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Bestimmung des Umfangs eines
Mangels im mietrechtlichen Sinne
* Björn Kernen |
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Bei der Bestimmung des Herabsetzungsanspruchs wird der aktuelle
Zustand der Mietsache mit dem vertragsgemässen, mängelfreien Zustand
verglichen. Nicht jede noch so kleine Beeinträchtigung führt zu
einer Reduktion. Die Beeinträchtigung hat entweder eine mittlere
Schwere zu erreichen oder muss bei leichten Mängeln über eine lange
Zeit andauern. Stets ist bei der Bestimmung des Herabsetzungsanspruchs
auf die konkreten Umstände abzustellen und der vom
Mangel verursachte Minderwert der Mietsache nach objektiven
Kriterien zu ermitteln. |
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1. Allgemeines
In Ergänzung zur Monatsschrift vom
Dezember 2004 soll nachfolgend von der
Intensität eines Mangels einer Mietsache die
Rede sein. Das durch die Mangelhaftigkeit der
Mietsache geschaffene Ungleichgewicht zwischen
dem vertragsgemässen Zustand und
dem Mietzins gleicht die Regelung von Art.
259d OR aus. Dies in dem Sinne, dass der
Mieter eine Herabsetzung des Mietzinses verlangen
kann. Ein allfälliger Schadenersatz
kann nicht gestützt auf jene Bestimmung geltend
gemacht werden, sondern ist unter Art.
259e OR zu subsumieren. |
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2. Bestimmung des Umfangs
der Herabsetzung
Der Umfang der Herabsetzung des Mietzinses
wird, analog den Grundsätzen des
Kaufrechts, nach der durch den Mangel hervorgerufenen
Gebrauchsbeeinträchtigung
bestimmt. Die Beeinträchtigung im Gebrauch
besteht in der Abweichung des aktuellen
Zustandes der Mietsache vom vertragsgemässen
Zustand. Zur Bestimmung des Umfangs
der Herabsetzung wird der aktuelle Zustand
der Sache mit dem vertragsgemässen, mängelfreien
Zustand verglichen (sog. relative
Methode). Der mängelfreie, vertragsgemäss
geschuldete Zustand und der damit verbundene
Gebrauch werden 100 Prozent gleichgesetzt
und die durch den Mangel bewirkte
Beeinträchtigung in Prozenten des mängelfreien
Zustandes geschätzt bzw. erfasst. Vertraglich
zugesicherte Eigenschaften sind bei
der Herabsetzung ebenso zu berücksichtigen
wie die konkrete Lage, der Zustand und die
Ausstattung des Mietobjektes (Altbaute mit
geringem Komfort, lärmempfindliche Bauweise,
Luxusmietobjekt usw.). Fehlen vertragliche
Bestimmungen, ist der übliche Gebrauch
massgebend. Unerheblich ist, wie die betroffene
Person selbst den Mangel empfindet.
Führt der Mangel zur Nichtbenutzung
eines abgrenzbaren Teils der Mietsache (einzelne
Zimmer, Balkon oder Terrasse), so
bestimmt sich der Minderwert im Verhältnis
von der unbenutzbaren Wohnfläche zur
Gesamtfläche des Mietobjektes. Küche und
Bad rechtfertigen bei einer Unbenutzbarkeit
eine erhebliche Reduktion des Mietzinses
(20–50%), sind sie doch für das Wohnen von grosser Bedeutung. Untergeordnete Mängel
wie etwa der Ausfall des Geschirrspülers, Fehlen
der Hauswartung oder ungenügende
Heizleistung sind bei der Herabsetzung weitaus
schwieriger zu beurteilen. Das Mass der
Herabsetzung dürfte hier in der Regel kaum je
weiter gehen als 2% bis 10%.
Nicht jede beliebige Unvollkommenheit
der Mietsache ermächtigt zu einer Herabsetzung.
Es bedarf eines mittleren Mangels zur
Rechtfertigung einer Mietzinsreduktion. Dieser
kann sich aus zwei Konstellationen ergeben:
Entweder ist der Gebrauch der Mietsache
im Umfang von mindestens 5% eingeschränkt
oder ein leichter Mangel besteht über
einen langen Zeitraum. Der über den Mangel
informierte Vermieter muss die notwendigen
Massnahmen zur Beseitigung unterlassen
haben, sodass eine Beeinträchtigung im
Genuss der Mietsache angenommen werden
muss.
Es ist festzuhalten, dass bei der Bemessung
des Herabsetzungsanspruchs stets auf die
konkreten Umstände abzustellen und der vom
Mangel verursachte Minderwert der Mietsache
nach objektiven Kriterien zu ermitteln
ist. Kann beispielsweise eine Terrasse in den
Wintermonaten wegen Umbauarbeiten nicht
benutzt werden, führt dies zu keiner Reduktion.
Anders wäre dieselbe Situation im
Sommer zu beurteilen. Herabzusetzen ist
grundsätzlich der vertraglich geschuldete Nettomietzins.
Betrifft der Mangel einen Teil der
Mietsache, für welchen Nebenkosten erhoben
werden (z.B. Heizkosten, TV-Radio), so ist
auch (oder nur) die Herabsetzung der Nebenkosten
gerechtfertigt. |
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3. Herabsetzungserklärung
Der Herabsetzungsanspruch entsteht im
Zeitpunkt, in welchem alle Voraussetzungen
(nachträglicher Mangel, den der Mieter nicht
zu vertreten noch zu beseitigen hat, Kenntnis
des Vermieters) erfüllt sind. Mithin erfordert
dies die Kenntnis des Vermieters vom Mangel.
Davon zu unterscheiden ist der Zeitpunkt
der Herabsetzungserklärung. Diese kann so
lange abgegeben werden, wie der Herabsetzungsanspruch
besteht. So kann der Anspruch
mit der Kenntnisgabe des Mangels verbunden
oder auch erst in einem allfälligen Verfahren
geltend gemacht werden. Die Erklärung hat
das genaue Ausmass der Herabsetzung in
sachlicher und zeitlicher Hinsicht unmissverständlich
zu enthalten. Der Anspruch erlischt
mit dem Wegfall einer Voraussetzung, regelmässig
mit der Behebung des Mangels. |
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4. Beweislast
Alle vorgenannten Voraussetzungen hat
der Mieter zu beweisen. Gleiches gilt für den
Umfang der Herabsetzung. |
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