Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 5/2005 Inhaltsverzeichnis
Die Eigentumswohnung

     
  Die Berücksichtigung des Nutzens
eines gemeinschaftlichen Teils
(Art. 712 h Abs. 3 ZGB)

* Cornel Tanno
 
     
  Art. 712h Abs. 3 OR verpflichtet die Stockwerkeigentümer, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass bestimmte gemeinschaftliche Teile keinen (objektiven) Nutzen für einen Stockwerkeigentümer (bzw. für eine Stockwerkeinheit) aufweisen. Die Berücksichtigung dieses Umstandes verpflichtet zu einer Abweichung der Regelung, wonach die Stockwerkeigentümer an die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums und an die Kosten der gemeinschaftlichen Verwaltung Beiträge nach Massgabe ihrer Wertquoten zu leisten haben (Art. 712h Abs. 1 ZGB).  
     
  Einigkeit in Literatur und Praxis herrscht darüber, dass Art. 712h Abs. 3 ZGB zwingender Natur ist. Eine Abweichung von diesem Grundsatz, z.B. im Reglement, ist nichtig.
Trotz der zwingenden Natur von Art. 712h Abs. 3 ZGB zeigt sich das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung sehr zurückhaltend in der Anwendung dieser Bestimmung. Die Anwendung von Art. 712h Abs. 3 ZGB setzt voraus, dass der gemeinschaftliche Teil für den betroffenen Stockwerkeigentümer objektiv ohne Nutzen oder unbrauchbar ist. Die Unbrauchbarkeit darf weder von der konkreten Lage des Stockwerkeigentümers noch von seinem subjektiven Willen abhängig gemacht werden. Wenn also ein Stockwerkeigentümer willentlich auf die Benutzung eines gemeinschaftlichen Teils verzichtet (beispielsweise, indem er auf den Aufzug aus gesundheitlichen Gründen zugunsten der Treppen verzichtet), ist Art. 712h Abs. 3 ZGB nicht anwendbar. Auch in den folgenden Fällen kam nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Art. 712h Abs. 3 ZGB nicht zur Anwendung:
 
 
Erneuerung eines Daches und des Aufzuges eines von beiden Gebäuden des betroffenen Stockwerkeigentums, welches eine gemeinsame Heizung und weitere gemeinschaftliche Teile enthält
Sanierung eines Daches eines Gebäudes, welches die Zentralheizung für alle Gebäude des Stockwerkeigentums enthält.
 
  In den folgenden Fällen kam Art. 712h Abs. 3 ZGB zur Anwendung:  
 
Reparatur einer zentralen Lüftung, an welcher sich ein Stockwerkeigentümer nicht beteiligen wollte, weil der Zugang zu dieser Lüftung für ihn abgedichtet war.
Verteilung sämtlicher gemeinschaftlicher Kosten und Lasten auf einen Stockwerkanteil, welcher lediglich ein Sonderrecht auf eine Garagenbox einräumt.
 
  Es wird aus obigen Beispielen ersichtlich, dass, wenn die Benutzung des gemeinschaftlichen Teils für den Stockwerkeigentümer objektiv nützlich sein könnte, er sich an dessen Kosten und Lasten beteiligen muss. Aufgrund der gegenwärtigen Gerichtspraxis scheint die Anwendung von Art. 712h Abs.3 ZGB davon abhängig zu sein, ob der gemeinschaftliche Teil für den Stockwerkeigentümer absolut unbrauchbar ist. Gemäss Wortlaut der massgebenden Gesetzesbestimmung wäre diese hingegen auch anwendbar, wenn der betroffene gemeinschaftliche Teil dem Stockwerkeigentümer «nur in ganz geringem Masse» dient.  
     
  * lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich  
     
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