Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 4/2005 Inhaltsverzeichnis
Eigentumswohnung

     
  Unterscheidung Sonderrecht
und gemeinschaftliche Teile

HEV Winterthur
 
     
  Gegenstand des Stockwerkeigentums ist der Miteigentumsanteil am gesamten Grundstück (Gebäude inkl. Umschwung) verbunden mit dem Sonderrecht zur ausschliesslichen Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung bestimmter Teile, der sog. Stockwerkeigentumseinheiten (Art. 712a ff. ZGB). Die Abgrenzung zwischen «exklusiven» und gemeinschaftlichen Teilen ist von grosser praktischer Bedeutung und führt nicht selten zu Meinungsverschiedenheiten.  
     
  Warum ist die Unterscheidung zwischen Sonderrecht und gemeinschaftlichen Teilen wichtig?
Sie ist massgebend für die Verteilung der damit verbundenen Rechte und Pflichten zwischen den einzelnen Stockwerkeigentümern und der Gemeinschaft sowie für die Beschlussfassung. So obliegt die Unterhalts- sowie Kostentragungspflicht bezüglich gemeinschaftlicher Teile der Stockwerkeigentümergemeinschaft; für ihren Sonderrechtsbereich sind die einzelnen Stockwerkeigentümer dagegen selbst verantwortlich.
 
     
  Was sind zwingend gemeinschaftliche Teile?
Das Gesetz enthält keine abschliessende Aufzählung, was zu den Gemeinschafts- und was zu den Sonderrechtsteilen zu zählen ist; es wird vielmehr den Stockwerkeigentümern ein relativ grosser Ermessensspielraum zugestanden. Zwingend gemeinschaftlich sind jedoch von Gesetzes wegen folgende Teile, d.h., sie können nicht mittels Rechtsgeschäft zu Sonderrecht ausgeschieden werden (Art. 712b Abs. 2 Ziff. 1 bis 3 ZGB):
 
 
Alles, was zum Boden der Liegenschaft gehört und nicht ein Gebäude ist; Beispiele: Garten (inkl. aller mit dem Boden verbundenen Pflanzen), Spielplatz, Terrassen, Schwimmbad, Einfriedungen wie Mauern und Zäune, Stützmauern, Aussenparkplätze, Fahr- und Fusswege.
Das selbstständige und dauernde Baurecht, falls das Gebäude im Baurecht erstellt wurde.
Elementare Gebäudeteile, d.h. alle Bauteile, welche für den Bestand, die konstruktive Gliederung und Festigkeit des Gebäudes oder der Räume anderer Stockwerkeigentümer von Bedeutung sind; Beispiele: Fundament, Dach, tragende (innere) Mauern und Trennwände, Böden und Decken, Isolationen und Abdichtungen.
Bauteile, die die äussere Gestalt und das Aussehen des Gebäudes bestimmen; Beispiele: Hausfassade inkl. Aussenbereiche der Balkone, Loggias und Veranden, Kamine, ganze Fensterfronten, welche die Fassaden ersetzen, Aussenantennen, Dachterrassen, gemeinsame Hauseingangstüren.
Gemeinsame Anlagen und Einrichtungen, d.h. Anlagen und Einrichtungen, die auch den anderen Stockwerkeigentümern für die Benutzung ihrer Räume dienen. Nicht relevant ist dabei, ob die einzelnen Stockwerkeigentümer derartig gemeinschaftliche Teile tatsächlich benützen (z.B. ob die gemeinschaftliche Waschküche von allen gebraucht wird oder nicht); sofern sie objektiv für andere Stockwerkeigentümer nützlich sind, müssen sie als gemeinschaftliche Teile ausgeschieden werden. Beispiele: Abstellräume für mehrere Stockwerkeigentümer (wie Velound Skiabstellräume), gemeinschaftliche Zentralheizung, Leitungen, Lüftungen und Lifte, gemeinsames Treppenhaus, Waschküche und Trocknungsraum für alle, gemeinschaftliches Hallenbad, Sauna und Solarium.
 
     
  Welche Teile können zusätzlich als gemeinschaftlich erklärt werden?
Die Stockwerkeigentümergemeinschaft kann weitere Räumlichkeiten, Einrichtungen oder Anlagen, welche sonderrechtsfähig wären (vgl. unten), ausdrücklich für gemeinschaftlich erklären (Art. 712b Abs. 3 ZGB) – nicht aber das gesamte Gebäude. Diese willkürliche Zuordnung zu Gemeinschaftsteilen kann entweder im Begründungsvertrag enthalten sein oder später durch einstimmige Vereinbarung aller Stockwerkeigentümer erfolgen (Änderung des Reglements sowie des Aufteilungsplanes), die öffentlich beurkundet werden muss (BGE 118 II 291ff.). Die sorgfältige Ordnung eventueller «Grenzbereiche» im Reglement oder/und im Begründungsakt ist sehr zu empfehlen. Beispiele: Hauswartswohnung, Bastel- und Partyräume, Garagenboxen, Kellerabteile, Fenster der Stockwerkeinheiten.
 
     
  Was sind sonderrechtsfähige Teile?
Das Gesetz stellt die Vermutung auf, dass nicht als gemeinschaftlich erklärten Bestandteile zu Sonderrecht ausgeschieden sind (Art. 712b Abs. 3 ZGB). Somit können an Gebäudeteilen, die nicht zwingend gemeinschaftlich sind oder als gemeinschaftlich erklärt wurden, grundsätzlich Sonderrechte bzw. Stockwerkeigentumseinheiten begründet werden. Gemäss Art. 712b Abs. 1 ZGB müssen solche Sonderrechtsteile folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllen:
 
 
Räumliche Abgeschlossenheit: Der Raum (bzw. die Räume) muss auf allen Seiten abgeschlossen oder abschliessbar sein. Dies kann mittels fest montierten Vorrichtungen jeglicher Art geschehen wie Mauern, Verschläge, Gitter, Türen usw. – Aus diesem Grund können einzelne Autoabstellplätze im Freien oder in einer Sammelgarage, die nur mit einer Farbmarkierung ab Boden gegeneinander abgegrenzt sind, nicht als Sonderrecht ausgeschieden werden; dies im Gegensatz zu separaten Einstellboxen oder abschliessbaren Einzelgaragen.
Wirtschaftliche Einheit: Als Stockwerkeigentumseinheiten kommen ganze Stockwerke oder zusammenhängende Teile davon in Frage, die als Wohnung, Geschäftslokal, Gewerberäume oder zu einem anderen Zweck eine eigenständige wirtschaftliche Funktion erfüllen. Damit soll verhindert werden, dass kleine, für sich nicht existenzfähige Räume, wie Toiletten und Küchen, zu Sonderrecht ausgeschieden werden.
Eigener Zugang: Die Stockwerkeigentumseinheit muss von gemeinschaftlichen Teilen aus direkt erreicht werden können (z.B. gemeinschaftliche Zugangswege, Eingangshalle, Gang, Treppen). Unzulässig wäre demnach der Zugang über im Sonderrecht stehende Räume anderer Stockwerkeigentümer.
 
  Einer Stockwerkeigentumseinheit können zudem einer oder mehrere Nebenräume zugeteilt werden (Art. 712b Abs. 1 ZGB). Diese stehen in einem funktionalen Zusammenhang zu einer bestehenden Sonderrechtseinheit und bilden nur einen räumlich abgetrennten, jedoch inhaltlich verbundenen Teil von ihr. In der Praxis sind häufig folgende Beispiele von Nebenräumen anzutreffen: Bastel- und Hobbyräume, Keller- und Estrichabteile, Lagerräume, separate Waschküchen und Trocknungsräume, Einzelgaragen und Garagenboxen sowie Mansardenzimmer.
Beispiele von Sonderrechten im Innenbereich des Gebäudes:
Bodenbeläge (Parkett-, Linoleumböden, Spannteppiche), Deckenverkleidungen, nicht tragende Trennwände, Wohnungstüren sowie Türen innerhalb der Wohnung, eingebaute Schränke, Cheminées, Radiatoren, Küchen-, Badezimmer- und Toiletteneinrichtungen, Leitungen von den Abzweigungen an.
Beispiele von Sonderrechten im Aussenbereich des Gebäudes:
Innenseite der individuell zugänglichen Balkone und Veranden (ohne Geländer, Brüstung etc.), Fenster inkl. Rollläden und Sonnenstoren, allenfalls Wohnabschlusstüren, sofern diese ins Freie führen.
 
     
  Wo sind Abgrenzungsprobleme anzutreffen?
Vor allem im Aussenbereich der Liegenschaft ist die Zuordnung bestimmter Teile zu Sonderrecht bzw. zu gemeinschaftlichem Eigentum nicht immer ganz einfach, so z.B. bei Fenstern, Balkonen, Veranden und Dachterrassen.
Fenster (inkl. Balkontüren, Dachluken und -fenster sowie Storen): Gemäss neuerer Lehre zählen diese grundsätzlich zum Sonderrecht (Ausnahme: ganze Fensterfronten mit «Fassadenfunktion »). Da die Fenster Bestandteil der Hausfassade bilden und damit das Aussehen des ganzen Gebäudes beeinflussen, dürfen sie allerdings von den einzelnen Stockwerkeigentümern nicht derart verändert werden, dass sie in Art, Grösse oder Farbe sichtbar von den übrigen Fenstern abweichen (Art. 712a Abs. 2 ZGB).
Balkone und Veranden: Aufgrund der herrschenden Auffassung wird hier zwischen der Aussenseite, die zwingend gemeinschaftliches Eigentum darstellt, und dem Innenbereich, der sonderrechtsfähig ist, unterschieden, was entsprechende Unterhalts- und Kostenfolgen auslöst. Unzulässig sind demnach die eigenmächtige Veränderung der Balkonbrüstung, das Anbringen von Glas- und Kunststoffwänden als Sichtschutz oder Schattenspender, das Befestigen von Klimageräten an der Aussenfassade sowie das Aufstellen einer von aussen sichtbaren Satellitenschüssel durch einzelne Stockwerkeigentümer.
Dachterrassen: Aufgrund ihrer Lage sowie ihrer Bedeutung für die äussere Erscheinung eines Gebäudes sind die Dachterrassen zwingend dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzurechnen. Im Reglement kann jedoch ein Sondernutzungsrecht zugunsten der obersten Stockwerkeigentümereinheit eingeräumt werden. Leider wird dies in der Praxis des öftern vernachlässigt.
 
     
  Was ist ein Sondernutzungsrecht?
Vom besprochenen Sonderrecht an Räumen ist das so genannte Sondernutzungsrecht an gemeinschaftlichen Teilen zu unterscheiden, auch «ausschliessliches Nutzungsrecht» genannt. Dieses beinhaltet den Verzicht der Stockwerkeigentümergemeinschaft auf die Nutzung eines gemeinschaftlichen Gebäude- oder Grundstückteils zugunsten der exklusiven Nutzungsberechtigung eines einzelnen Stockwerkeigentümers. Solche Sondernutzungsrechte werden in der Regel bei der Begründung des Stockwerkeigentums durch entsprechende Abfassung des Reglements begründet (evtl. auch in Form einer Dienstbarkeit); später ist in der Regel ein einstimmiger Beschluss aller Stockwerkeigentümer notwendig (vgl. Art. 648 ZGB). Leider kommt es im Zusammenhang mit diesen ausschliesslichen Nutzungsrechten nicht selten zu Auseinandersetzungen unter den Stockwerkeigentümern. Um solchen vorzubeugen, empfiehlt es sich, bei der Einräumung von Sondernutzungsrechten den Umfang der Berechtigung sowie die damit verbundenen Pflichten im Reglement klar zu umschreiben. Beispiele: Autoabstellplätze, Gartenanteile, Dachterrassen.
 
     
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