Hauseigentümerverband Zürich
Monatsschrift
Home
Verband
Veranstaltungen Seminare
Monatsschrift
Formulare
Handwerker
Links
HEV 8/2005 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Die Zumutbarkeit des Ersatzmieters
* Björn Kernen
 
     
  Bei der vorzeitigen Rückgabe der Mietsache hat der ausziehende Mieter einen dem Vermieter zumutbaren Ersatzmieter zu stellen. Bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit ist auf einen durchschnittlichen, vernünftigen und korrekt denkenden Vermieter abzustellen. Der Ersatzmieter muss im Vergleich zum ausziehenden Mieter gleichartig oder gleichwertig sein. Dem Vermieter darf durch die vorzeitige Rückgabe keinen Nachteil erwachsen.  
     
  Allgemeines
Gibt der Mieter die Mietsache zurück, ohne Kündigungsfrist oder -termin einzuhalten, so hat er einen dem Vermieter zumutbaren neuen Mieter vorzuschlagen, um sich von seinen Verpflichtungen zu befreien (Art. 264 Abs. 1 OR). Die Zumutbarkeit als unbestimmter Rechtsbegriff gibt dem Richter in der Beurteilung von Einzelfällen einen weitgehend offenen Beurteilungsmassstab zur Hand.
Die Zumutbarkeit lässt sich nur an der Grenze des Unzumutbaren bestimmen. Unzumutbarkeit ist erreicht, wenn das Verhalten einer Person, die Person selber oder eine bestimmte Situation eine Schwelle erreicht, welche für einen anderen einen unerträglichen Zustand bedeutet. Als unerträglich gilt ein Zustand, wenn etwas von einem Betroffenen schlechterdings nicht verlangt werden kann. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist bloss auf die Person und die Interessen des Vermieters abzustellen. Die Interessen des Mieters bleiben unberücksichtigt. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Art. 264 Abs. 1 OR, «einen für den Vermieter zumutbaren neuen Mieter».
Nach Lehre und Rechtsprechung ist umstritten, ob die Zumutbarkeit nach objektiven oder subjektiven Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Grundsätzlich ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf einen durchschnittlichen, vernünftigen und korrekt denkenden Vermieter abzustellen. Die Überempfindlichkeit eines konkreten Vermieters wird nicht geschützt. Wohnt der Vermieter in demselben Objekt, so sind strengere Anforderungen an die Zumutbarkeit zulässig. Trotzdem wird diesfalls nicht von einer subjektiven Sichtweise gesprochen, würde doch ein jeder Vermieter einen strengeren Massstab anlegen.
 
     
  Kriterien
Der Ersatzmieter ist zumutbar, falls nicht wichtige Gründe für seine Ablehnung vorliegen. Dabei sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls massgeblich. Unzumutbarkeit für den Vermieter liegt vor, wenn ernsthafte Gründe vorliegen, die dem Vermieter tatsächliche, konkrete Nachteile in Aussicht stellen. Blosse Befürchtungen, persönliche Antipathien oder eine objektiv unbegründete, negative Einstellung des Vermieters zu bestimmten Mieterkreisen sind unbeachtlich. An den Ersatzmieter dürfen keine höheren Anforderungen gestellt werden als an den ausziehenden Mieter. Der Ersatzmieter muss im Vergleich zum ausziehenden Mieter gleichartig oder gleichwertig sein. Dem Vermieter darf durch die vorzeitige Rückgabe kein Nachteil erwachsen.
 
     
  a) künftiger Gebrauch
Massgeblich für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist zudem der vom Ersatzmieter vorgesehene künftige Gebrauch der Sache. Was zumutbar ist, ergibt sich aus der konkreten Art und Weise, wie der ausscheidende Mieter und der Vermieter das Mieterverhältnis innerhalb der Schranken von Gesetz und bestehendem Mietvertrag gelebt haben. Von Bedeutung sind daher der Mietgegenstand, der Gebrauchszweck, die Gebrauchsmodalität und die für den Mieter erkennbaren Gründe, die den Vermieter zum Vertragsabschluss bewogen.
 
     
  b) Person des Ersatzmieters
Der Ersatzmieter hat in persönlicher Hinsicht gewissen Anforderungen zu genügen. Er hat in das Miethaus und zu dessen Bewohnern zu passen. Der Vermieter darf jedoch nicht höhere Anforderungen an den Ersatzmieter als an den ausziehenden Mieter stellen. Auf den ideal erscheinenden Ersatzmieter besteht kein Anspruch. Im Einzelnen fallen etwa folgen Kriterien in Betracht:
 
 
Mietobjekt
Familiengrösse
Alter
bestehende Mieterzusammensetzung
Charakter der Mitmieter
 
     
  Nie kann die Nationalität, die Rasse, die ausländerrechtliche Stellung oder die Religion zu einer Ablehnung des Nachmieters führen.  
     
  Beispiele aus Lehre und Rechtsprechung
Obgleich bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf den Einzelfall abzustellen ist, geben Beispiele aus Rechtsprechung und Lehre hilfreiche Anhaltspunkte.
 
     
  Zumutbarkeit bejaht:  
 
Mieter bewohnt alleine eine Dreizimmerwohnung, Ersatzmieter sind zu zweit.
Jugendliches Alter, Geschlecht, Zivilstand oder Beruf eines Ersatzmieters sind im Allgemeinen keine Ablehnungsgründe.
Ausländer mit gültiger Niederlassungsbewilligung.
 
     
  Verneinung der Zumutbarkeit:  
 
Mieträume wurden als Büros genutzt, Ersatzmieter will sie zu Wohnzwecken.
Mieter betreibt ein Architekturbüro in einem Bürogebäude, der Ersatzmieter hat einen Druckereibetrieb.
In ruhiger Wohnlage ist ein Ersatzmieter, der Musikunterricht erteilt oder als Berufsmusiker regelmässig in der Wohnung übt, nicht zumutbar.
Die Familie des Ersatzmieters ist bedeutend grösser als die des ausziehenden Mieters.
Junggeselle schlägt Familie mit vier Kindern als Ersatzmieter vor.
Dreipersonenhaushalt will als Ersatzmieter eine Zweizimmerwohnung beziehen.
In ein Miethaus mit ausschliesslich älteren Leuten will eine Wohngemeinschaft mit drei jungen Männern einziehen.
 
     
  Stellt der Mieter einen nicht zumutbaren Ersatzmieter, so vermag er sich nicht aus dem Rechtsverhältnis zu befreien. Der Vermieter kann auf die Stellung eines zumutbaren Ersatzmieters beharren.  
     
  * lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich  
     
Inhaltsverzeichnis Seitenanfang