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Anfechtung des Anfangsmietzinses
* Nicole Fernandez |
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Gemäss Art. 270 Abs. 1 OR kann die Mieterschaft innert
30 Tagen nach Übernahme der Mietsache bei der Schlichtungsbehörde
den Mietzins als missbräuchlich anfechten und dessen Herabsetzung
verlangen. |
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Sowohl Mieter und Mieterinnen von
Wohnräumen als auch von Geschäftsräumen
können den Anfangsmietzins anfechten. Die
Art der Mietzinsgestaltung spielt keine Rolle;
die Anfechtung einer Index- oder Staffelmiete
ist ebenfalls möglich. Die Anfechtung des
Anfangsmietzinses erfolgt in zwei Schritten.
In einem ersten Schritt ist abzuklären, ob
die Voraussetzungen zur Anfechtung des
Anfangsmietzinses erfüllt sind. Nur wenn
dies zu bejahen ist, findet eine (materielle)
Überprüfung des Mietzinses statt. |
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1. Die Voraussetzungen für eine
Anfechtung
a) Die Mieterschaft sah sich wegen einer
persönlichen oder familiären Notlage zum
Abschluss des Mietvertrages gezwungen
(Art. 270 Abs. 1 lit. a OR).
Um zu beurteilen, ob die Mieterschaft
zum Abschluss des Mietvertrages gezwungen
war, sind alle Umstände zu berücksichtigen,
wie z.B.: Scheidung oder Trennung,
Geburt, Umzug aus Studiengründen oder
wegen des Arbeitsplatzes, finanzielle Probleme,
insbesondere mit einem hohen bisherigen
Mietzins, Schwierigkeit, eine Wohnung
auf Dauer zu finden.
b) Die Mieterschaft war zum Abschluss
des Mietvertrages wegen der Verhältnisse
auf dem örtlichen Markt für Wohnungen
oder Geschäftsräume gezwungen (Art. 270
Abs. 1 lit. a OR).
Ein Wohnungsmangel wird für diese
Anfechtung vorausgesetzt. Dieser gilt als
gerichtsnotorische Tatsache und bedarf
deshalb keines besonderen Beweises.
c) Der Mietzins ist gegenüber dem
früheren Mietzins für dieselbe Mietsache
erheblich erhöht worden (Art. 270 Abs. 1
lit. b OR).
Eine erhebliche Erhöhung ist in der Regel
eine solche von mehr als 10%. Konkret
bedeutet dies, dass die Mieter Mietzinserhöhungen
bis zu 10% auch ohne Leistungserbringung
nicht erfolgreich anfechten
können. |
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2. Das Anfechtungsverfahren
Es ist Sache der Mieterschaft, das Vorliegen
einer der Voraussetzungen der Zulässigkeit
des Anfechtungsbegehrens zu
beweisen. In der Praxis verlangt allerdings
lediglich die erste der drei vorgenannten
Voraussetzungen einen besonderen Nachweis.
Die erhebliche Erhöhung des Mietzinses
gegenüber dem Vormietzins ist nur eine
von drei Anfechtungsvoraussetzungen.
Die Anfechtung eines Anfangsmietzinses
– vor allem dann, wenn sie erfolgreich ist –
verschafft der Vermieterschaft nicht den
Anspruch, ihrerseits eine Anpassung anderweitiger
Vertragsklauseln zu verlangen.
Die Anfechtungsfrist von 30 Tagen
beginnt ab Übernahme der Mietsache zu
laufen (Art. 270 Abs. 1 OR). Das Verfahren der Anfechtung des Mietzinses wird ebenfalls
bei der Schlichtungsbehörde eingeleitet,
welche in einem ersten Schritt prüft, ob
eine der drei Anfechtungsvoraussetzungen
erfüllt ist. Falls dies der Fall ist und keine
Einigung vor der Schlichtungsbehörde
erzielt wird, ist es Sache der Mieterschaft,
das zuständige Gericht anzurufen. Während
der Dauer des Verfahrens muss die
Mieterschaft den vertraglich festgelegten
Mietzins bezahlen, weil sie andernfalls eine
ausserordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzug
riskiert.
Die Vermieterschaft muss dem Mieter
nicht zum vornherein die Berechnungsgrundlagen
des neuen Mietzinses darlegen,
falls er den Mietzins des Vormieters bekannt gibt. Erst im Falle einer Anfechtung
muss der Vermieter der zuständigen
Instanz erklären, ob er sich auf die absolute
Methode (was die Regel ist) oder die relative
Methode beruft. Er muss insbesondere
darlegen, auf welchen Grundlagen wie
beispielsweise orts- oder quartierüblicher
Mietzins oder Nettorendite etc. der angefochtene
Mietzins beruht. Innerhalb dieser
Grenzen obliegt es der Mieterschaft,
den missbräuchlichen Charakter des angefochtenen
Mietzinses zu beweisen. Allerdings
hat die Vermieterschaft an der
Beweisführung mitzuwirken und vor allem
die sich in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen
vorzulegen (Art. 8 ZGB und Art.
274d Abs. 3 OR). |
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