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HEV 4/2005 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Bestimmung des Umfangs eines
Mangels im mietrechtlichen Sinne

* Björn Kernen
 
     
  Bei der Bestimmung des Herabsetzungsanspruchs wird der aktuelle Zustand der Mietsache mit dem vertragsgemässen, mängelfreien Zustand verglichen. Nicht jede noch so kleine Beeinträchtigung führt zu einer Reduktion. Die Beeinträchtigung hat entweder eine mittlere Schwere zu erreichen oder muss bei leichten Mängeln über eine lange Zeit andauern. Stets ist bei der Bestimmung des Herabsetzungsanspruchs auf die konkreten Umstände abzustellen und der vom Mangel verursachte Minderwert der Mietsache nach objektiven Kriterien zu ermitteln.  
     
  1. Allgemeines
In Ergänzung zur Monatsschrift vom Dezember 2004 soll nachfolgend von der Intensität eines Mangels einer Mietsache die Rede sein. Das durch die Mangelhaftigkeit der Mietsache geschaffene Ungleichgewicht zwischen dem vertragsgemässen Zustand und dem Mietzins gleicht die Regelung von Art. 259d OR aus. Dies in dem Sinne, dass der Mieter eine Herabsetzung des Mietzinses verlangen kann. Ein allfälliger Schadenersatz kann nicht gestützt auf jene Bestimmung geltend gemacht werden, sondern ist unter Art. 259e OR zu subsumieren.
 
     
  2. Bestimmung des Umfangs der Herabsetzung
Der Umfang der Herabsetzung des Mietzinses wird, analog den Grundsätzen des Kaufrechts, nach der durch den Mangel hervorgerufenen Gebrauchsbeeinträchtigung bestimmt. Die Beeinträchtigung im Gebrauch besteht in der Abweichung des aktuellen Zustandes der Mietsache vom vertragsgemässen Zustand. Zur Bestimmung des Umfangs der Herabsetzung wird der aktuelle Zustand der Sache mit dem vertragsgemässen, mängelfreien Zustand verglichen (sog. relative Methode). Der mängelfreie, vertragsgemäss geschuldete Zustand und der damit verbundene Gebrauch werden 100 Prozent gleichgesetzt und die durch den Mangel bewirkte Beeinträchtigung in Prozenten des mängelfreien Zustandes geschätzt bzw. erfasst. Vertraglich zugesicherte Eigenschaften sind bei der Herabsetzung ebenso zu berücksichtigen wie die konkrete Lage, der Zustand und die Ausstattung des Mietobjektes (Altbaute mit geringem Komfort, lärmempfindliche Bauweise, Luxusmietobjekt usw.). Fehlen vertragliche Bestimmungen, ist der übliche Gebrauch massgebend. Unerheblich ist, wie die betroffene Person selbst den Mangel empfindet.
Führt der Mangel zur Nichtbenutzung eines abgrenzbaren Teils der Mietsache (einzelne Zimmer, Balkon oder Terrasse), so bestimmt sich der Minderwert im Verhältnis von der unbenutzbaren Wohnfläche zur Gesamtfläche des Mietobjektes. Küche und Bad rechtfertigen bei einer Unbenutzbarkeit eine erhebliche Reduktion des Mietzinses (20–50%), sind sie doch für das Wohnen von grosser Bedeutung. Untergeordnete Mängel wie etwa der Ausfall des Geschirrspülers, Fehlen der Hauswartung oder ungenügende Heizleistung sind bei der Herabsetzung weitaus schwieriger zu beurteilen. Das Mass der Herabsetzung dürfte hier in der Regel kaum je weiter gehen als 2% bis 10%.
Nicht jede beliebige Unvollkommenheit der Mietsache ermächtigt zu einer Herabsetzung. Es bedarf eines mittleren Mangels zur Rechtfertigung einer Mietzinsreduktion. Dieser kann sich aus zwei Konstellationen ergeben: Entweder ist der Gebrauch der Mietsache im Umfang von mindestens 5% eingeschränkt oder ein leichter Mangel besteht über einen langen Zeitraum. Der über den Mangel informierte Vermieter muss die notwendigen Massnahmen zur Beseitigung unterlassen haben, sodass eine Beeinträchtigung im Genuss der Mietsache angenommen werden muss.
Es ist festzuhalten, dass bei der Bemessung des Herabsetzungsanspruchs stets auf die konkreten Umstände abzustellen und der vom Mangel verursachte Minderwert der Mietsache nach objektiven Kriterien zu ermitteln ist. Kann beispielsweise eine Terrasse in den Wintermonaten wegen Umbauarbeiten nicht benutzt werden, führt dies zu keiner Reduktion. Anders wäre dieselbe Situation im Sommer zu beurteilen. Herabzusetzen ist grundsätzlich der vertraglich geschuldete Nettomietzins. Betrifft der Mangel einen Teil der Mietsache, für welchen Nebenkosten erhoben werden (z.B. Heizkosten, TV-Radio), so ist auch (oder nur) die Herabsetzung der Nebenkosten gerechtfertigt.
 
     
  3. Herabsetzungserklärung
Der Herabsetzungsanspruch entsteht im Zeitpunkt, in welchem alle Voraussetzungen (nachträglicher Mangel, den der Mieter nicht zu vertreten noch zu beseitigen hat, Kenntnis des Vermieters) erfüllt sind. Mithin erfordert dies die Kenntnis des Vermieters vom Mangel.
Davon zu unterscheiden ist der Zeitpunkt der Herabsetzungserklärung. Diese kann so lange abgegeben werden, wie der Herabsetzungsanspruch besteht. So kann der Anspruch mit der Kenntnisgabe des Mangels verbunden oder auch erst in einem allfälligen Verfahren geltend gemacht werden. Die Erklärung hat das genaue Ausmass der Herabsetzung in sachlicher und zeitlicher Hinsicht unmissverständlich zu enthalten. Der Anspruch erlischt mit dem Wegfall einer Voraussetzung, regelmässig mit der Behebung des Mangels.
 
     
  4. Beweislast
Alle vorgenannten Voraussetzungen hat der Mieter zu beweisen. Gleiches gilt für den Umfang der Herabsetzung.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
     
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