. Er kann jedoch einer Drittperson, z.B. seinem Mieter, die Vollmacht erteilen, ihn an der Stockwerkeigentümerversammlung zu vertreten und das Stimmrecht auszuüben.
 
     
  * lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich  
     
Inhaltsverzeichnis Seitenanfang