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Das ausschliessliche Benutzungsrecht
* Björn Kernen |
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Die Errichtung eines ausschliesslichen Benutzugsrechts im
Stockwerkeigentum kann durch Begründung einer Dienstbarkeit,
vertragliche Vereinbarung oder durch Aufnahme im Reglement
geschehen. Dem Berechtigten wird stets das Recht eingeräumt, einen
Teil der Liegenschaft unter Ausschluss von Dritten zu benutzen.
Trotz Art. 712h Abs. 3 ZGB hat die Gemeinschaft die Kosten und
Lasten für einen wichtigen gemeinschaftlichen Teil des Stockwerkeigentums
zu tragen. |
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Die Literatur verwendet für den vorliegenden
Themenbereich den Begriff des
Sondernutzungsrechts. Um eine Verwechslung
mit dem Begriff des Sonderrechts zu
vermeiden, wird nachfolgend vom ausschliesslichen
Benutzungsrecht die Rede
sein. Gesetzlich ist das ausschliessliche
Benutzungsrecht nicht verankert. Es handelt
sich daher um eine Kreation der Praxis, welche
durch die Rechtsprechung toleriert wird. |
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1. Gegenstand
Das ausschliessliche Benutzungsrecht
erlaubt dem Stockwerkeigentümer einen
gemeinschaftlichen Teil unter Ausschluss
anderer Stockwerkeigentümer oder Dritter zu
gebrauchen. In der Praxis ist das alleinige
Benutzungsrecht ein grosses Bedürfnis. So
werden insbesondere an Parkplätzen, Dachterrassen,
Bastelräumen und an verschiedenen
Grundstücksflächen (Garten, Terrasse,
Gartensitzplatz usw.) solche Rechte begründet.
An gemeinschaftlichen Teilen, welche
allen Stockwerkeigentümern zu Verfügung
stehen müssen, wie Waschküchen, Eingangshallen,
Zugangswegen usw., kann keine ausschliessliche
Benutzung statuiert werden.
Über den wirtschaftlichen Wert eines
ausschliesslichen Benutzungsrechts kann
der jeweilige Berechtigte verfügen. Bei
einem Verkauf des Stockwerkanteils entscheidet
dieser alleine über den Preis. |
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2. Errichtung
Ausschliessliche Benutzungsrechte können
durch eine Dienstbarkeit zulasten des
Stammgrundstücks, einen Mietvertrag zwischen
dem Stockwerkeigentümer und der
Stockwerkeigentümergemeinschaft oder
einer reglementarischen Bestimmung begründet
werden.
Grundsätzlich bedarf es zur Begründung
zwingend eines Beschlusses der Stockwerkeigentümergemeinschaft,
welcher schriftlich
im Protokoll aufzunehmen ist. Ein
mündlicher Beschluss ist nicht ausreichend. |
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a) Dienstbarkeit als ausschliessliches
Benutzungsrecht
Wird das ausschliessliche Benutzungsrecht
als Dienstbarkeit begründet, so kann
dies als Grund- oder Personaldienstbarkeit
geschehen. Es handelt sich dabei um ein
beschränktes dingliches Recht. Bei der Veräusserung
der Stockwerkeinheit besteht bei
Personaldienstbarkeiten die Möglichkeit,
falls nicht gleichzeitig auch das Benutzungsrecht
verkauft wird, dass der Veräusserer, obwohl nicht mehr Stockwerkeigentümer,
Benutzungsberechtigter bleibt. Diese Aufsplitterung
kann erhebliche Wertverluste zur
Folge haben. Die Errichtung einer Dienstbarkeit
bedarf der schriftlichen Form und
muss im Grundbuch eingetragen sein. Das
Stammgrundstück kann durch die Stockwerkeigentümer
nur mit einstimmigem
Beschluss belastet werden (648 Abs. 2
ZGB). Die Parteien müssen bei der Formulierung
der Dienstbarkeit auf die Ausschliesslichkeit
der Berechtigung achten. Der Eintrag
«Benutzungsrecht» schliesst Dritte
nicht vom Gebrauch aus. |
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b) Vertragliches ausschliessliches
Benutzungsrecht
Auch durch einen Vertrag (Miete, Leihe
usw.) kann ein ausschliessliches Benutzungsrecht
begründet werden. Die Vereinbarung
kommt zwischen der Stockwerkeigentümergemeinschaft
und dem Stockwerkeigentümer
zustande. Ist ein Verwalter
eingesetzt, so kann er zum Abschluss
ermächtigt sein. Der Vertrag hat keiner
Formvorschrift zu genügen. Er hat jedoch
den Inhalt des ausschliesslichen Benutzungsrechts
festzulegen. Um einen Vertrag
zu qualifizieren, ist der Inhalt des eingeräumten
Rechts massgebend. Ein zehnjähriger
Mietvertrag über einen Hobbyraum ist
eine wichtige Verwaltungshandlung (Art.
647b Abs.1 ZGB). Bei kurzfristigen Nutzungsverträgen
handelt es sich jedoch um
gewöhnliche Verwaltungshandlungen (Art.
647a ZGB), welche vom Verwalter vorgenommen
werden können.
Obwohl jeder Stockwerkeigentümer, bei
Abwesenheit eines Verwalters, gewöhnliche
Verwaltungshandlungen selber vornehmen
kann, ist er nicht ermächtigt, sich selber
ein Nutzungsrecht einzuräumen. Ebenso
wenig kann ein Stockwerkeigentümer
mit einem anderen Stockwerkeigentümer
einen dementsprechenden Vertrag abschliessen. |
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c) Reglementarisch verankertes ausschliessliches
Benutzungsrecht
Ein ausschliessliches Benutzungsrecht
kann auch in das Reglement aufgenommen
werden. Die Stockwerkeigentümerversammlung
muss, vorbehältlich eines vereinbarten
Einstimmigkeitserfordernisses, einen
Beschluss mit qualifiziertem Mehr fällen. |
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3. Inhalt des ausschliesslichen
Benutzungsrechts
a) Allgemein
Dem Berechtigten wird grundsätzlich die
ausschliessliche Benutzung eines Teils der
Liegenschaft eingeräumt. Die Verwaltungsrechte
gehen nur bei entsprechender Vereinbarung
über.
Bauliche Veränderungen stehen dem
Berechtigten in der Regel nicht zu. Es finden
die Art. 647c ff. ZGB Anwendung. Eine entsprechende
Befugnis kann jedoch erteilt
werden, wenn unter anderem die Substanz
der gemeinschaftlichen Teile nicht beeinträchtig
und das äussere Erscheinungsbild
des Gebäudes bzw. des gemeinschaftlichen
Teils nicht verändert wird. |
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b) Kosten und Lasten
Die Verteilung der Kosten und Lasten
können die Parteien grundsätzlich frei vereinbaren.
Zwingende Bestimmungen sind
jedoch zu berücksichtigen. Trotz des zwingenden
Charakters von Art. 712h Abs. 3
ZGB hat die Stockwerkeigentümergemeinschaft
die Kosten und Lasten für einen
gemeinschaftlichen Teil, der eine wichtige
Rolle für das Eigentum spielt, zu tragen.
Dies, obwohl er ihnen nur eingeschränkt
dient. So fallen die Kosten einer im aus schliesslichen Benutzugsrecht stehenden
Dachterrasse (mit Ausnahme des Bodenbelags)
an die Gemeinschaft.
Der Vermieter trägt gewisse Unterhaltskosten
des Mietobjektes. Bei einem durch
Mietvertrag begründeten ausschliesslichen
Benutzungsrecht gehen die Unterhaltskosten
demgemäss zulasten der Stockwerkeigentümergemeinschaft
und nicht des
Berechtigten. Dies, da Art. 256 OR gemäss
Lehre Art. 712h Abs.3 ZGB vorgeht. |
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4. Übertragung des Rechts
Die Übertragung des ausschliesslichen
Benutzungsrechts hängt von dessen Form
oder des Vertragsinhaltes ab.
Eine Grunddienstbarkeit kann nur
zusammen mit dem Grundstück übertragen
werden. Eine selbstständige Veräusserung
ist nicht möglich. Personaldienstbarkeiten
sind nur übertragbar, wenn dies vereinbart
wurde.
Die Übertragung eines Mietvertrags
oder die Vereinbarung einer Untermiete
untersteht Art. 262 ff. OR.
Das im Reglement statuierte ausschliessliche
Benutzungsrecht kann vom Berechtigten
auf einen anderen Stockwerkeigentümer
übertragen werden, nicht jedoch auf
einen Dritten. Die Errichtung einer Dienstbarkeit
steht dem berechtigten Stockwerkeigentümer
hingegen nicht zu. |
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5. Aufhebung des Rechts
Auch die Aufhebung des ausschliesslichen
Benutzungsrechts hängt von dessen
Form oder des Vertragsinhaltes ab.
Die Dienstbarkeit wird in der Regel
durch Löschung im Grundbuch beendet
(Art. 736 oder 976 ZGB).
Die Auflösung von Mietverhältnissen
erfolgt gemäss den vertraglichen oder
gesetzlichen Bestimmungen des OR.
Ein reglementarisch begründetes ausschliessliches
Benutzungsrecht kann durch
qualifiziertes Mehr aufgehoben werden
(Art. 712g Abs. 3 ZGB). Das Recht kann
dem Stockwerkeigentümer auch gegen seinen
Willen entzogen werden, es handelt
sich hierbei nicht um ein wohlerworbenes
Recht. |
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