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Praxisänderung
bei der Doppelbesteuerung
* Martin Byland |
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Das Bundesgericht hat am 18. April 2005 eine längst fällige
Anpassung seiner Rechtsprechung zur Doppelbesteuerung vorgenommen.
Damit soll konsequent sichergestellt werden, dass Personen
mit Privatliegenschaften in mehreren Kantonen nicht steuerlich schlechter
gestellt werden als Personen mit Liegenschaften im gleichen
Kanton (sog. Schlechterstellungsverbot). Neu muss der Liegenschaftenkanton
stets einen im Wohnsitzkanton erlittenen Verlust übernehmen. |
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Zu beurteilen war ein Fall eines Steuerpflichtigen,
welcher im Kanton Luzern ein
Einfamilienhaus bewohnt und dort zudem
Eigentümer eines Bauernhauses ist. Zusätzlich
ist er Eigentümer von zwei vermieteten
Mehrfamilienhäusern im Kanton Zürich. Im
Jahre 2002 resultierte im Wohnsitzkanton
Luzern vor allem infolge von Umbauarbeiten
am Einfamilienhaus ein negatives
Einkommen von Fr. 18 964.– (steuerbares
Einkommen Fr. 0.–). Der Kanton Zürich
weigerte sich, diesen Verlust bei seiner Einschätzung
zu berücksichtigen, und veranlagte
den Steuerpflichtigen mit einem Einkommen
von Fr. 124 800.–. Damit versteuerte
der Steuerpflichtige den Verlust von
Fr. 18 964.– doppelt. Das Bundesgericht
hat die dagegen erhobene staatsrechtliche
Beschwerde nun mit der Begründung gutgeheissen,
dass die Nichtberücksichtigung
des Verlustes gegen das Schlechterstellungsverbot
verstosse. |
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Unzulässige Doppelbesteuerung
Schon bisher galt, dass ein im Liegenschaftenkanton
angefallener Verlust vom
Wohnsitzkanton zulasten des dortigen
steuerbaren Einkommens zu übernehmen
war. Entstand umgekehrt beim Wohnsitzkanton
oder bei einem anderen Liegenschaftskanton
ein Verlust, waren die übrigen
Liegenschaftskantone nicht verpflichtet,
den Verlust zu übernehmen. Mit dieser
Rechtsprechung nahm das Bundesgericht
bisher bewusst in Kauf, dass nicht sämtliche
Verluste zur Verrechnung gebracht werden
konnten (so genannte Ausscheidungsverluste),
sodass eine Doppelbesteuerung
resultierte. Begründet wurde diese kritisierte
Rechtsprechung damit, dass die Besteuerung
des Grundeigentums Vorrang habe,
weshalb keine Verpflichtung bestehe, Verluste
aus anderen Kantonen zu übernehmen.
Mit seiner Praxisänderung hat das
Bundesgericht dem Schlechterstellungsverbot
(als Teil des Doppelbesteuerungsverbotes)
gegenüber der kantonalen Steuerhoheit
den Vorrang geben. Damit soll
inskünftig sichergestellt werden, dass ein
Steuerpflichtiger, der Liegenschaften in verschiedenen
Kantonen besitzt, nicht schlechter
gestellt wird, als wenn sich diese Liegenschaften in einem einzigen Kanton befinden
(Urteil 2P.141/2004 vom 18. April 2005). |
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Kommentar
Mit der Einführung der Steuerharmonisierung
im Jahre 1993 hat sich die Steuerlandschaft
für die Kantone und den Bund
grundlegend gewandelt, da sie gezwungen
wurden, ihre Steuerordnungen aufeinander
abzustimmen. Entsprechend wurden harmonisierte
Gesetze erlassen. Demgegenüber
hat sich das Bundesgericht bei seiner
Rechtsprechung zur Doppelbesteuerung
trotz Kritik bisher wenig bewegt, sondern
bis heute bei Ausscheidungsverlusten bewusst
eine Doppelbesteuerung in Kauf
genommen. Dies, obwohl in Art. 127 Abs. 3
der Bundesverfassung die interkantonale
Doppelbesteuerung ausdrücklich untersagt
ist. Bei juristischen Personen (ausser bei
Betriebsliegenschaften) und Liegenschaftshändlern
gilt die alte Praxis nach wie vor.
Es ist zu wünschen, dass Steuerverwaltung,
Steuergesetzgeber und nicht zuletzt
auch Steuerrichter bei ihren Entscheiden im
Sinne eines Fairplays vermehrt vom bisherigen
Obrigkeitsdenken wegkommen und
das Steuerrecht aus der Optik des vernünftigen
Steuerpflichtigen beurteilen. Eine für
den Steuerpflichtigen einleuchtende und
nachvollziehbare Steuerpraxis ist die beste
Garantie dafür, dass die Vorschriften eingehalten
werden. Dann wird auch eher akzeptiert,
wenn die Steuerbehörden auf der Einhaltung
der Regeln bestehen. |
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* lic. iur. Rechtsanwalt, TBO Treuhand AG, Zürich |
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