Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 6/2005 Inhaltsverzeichnis
Die Eigentumswohnung

     
  Das ausschliessliche Benutzungsrecht
* Björn Kernen
 
     
  Die Errichtung eines ausschliesslichen Benutzugsrechts im Stockwerkeigentum kann durch Begründung einer Dienstbarkeit, vertragliche Vereinbarung oder durch Aufnahme im Reglement geschehen. Dem Berechtigten wird stets das Recht eingeräumt, einen Teil der Liegenschaft unter Ausschluss von Dritten zu benutzen. Trotz Art. 712h Abs. 3 ZGB hat die Gemeinschaft die Kosten und Lasten für einen wichtigen gemeinschaftlichen Teil des Stockwerkeigentums zu tragen.  
     
  Die Literatur verwendet für den vorliegenden Themenbereich den Begriff des Sondernutzungsrechts. Um eine Verwechslung mit dem Begriff des Sonderrechts zu vermeiden, wird nachfolgend vom ausschliesslichen Benutzungsrecht die Rede sein. Gesetzlich ist das ausschliessliche Benutzungsrecht nicht verankert. Es handelt sich daher um eine Kreation der Praxis, welche durch die Rechtsprechung toleriert wird.  
     
  1. Gegenstand
Das ausschliessliche Benutzungsrecht erlaubt dem Stockwerkeigentümer einen gemeinschaftlichen Teil unter Ausschluss anderer Stockwerkeigentümer oder Dritter zu gebrauchen. In der Praxis ist das alleinige Benutzungsrecht ein grosses Bedürfnis. So werden insbesondere an Parkplätzen, Dachterrassen, Bastelräumen und an verschiedenen Grundstücksflächen (Garten, Terrasse, Gartensitzplatz usw.) solche Rechte begründet. An gemeinschaftlichen Teilen, welche allen Stockwerkeigentümern zu Verfügung stehen müssen, wie Waschküchen, Eingangshallen, Zugangswegen usw., kann keine ausschliessliche Benutzung statuiert werden.
Über den wirtschaftlichen Wert eines ausschliesslichen Benutzungsrechts kann der jeweilige Berechtigte verfügen. Bei einem Verkauf des Stockwerkanteils entscheidet dieser alleine über den Preis.
 
     
  2. Errichtung
Ausschliessliche Benutzungsrechte können durch eine Dienstbarkeit zulasten des Stammgrundstücks, einen Mietvertrag zwischen dem Stockwerkeigentümer und der Stockwerkeigentümergemeinschaft oder einer reglementarischen Bestimmung begründet werden.
Grundsätzlich bedarf es zur Begründung zwingend eines Beschlusses der Stockwerkeigentümergemeinschaft, welcher schriftlich im Protokoll aufzunehmen ist. Ein mündlicher Beschluss ist nicht ausreichend.
 
     
  a) Dienstbarkeit als ausschliessliches Benutzungsrecht
Wird das ausschliessliche Benutzungsrecht als Dienstbarkeit begründet, so kann dies als Grund- oder Personaldienstbarkeit geschehen. Es handelt sich dabei um ein beschränktes dingliches Recht. Bei der Veräusserung der Stockwerkeinheit besteht bei Personaldienstbarkeiten die Möglichkeit, falls nicht gleichzeitig auch das Benutzungsrecht verkauft wird, dass der Veräusserer, obwohl nicht mehr Stockwerkeigentümer, Benutzungsberechtigter bleibt. Diese Aufsplitterung kann erhebliche Wertverluste zur Folge haben. Die Errichtung einer Dienstbarkeit bedarf der schriftlichen Form und muss im Grundbuch eingetragen sein. Das Stammgrundstück kann durch die Stockwerkeigentümer nur mit einstimmigem Beschluss belastet werden (648 Abs. 2 ZGB). Die Parteien müssen bei der Formulierung der Dienstbarkeit auf die Ausschliesslichkeit der Berechtigung achten. Der Eintrag «Benutzungsrecht» schliesst Dritte nicht vom Gebrauch aus.
 
     
  b) Vertragliches ausschliessliches Benutzungsrecht
Auch durch einen Vertrag (Miete, Leihe usw.) kann ein ausschliessliches Benutzungsrecht begründet werden. Die Vereinbarung kommt zwischen der Stockwerkeigentümergemeinschaft und dem Stockwerkeigentümer zustande. Ist ein Verwalter eingesetzt, so kann er zum Abschluss ermächtigt sein. Der Vertrag hat keiner Formvorschrift zu genügen. Er hat jedoch den Inhalt des ausschliesslichen Benutzungsrechts festzulegen. Um einen Vertrag zu qualifizieren, ist der Inhalt des eingeräumten Rechts massgebend. Ein zehnjähriger Mietvertrag über einen Hobbyraum ist eine wichtige Verwaltungshandlung (Art. 647b Abs.1 ZGB). Bei kurzfristigen Nutzungsverträgen handelt es sich jedoch um gewöhnliche Verwaltungshandlungen (Art. 647a ZGB), welche vom Verwalter vorgenommen werden können.
Obwohl jeder Stockwerkeigentümer, bei Abwesenheit eines Verwalters, gewöhnliche Verwaltungshandlungen selber vornehmen kann, ist er nicht ermächtigt, sich selber ein Nutzungsrecht einzuräumen. Ebenso wenig kann ein Stockwerkeigentümer mit einem anderen Stockwerkeigentümer einen dementsprechenden Vertrag abschliessen.
 
     
  c) Reglementarisch verankertes ausschliessliches Benutzungsrecht
Ein ausschliessliches Benutzungsrecht kann auch in das Reglement aufgenommen werden. Die Stockwerkeigentümerversammlung muss, vorbehältlich eines vereinbarten Einstimmigkeitserfordernisses, einen Beschluss mit qualifiziertem Mehr fällen.
 
     
  3. Inhalt des ausschliesslichen Benutzungsrechts
a) Allgemein
Dem Berechtigten wird grundsätzlich die ausschliessliche Benutzung eines Teils der Liegenschaft eingeräumt. Die Verwaltungsrechte gehen nur bei entsprechender Vereinbarung über.
Bauliche Veränderungen stehen dem Berechtigten in der Regel nicht zu. Es finden die Art. 647c ff. ZGB Anwendung. Eine entsprechende Befugnis kann jedoch erteilt werden, wenn unter anderem die Substanz der gemeinschaftlichen Teile nicht beeinträchtig und das äussere Erscheinungsbild des Gebäudes bzw. des gemeinschaftlichen Teils nicht verändert wird.
 
     
  b) Kosten und Lasten
Die Verteilung der Kosten und Lasten können die Parteien grundsätzlich frei vereinbaren. Zwingende Bestimmungen sind jedoch zu berücksichtigen. Trotz des zwingenden Charakters von Art. 712h Abs. 3 ZGB hat die Stockwerkeigentümergemeinschaft die Kosten und Lasten für einen gemeinschaftlichen Teil, der eine wichtige Rolle für das Eigentum spielt, zu tragen. Dies, obwohl er ihnen nur eingeschränkt dient. So fallen die Kosten einer im aus schliesslichen Benutzugsrecht stehenden Dachterrasse (mit Ausnahme des Bodenbelags) an die Gemeinschaft.
Der Vermieter trägt gewisse Unterhaltskosten des Mietobjektes. Bei einem durch Mietvertrag begründeten ausschliesslichen Benutzungsrecht gehen die Unterhaltskosten demgemäss zulasten der Stockwerkeigentümergemeinschaft und nicht des Berechtigten. Dies, da Art. 256 OR gemäss Lehre Art. 712h Abs.3 ZGB vorgeht.
 
     
  4. Übertragung des Rechts
Die Übertragung des ausschliesslichen Benutzungsrechts hängt von dessen Form oder des Vertragsinhaltes ab.
Eine Grunddienstbarkeit kann nur zusammen mit dem Grundstück übertragen werden. Eine selbstständige Veräusserung ist nicht möglich. Personaldienstbarkeiten sind nur übertragbar, wenn dies vereinbart wurde.
Die Übertragung eines Mietvertrags oder die Vereinbarung einer Untermiete untersteht Art. 262 ff. OR.
Das im Reglement statuierte ausschliessliche Benutzungsrecht kann vom Berechtigten auf einen anderen Stockwerkeigentümer übertragen werden, nicht jedoch auf einen Dritten. Die Errichtung einer Dienstbarkeit steht dem berechtigten Stockwerkeigentümer hingegen nicht zu.
 
     
  5. Aufhebung des Rechts
Auch die Aufhebung des ausschliesslichen Benutzungsrechts hängt von dessen Form oder des Vertragsinhaltes ab.
Die Dienstbarkeit wird in der Regel durch Löschung im Grundbuch beendet (Art. 736 oder 976 ZGB).
Die Auflösung von Mietverhältnissen erfolgt gemäss den vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen des OR.
Ein reglementarisch begründetes ausschliessliches Benutzungsrecht kann durch qualifiziertes Mehr aufgehoben werden (Art. 712g Abs. 3 ZGB). Das Recht kann dem Stockwerkeigentümer auch gegen seinen Willen entzogen werden, es handelt sich hierbei nicht um ein wohlerworbenes Recht.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
     
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