Hauseigentümerverband Zürich
Monatsschrift
Home
Verband
Veranstaltungen Seminare
Monatsschrift
Formulare
Handwerker
Links
HEV 10/2005 Inhaltsverzeichnis
Nachbarrecht

     
  Das Kapprecht
* Cornel Tanno
 
     
  Seit jeher werden auf Grundstücken Bäume und Sträucher gepflanzt, sei es zur Verschönerung, um sich Privatsphäre oder Schatten zu sichern oder zur Fruchtgewinnung. Dabei ist es unvermeidbar, dass Äste oder das Wurzelwerk über die Grundstücksgrenze ins benachbarte Grundstück eindringen. Wie kann sich nun ein Grundbesitzer gegen die störenden Äste vom Nachbargrundstück zur Wehr setzen?
Nach Art. 687 Abs. 1 ZGB kann der Nachbar überragende Äste und Wurzeln, wenn sie sein Eigentum schädigen und auf seine Beschwerde hin nicht binnen angemessener Frist beseitigt werden, kappen und für sich behalten. Das Gesetz gewährt dem gestörten Nachbarn ein Selbsthilferecht, das so genannte Kapprecht.
Eine Kappung ist jedoch nur dann zulässig, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, so kann der Nachbar für eine Beschädigung der Pflanze sowohl zivilrechtlich (Schadenersatz) als auch strafrechtlich (Sachbeschädigung) zur Rechenschaft gezogen werden. Im Folgenden werden die Voraussetzungen des Kapprechts im Einzelnen dargestellt.
Das Kapprecht setzt zunächst eine Schädigung durch die überragenden Äste voraus. Ein solcher Schaden liegt dann vor, wenn die Äste auf dem Nachbargrundstück eine erhebliche Beeinträchtigung bewirken. Einwirkungen durch Laubfall oder Fallobst stellen in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne vorerwähnter gesetzlicher Bestimmung dar. Auch ein Schattenwurf durch überragende Äste oder die Behinderung der Aussicht wird im Regelfall keine übermässige Beeinträchtigung darstellen.
Eine massgebliche Beeinträchtigung ist demgegenüber in einer erheblichen Störung der Bewirtschaftung des Grundstückes zu sehen, wie z.B. beim Pflügen, Setzen oder Ernten. Eine derartige Beeinträchtigung ist ebenso anzunehmen, wenn der Nachbar in der Benützung von Parkplätzen, Strassen und Wegen behindert wird.
Liegt nun eine erhebliche Beeinträchtigung im gerade umschriebenen Sinne vor, muss sich der Nachbar vorerst beim Pflanzeneigentümer beschweren. Er muss ihn auffordern, die störenden Pflanzen zu beseitigen. Er hat dem Pflanzeneigentümer eine angemessene Frist anzusetzen, um die Beeinträchtigungen zu beseitigen. Dabei soll aber auf die natürliche Vegetationszeit und eine allfällige Bewirtschaftung der betroffenen Pflanze Rücksicht genommen werden.
Unterlässt es der Pflanzeneigentümer, die überragenden Äste innert der gesetzten Frist zu beseitigen, so kann der Nachbar die Kappung selbst vornehmen. Dabei dürfen aber nur so viele Äste gekappt werden, als zur Beseitigung der Beeinträchtigung notwendig sind. Die Äste dürfen allerhöchstens bis zur Grundstücksgrenze zurückgeschnitten werden. Die Kappung ist auch dann zulässig, wenn die störende Pflanze dadurch Schaden erleidet oder sogar abstirbt.
Die abgeschnittenen Äste darf der Nachbar behalten. Er kann sie aber auch auf das andere Grundstück hinüberwerfen. Allfällige Kosten für die Kappung muss hingegen der Nachbar selbst tragen.
 
     
  * lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich  
     
Inhaltsverzeichnis Seitenanfang