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Das Näherbaurecht
* Christoph Felder |
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Es kann sein, dass zwei Nachbarn ein Interesse haben,
von den gesetzlich geregelten Grenzabständen von Nachbarbauten
abzuweichen, um so eine höhere Ausnützungsziffer ihrer Grundstücke
zu erreichen. Das Gesetz sieht dazu das Institut des «Näherbaurechts» vor. |
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Gemäss § 270 Abs. 3 PBG kann durch
nachbarrechtliche Vereinbarung unter Vorbehalt
einwandfreier wohnhygienischer
und feuerpolizeilicher Verhältnisse ein
Näherbaurecht begründet werden. Mit
einem Näherbaurecht können aber nur die
gesetzlichen Abstände zwischen zwei
Nachbargrundstücken abweichend vereinbart
werden (nicht ein Zusammenbauen).
Andere Abstände wie Strassen-, Wald- und
Gewässerabstände unterliegen nicht der
nachbarlichen Verfügungsmacht, da sie
ausschliesslich öffentliche Interessen wahren.
Grenz- und Gebäudeabstände dienen
dem Schutz des jeweiligen Nachbarn vor
den Beeinträchtigungen, welche sich aus
dem Bestand und der Benutzung von Bauten
auf die Nachbargrundstücke ergeben.
Dabei handelt es sich meistens um Beeinträchtigungen
von Belichtung, Besonnung
und Aussicht und dient somit vor allem
wohnhygienischen und feuerpolizeilichen
Belangen. Durch die Gewährung eines
Näherbaurechts verzichtet der Eigentümer
teilweise auf die Ausübung dieser Rechte. |
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Wer muss zustimmen?
Zustimmungsberechtigter Nachbar ist
primär der Eigentümer. Bei Erbengemeinschaften
und bei anderen Gesamthandverhältnissen
ist im Zweifelsfall die Zustimmung
aller Mitglieder erforderlich. Bei
Miteigentums- und Stockwerkeigentümergemeinschaften
wird mangels anderweitiger
Vereinbarung nur für die Einräumung
einer Dienstbarkeit Einstimmigkeit vorausgesetzt,
ansonsten genügt gemäss Art.
647b Abs. 1 ZGB eine qualifizierte Mehrheit,
das heisst eine Mehrheit nach Kopfstimmen
sowie eine Mehrheit nach Wertquote
(Anteile). Eine Zustimmung eines
Mieters oder eines Wohnberechtigten ist –
im Gegensatz zum Baurechtsberechtigten –
nicht erforderlich. |
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Form und Zeitpunkt der Vereinbarung
Die Vereinbarung eines Näherbaurechts
ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie
kann auch mündlich vereinbart werden.
Das Näherbaurecht ist ein zweiseitiges
Rechtsgeschäft. Dies hat zur Folge, dass
die private Abstandsregelung, die von den
gesetzlichen öffentlich-rechtlichen Abständen
abweicht, nicht einseitig widerrufen
werden kann (BEZ 2001 Nr. 49).
Laut § 5 lit. 1 BVV benötigt die Baubehörde
einen Nachweis der Näherbaurechtsvereinbarung.
Es genügt eine einfache
schriftliche Erklärung des belasteten
Grundeigentümers, mit welcher sich dieser
bedingungslos und klar für die Abstandsunterschreitung
ausspricht. Der Ermessensspielraum
der Baubehörde ist dabei gross.
Mithin kann die Zustimmung auch erst später eingereicht werden. Das Näherbaurecht
muss aber wie andere Bauvoraussetzungen
spätestens im Zeitpunkt der Baubewilligung
nachgewiesen sein. Daher kann
eine bereits vorgängig eingereichte Zustimmung
jederzeit bis zur Erteilung der Baubewilligung
zurückgezogen werden. Die Baubehörde
wird dann das Verfahren sistieren,
bis die Rechtslage geklärt ist. |
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Anmerkung im Grundbuch
Grundsätzlich muss ein Näherbaurecht
nicht im Grundbuch angemerkt werden
(BEZ 1995 NR. 17). Haben die Parteien
aber nur ein einseitiges Näherbaurecht
gewährt, hat der später bauende Nachbar
seinerseits den gesetzlichen Gebäudeabstand
zu wahren. Wollen sich die Parteien
nun gegenseitig ein Näherbaurecht einräumen,
baut aber nur einer, so drängt sich die
Eintragung einer Dienstbarkeit im Grundbuch
auf. Auf diese Weise kann sich der
später Bauende ebenfalls auf das ihm
gewährte Näherbaurecht berufen. Der
Dienstbarkeitsvertrag muss nach Art. 680
Abs. 2 ZGB beim zuständigen Notariat
öffentlich beurkundet werden. Dadurch
erlangt er eine dingliche Wirkung, was zur
Folge hat, dass das Näherbaurecht nicht
nur den gegenwärtigen, sondern auch den
künftigen Eigentümern entgegengehalten
werden kann. |
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