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HEV 8/2005 Inhaltsverzeichnis
Umwelt

     
  Kirchenglocken; Lärm oder Brauch?
* Cornel Tanno
 
     
  Das Kirchgeläut in aller Herrgottsfrühe hat schon vielen Anwohnern den Schlaf geraubt. In früheren Entscheiden hatte sich das Bundesgericht gefragt, ob das Frühgeläut als Lärm gelte und somit das Umweltschutzgesetz massgebend sei.  
     
  In vorliegendem Fall ging es aber nicht um das Läuten zu Gottesdiensten, die einen gewissen Schutz durch die Bundesverfassung geniessen. Das Thema sind vielmehr der Viertelstunden- und der Stundenschlag während der Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr.
Der reklamierende Anwohner empfand das Geläut und den Glockenschlag als derart laut, dass Telefongespräche unterbrochen und erst alle Fenster geschlossen werden mussten. Bei offenem, aber auch bei gekipptem Fenster erwache man nachts immer wieder wegen des Zeitschlags.
Das darüber zu befindende Gericht kam nach Einholen eines Gutachtens zu folgendem Resultat:
In seiner Interpretation des Gutachtens kam das Verwaltungsgericht zum Schluss, der Glockenschlag sei keine «erhebliche» Störung im Sinne des Umweltschutzgesetzes. Denn die fragliche Wohnung liege in einer Wohnzone mit Gewerbeerleichterung und in der Empfindlichkeitsstufe III. Deshalb sei der Bevölkerung «ein gewisses Mass an Beeinträchtigung zuzumuten». Geringfügige Störungen seien hinzunehmen, da zum Beispiel auch mit Lärm von Gaststätten oder Unterhaltungslokalen zu rechnen sei.
Zudem ist der Glockenschlag ein Geräusch, das von den meisten Menschen «grundsätzlich positiv bewertet» werde. Der Zeitschlag sei ein jahrhundertealter Brauch, der bei einem erheblichen Teil der Bevölkerung «auch heute noch fest verankert oder zumindest akzeptiert» sei.
Das Gericht kam sodann zum Schluss, dass das Kirchgeläut als «Teil des kulturellen Erbes» zu akzeptieren sei.
Der betroffene Anwohner konnte sich mit dem Ergebnis des Richterspruches nicht einverstanden erklären und wird den Fall ans höchste schweizerische Gericht weiterziehen. Man darf auf deren Urteil gespannt sein.
 
     
  * lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich  
     
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