Hauseigentümerverband Zürich
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HEV 11/2005 Inhaltsverzeichnis
Vom Bauen

     
  Überragende Bauten
* Björn Kernen
 
     
  Hält ein Nachbar beim Bauen unberechtigterweise die Grenzen nicht ein, so kann er unter Umständen das Eigentum am überbauten Boden oder die Einräumung einer entsprechenden Dienstbarkeit verlangen. Dieser Anspruch hat der Berechtigte zu entschädigen. Der in seinem Eigentum verletzte Grundeigentümer kann die Beseitigung der Baute nur verlangen, wenn er rechtzeitig Einsprache erhebt.  
     
  Allgemein
Bauten und Vorrichtungen, die von einem Grundstück auf ein anderes hinüberragen, sei es direkt auf der Bodenfläche, darüber oder darunter, sind aufgrund des Akzessionsprinzips Bestandteil dessen. Art. 674 ZGB ermöglicht es den Beteiligten, das Eigentum an derartigen Objekten in Durchbrechung des Akzessionsprinzips mittels einer Dienstbarkeit auf den Eigentümer des jeweiligen Grundstücks zu ordnen, von dem der Überbau erfolgt. Es handelt sich um eine sogenannte Überbaurechtsdienstbarkeit, welche nicht mit dem Baurecht gleichzusetzen ist. Dieser wie auch der Baurechtsdienstbarkeit (Art. 675 ZGB) ist die Durchbrechung des Akzessionsprinzips gemeinsam. Sie unterscheiden sich jedoch dahingehend, dass beim Überbaurecht eine bautechnische oder funktionale Abhängigkeit des Objekts auf dem fremden Grundstück von einer Baute auf dem berechtigten Grundstück besteht.
Die Grunddienstbarkeit entsteht durch einen schriftlichen Vertrag zwischen den Parteien oder durch ein entsprechendes Gestaltungsurteil des Richters und bedarf der Eintragung im Grundbuch.
 
     
  Voraussetzungen
Der Anspruch auf die Einräumung eines Überbaurechts besteht, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Der Überbau muss unberechtigt erstellt worden sein. Der in seiner Rechtsposition Verletzte kann die Beseitigung nur verlangen, wenn er rechtzeitig Einsprache erhebt. Dem ist Genüge getan, falls er im Zeitpunkt der äusseren Erkennbarkeit des Überbaues beim Bauenden reklamiert. Zusätzlich muss der Überbauende im guten Glauben handeln. Durfte dieser ohne grobe Fahrlässigkeit das Recht zum Bauen annehmen, so ist der gute Glaube gegeben. Als Letztes ist erforderlich, dass die Einräumung des Überbaurechts unter Berücksichtigung der konkreten Umstände als gerechtfertigt erscheint. Der Richter entscheidet nach Billigkeit, wobei die Grösse des Überbaus im Verhältnis zum Bodenwert oder die Dauer des Bestehens hauptsächlich massgeblich ist.
 
     
  Entschädigung
Der Berechtigte schuldet dem belasteten Grundeigentümer eine angemessene Entschädigung für die Einräumung des Überbaurechts bzw. für die Zuweisung des Eigentums am Boden. Die Erfüllung dieser Schuldpflicht ist nicht Anspruchsvoraussetzung. Bei dessen Berechnung ist der beidseitigen Interessenlage Rechnung zu tragen.
 
     
  * lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich  
     
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