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Die Auswirkung einer Handänderung
auf Mietverträge
* Christoph Felder |
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Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie eine Handänderung
einer Sache bewirkt werden kann: durch Kauf/Verkauf,
Schenkung, Tausch oder auch Einlage der Sache in eine
Gesellschaft. Handelt es sich bei der Sache um eine unbewegliche,
braucht es, damit die Handänderung gültig vollzogen
werden kann, eine öffentliche Beurkundung des Vertrages durch
eine Urkundsperson. Ab dem Zeitpunkt der Eintragung im
Grundbuch kann der Erwerber sodann über das erworbene Eigentum
verfügen. |
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Den Wechsel der Eigentümerschaft und
dessen Auswirkung auf ein bestehendes
Mietverhältnis regelt der Gesetzgeber in
Art. 261 ff. OR. Veräussert der Vermieter
die Sache nach dem Abschluss des Mietvertrages
oder wird sie ihm in einem
Schuld- oder Konkursverfahren entzogen,
so geht das Mietverhältnis mit dem Eigentum
an der Sache auf den Erwerber über
(Art. 261 Abs. 1 OR). Der Erwerber übernimmt
damit alle Rechte und Pflichten,
welche auf der Sache lasten, von Gesetzes
wegen, somit auch einen allfälligen Mietvertrag.
Zu erwähnen sind noch einige
Besonderheiten: |
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Erwerber tritt auch in ein gekündigtes
oder bereits erstrecktes Mietverhältnis
ein. |
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Erwerber ist an Sperrfristen nach Art.
271a Abs. 1 lit. e OR gebunden. Diese
gelten ausnahmsweise nur nicht, wenn
er nach Art. 261 Abs. 2 OR das Mietverhältnis
ausserordentlich aufgrund eines
dringenden Eigenbedarfs kündigt (Art.
271a Abs. 2 lit. a OR), wie im Übrigen
auch für Kündigungen nach Art. 257d
OR (Zahlungsverzug) und Art. 257f OR
(Sorgfalts- und Rücksichtsnahmepflichtverletzung)
nicht. |
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Vollzieht sich der Eigentümerwechsel
während eines hängigen Schlichtungsoder
Gerichtsverfahren, welches Ansprüche
aus dem Mietverhältnis zum
Gegenstand hat, so tritt der Erwerber
kraft Gesetz ab dem Zeitpunkt des
Eigentumsübergangs als neuer Vermieter
in das Verfahren ein, soweit der
Sachverhalt des Verfahrens sich auch
nach dem Parteiwechsel auf das Mietverhältnis
auswirken vermag (z.B. Mietzinserhöhungen,
Beseitigung eines
bestehenden Mangels, Kündigung des
Veräusserers und Erstreckung). |
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Position des Mieters
Auf der anderen Seite hat der Erwerber
gegenüber dem Mieter den Anspruch, dass
dieser ihm alle aus dem Mietvertrag mit
dem Veräusserer vereinbarten Pflichten
einhält (z.B. Bezahlung des Mietzinses, Einhaltung
der Hausordnung). Hinsichtlich des
Mietzinses ist festzuhalten, dass, obwohl der Erwerber grundsätzlich das Mietverhältnis
mit allen Rechten und Pflichten
übernimmt, also auch mit dem bisherigen
Mietzins, es ihm trotzdem nicht verwehrt
bleibt, diesen anzupassen. Dabei kann er
nach der absoluten Mietzinsberechnungsmethode
vorzugehen. Bei der absoluten
Methode ist der Mietzins das Ergebnis
einer Momentaufnahme. Die frühere Mietzinsgestaltung
wird nicht berücksichtigt
(deshalb absolut). Absolute Anpassungsgründe
sind das Recht des Eigentümers auf
eine angemessene Nettorendite, eine
kostendeckende Bruttorendite (nur bei
neueren Bauten) oder einen orts- und
quartierüblichen Mietzins zu verlangen.
Nach dem soeben Erwähnten übernimmt
der Erwerber mit dem Mietvertrag
auch die vertragliche Mietdauer. Das
Gesetz gibt dem Erwerber aber die Möglichkeit,
das Mietverhältnis bereits vor
Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragsdauer
zu kündigen. |
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Kündigung?
Gemäss Art. 261 Abs. 2 OR kann aber
der neue Eigentümer bei Wohn- und
Geschäftsräumen das Mietverhältnis mit
der gesetzlichen Frist (3 bzw. 6 Monate)
auf den nächsten gesetzlichen Termin
(Ortsüblichkeit) kündigen, wenn er einen
dringenden Eigenbedarf für sich oder nahe
Verwandte oder Verschwägerte geltend
macht. Der Eigenbedarf muss aktuell, ausgewiesen
und ernsthaft sein. Dem Erwerber
darf es dabei aus wirtschaftlichen und
persönlichen Gründen nicht zumutbar sein,
auf die Benutzung des erworbenen und
vermieteten Objekts für längere Zeit zu
verzichten. Hier gilt es aber zu erwähnen,
dass der Richter oder die Schlichtungsbehörde
auch bei einem ausgewiesenen
Eigenbedarf dem Mieter eine Erstreckung
nach Art. 272 gewähren kann. Die Frage,
ob die Kündigung wegen dringenden
Eigenbedarfs gegen Art. 271 Abs. 1 OR
(Treu und Glauben) verstösst, ist strikte von
der Erstreckung des Mietverhältnisses zu
trennen. Das eine betrifft die Gültigkeit der
Kündigung, während bei der Erstreckung,
nachdem die Gültigkeit der Kündigung
festgestellt wurde, lediglich eine grosse
Härtesituation des Mieters abgefedert werden
soll. |
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Schadenersatz
Kündigt der Erwerber das vom Veräusserer
übernommene Mietverhältnis früher,
als es der Vertrag vorsieht, so haftet der
bisherige Eigentümer dem Mieter für allen
daraus entstehenden Schaden (Art. 261
Abs. 3 OR). Der Schadenersatzanspruch
des Mieters beginnt von dem Tag, an
dem er das Mietobjekt dem Erwerber
gemäss Kündigung zurückgeben muss,
und endet mit dem Zeitpunkt, an dem das
Mietverhältnis ordentlich hätte aufgelöst
werden können. In sachlicher Hinsicht
definiert sich der Schadensanspruch folgendermassen:
Der Schaden besteht in der
Differenz zwischen dem gegenwärtigen
Vermögensstand und dem Vermögensstande,
wie er ohne die vorzeitige Kündigung
wäre. Geschuldet ist somit nur der
unfreiwillig und effektiv erlittene Schaden.
Dieser kann beispielsweise in den Umzugskosten,
in der Differenz zwischen altem
und neuem Mietzins, im Ersatz für unvermeidliche
Anpassungen oder Ersatzbeschaffungen
oder dem Gewinn, den der
Mieter am alten Ort bis Ablauf der
regulären Mietdauer erzielt hätte, abzüglich
dem Gewinn, den er am neuen Ort
erzielt, bestehen.
Um einem möglichen Schadeneratzanspruch
des Mieters vorzugreifen, lohnt es sich als Verkäufer deshalb, vertraglich zu
formulieren, dass der Erwerber auf sein
Recht, ausserordentlich zu kündigen, verzichtet.
Der in Art. 261 Abs. 1 OR erwähnte
schuld- oder konkursrechtliche Entzug ist
dem rechtsgeschäftlichen gleichgestellt.
Der Eigentumsübergang erfolgt mit dem
Zuschlag bei der Versteigerung. In den
Steigerungsbedingungen kann mithin vorgesehen
sein, dass ein bestehendes Mietverhältnis
auf den Erwerber übergeht.
Auch in einem solchen Falle entsteht nach
einer Kündigung des Erwerbers nach Art.
261 Abs. 2 OR – wie oben ausgeführt – ein
Schadenersatzanspruch des Mieters gegen
den ehemaligen Eigentümer. |
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Vorgemerkte Mietverträge
Wie sind nun die Auswirkungen der
Handänderung auf im Grundbuch vorgemerkte
Mietverträge? Eine Vormerkung
bewirkt, dass jeder neue Eigentümer dem
Mieter gestatten muss, das Mietobjekt entsprechend
dem Mietvertrag gebrauchen zu
dürfen (Art. 261b OR). Hinsichtlich der
gültigen Vormerkung genügt es, wenn die
Parteien dem Grundbuchamt eine schriftliche
Erklärung einreichen, welche sich darüber
ausspricht, dass das Mietverhältnis im
Grundbuch vorgemerkt werden soll. Durch
die Vormerkung wird das Gebrauchsrecht
des Mieters eine Realobligation, was
bedeutet, dass sie gegenüber jedermann
(und somit auch gegenüber jedem Erwerber)
Gültigkeit besitzt. Eine Ausnahme gilt
nur für solche Personen, welche im Besitz
eines vor der Vormerkung entstandenen
beschränkt dinglichen Rechts sind und der
Vormerkung nicht zugestimmt haben (häufig
Grundpfandgläubiger). Diese können,
falls es zu einer Verwertung des Eigentums
des Veräusserers kommt, den Doppelaufruf
verlangen. |
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