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Kein Lärm-Gehör für Ostanflüge
* Martin Byland |
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Ein in Kloten wohnhafter Stockwerkeigentümer hat im Rekursverfahren
wegen der Fluglärmbelastung der Ostanflüge einen um 40% reduzierten
Eigenmiet- und Vermögenssteuerwert 2001 durchsetzen wollen. Die
Rekurskommission hat gestützt auf ein Expertengutachten den Rekurs
nicht nur abgewiesen, sondern die Vermögenssteuerbewertung um 41%
erhöht1). Auch wenn der Entscheid noch nicht rechtskräftig ist, so stellt er
doch ein Beispiel dar, dass solche Verfahren ins Auge gehen können … |
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Der betroffene Steuerpflichtige ist Eigentümer
einer im Jahre 1996 erbauten 51⁄2-
Zimmer-Wohnung am östlichen Ortsrand
von Kloten. Vor der Steuerrekurskommission
III beantragte er für das Steuerjahr 2001
einen Eigenmietwert von 13 740.– anstatt
Fr. 22 900.– und einen Vermögenssteuerwert
von Fr. 250 000.– statt Fr. 417 000.–.
Der Pflichtige begründete die Reduktion
damit, dass die Liegenschaft seit Oktober
2001 insbesondere wegen der verstärkten
Flugbewegungen zur Nachtzeit stärkeren
Lärmimmissionen ausgesetzt sei. Zudem
habe der Left Turn über Kloten auch tagsüber
eine dauernde Lärmbelastung gebracht.
Diese Entwicklung sei bei der Festsetzung
der Formelwerte noch nicht berücksichtigt
worden. Ein vom Steuerpflichtigen beigezogener
Architekt habe den Marktmietwert
auf Fr. 26 760.– und den Verkehrswert auf
Fr. 355 000.– geschätzt.
Das kantonale Steueramt stellte sich demgegenüber
auf den Standpunkt, es handle
sich beim zusätzlichen Flugverkehr nicht um
ein ausserordentliches Ereignis, welches eine
Reduktion rechtfertigen würde. Die vorliegende
Bewertung der Weisung 1999 basiere
auf den Landwerten der Jahre 1997 und
1998. Anlässlich von Überprüfungen in den
Jahren 2001 und 2002 anhand aktueller Preise
hätten sich keine Hinweise auf markante
Preisbewegungen ergeben. Im Fall einer
wesentlichen Änderung der Lärmsituation in
Kloten komme – mit Wirkung für die Zukunft
– eine Revision der Lageklassen in Betracht,
doch dürfe die «Grundmechanik der Weisung
1999» nicht in Frage gestellt werden. |
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Interessantes zum Expertengutachten
Der von der Rekurskommission beauftragte
Gutachter ermittelte gestützt
auf die computergestützte hedonische Methode2) für die fragliche Eigentumswohnung
per Ende 2001 einen Verkehrswert von
Fr. 590 000.– und einen Marktmietwert von Fr. 27 828.–3). Der Fluglärm wirke sich mit
einer Reduktion von 7,5% beim Mietwert
weniger aus als beim Verkehrswert, wo der
Abschlag rund 17% ausmache. Unter Bezugnahme
auf ökonometrische und ausländische
Bewertungsmodelle führte der Gutachter aus,
der ständige Anstieg der Landwerte in Kloten
bedeute nicht, dass der Fluglärm zu keiner
Entwertung führe; vielmehr nehme der Markt
den Lärm zugunsten von anderen Standortfaktoren
in Kauf.
In ihrem Urteil würdigt die Rekurskommission
das Gutachten als insgesamt vollständig,
klar, gehörig begründet und widerspruchslos,
weshalb darauf abzustellen sei. Insbesondere
die Anwendung des hedonischen Ansatzes
sei nicht zu beanstanden, da sich diese in der
praktischen Anwendung kaum von der herkömmlichen
Vergleichsmethode unterscheide.
Beide Verfahren würden die preisbestimmenden
Eigenschaften von Gebäuden,
Grundstücken und deren Umgebung berücksichtigen
und quantifizieren. Daran ändere
auch der Umstand nichts, dass die rückwirkende
Bewertung des Lärms nicht einfach sei.
Massgebend für die Bestimmung der mutmasslich
erzielbaren Miete und des hypothetischen
Verkehrswerts eines Grundstücks sei
jedoch nicht der gemessene Lärm, sondern
die Reaktion des Marktes darauf. Demgegenüber
stellten die vom Steuerpflichtigen
vorgelegte Schätzung wie auch das Zumiker
Gutachten des HEV 4) blosse Parteibehauptungen
dar, aus denen sich nichts ableiten lasse. |
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Der (unerwartete) Entscheid
Die Steuerrekurskommission beschied,
dass die Marktmiete für das Jahr 2001 entsprechend
dem Gutachten auf Fr. 27 828.– zu
schätzen sei. Nach den langjährigen Erfahrungen
der Kommission erscheine dieser Wert
für eine komfortable Neubauwohnung mit
rund 150 m2 Nettowohnfläche und Anlagekosten
von rund Fr. 780 000.– (Kaufpreis
Fr. 680 000.– und Investitionen von
Fr. 100 000.–) bescheiden; denn in der Agglomeration
Zürich lägen die Mietkosten fast
durchwegs über Fr. 200.–/m2 und Jahr. Der
dem Einspracheentscheid zugrunde liegende
Formel-Eigenmietwert von Fr. 22 900.– belaufe
sich somit auf gut 82% der Marktmiete
und liege daher in der zulässigen Bandbreite
zwischen 60% und 90%, sodass der Rekurs
diesbezüglich abzuweisen sei.
Hingegen sei zu Ungunsten des Steuerpflichtigen
der Vermögenssteuerwert um
Fr. 173 000.– auf Fr. 590 000.– zu erhöhen,
da das Zürcher Verwaltungsgericht erkannt
habe, dass der durch individuelle Schätzung
ermittelte Verkehrswert dem Vermögenssteuerwert
zu entsprechen habe.5) |
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Kommentar
Die Zusammenfassung der Zahlen macht
deutlich, was Schätzen heisst: Während sich
die Anlagekosten der Eigentumswohnung im
Jahre 1996 auf Fr. 780 000.– beliefen, bewertete
der Experte die Liegenschaft nach
Beginn der Ostanflüge im Jahr 2001 mit
Fr. 590 000.– (= –24,3%), wogegen der vom
Steuerpflichtigen beauftragte Architekt einen
Wert von Fr. 355 000.– errechnete. Demgegenüber
hatte das Steueramt die Eigentumswohnung
basierend auf der Weisung
1999 mit einem Steuerwert von
Fr. 417 000.– veranlagt. Während die Rechtsprechung
nur beim Eigenmietwert einen
Abschlag vom Marktwert zulässt, gilt beim Vermögen grundsätzlich die Formel Steuerwert
= effektiver Marktwert 6). Ein tieferer
Wert wird nur im Rahmen einer ungenaueren
Formelwertmethode in Kauf genommen, um
Bewertungen von über 100% zu vermeiden.
In Fällen wie im vorliegenden kann diese
Rechtsprechung somit dazu führen, dass der
Steuerpflichtige, der es genauer wissen will,
mit einem um 41% höheren Vermögenssteuerwert
«bestraft» wird. Ab 2003 wird diese
Benachteiligung insofern tiefer ausfallen, als
dass mit der geänderten gesetzlichen Grundlage
von § 39 Abs. 4 StG in diesen Fällen der
Steuerwert auf 90% des Marktwertes festzusetzen
ist. |
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1 |
Urteil der Steuerrekurskommission III vom
12. April 2005 unter www.strk.zh.ch Rubrik
Service/Aktuelles |
2 |
Hedonische Methode: Berechnung anhand
von zahlreichen Kriterien, die mit Hilfe von
umfangreichen Datenbanken nach ihrem
Werteinfluss gewichtet werden. Aus wenigen
variablen Parametern wird in Abhängigkeit zu
den gespeicherten Daten ein Wert errechnet. |
3 |
Wohnung plus Parkplatz ohne monatliche
Nebenkosten von Fr. 280.-, da Entgelt für
Leistungen des Vermieters. |
4 |
www.hev-zh.ch/aktuell/fluglaerm/einsprachen.html |
5 |
Urteil des Verwaltungsgerichtes vom
21. Mai 2003 (STE 2004 B 52.21 Nr. 9). |
6 |
BGE 128 I 240 E. 3.4.2. |
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* lic. iur. Rechtsanwalt, TBO Treuhand AG, Zürich |
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