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Überragende Bauten
* Björn Kernen |
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Hält ein Nachbar beim Bauen unberechtigterweise die Grenzen
nicht ein, so kann er unter Umständen das Eigentum am überbauten
Boden oder die Einräumung einer entsprechenden Dienstbarkeit
verlangen. Dieser Anspruch hat der Berechtigte zu entschädigen.
Der in seinem Eigentum verletzte Grundeigentümer kann die Beseitigung
der Baute nur verlangen, wenn er rechtzeitig Einsprache erhebt. |
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Allgemein
Bauten und Vorrichtungen, die von einem
Grundstück auf ein anderes hinüberragen, sei
es direkt auf der Bodenfläche, darüber oder
darunter, sind aufgrund des Akzessionsprinzips
Bestandteil dessen. Art. 674 ZGB ermöglicht
es den Beteiligten, das Eigentum an derartigen
Objekten in Durchbrechung des
Akzessionsprinzips mittels einer Dienstbarkeit
auf den Eigentümer des jeweiligen Grundstücks
zu ordnen, von dem der Überbau
erfolgt. Es handelt sich um eine sogenannte
Überbaurechtsdienstbarkeit, welche nicht
mit dem Baurecht gleichzusetzen ist. Dieser
wie auch der Baurechtsdienstbarkeit (Art.
675 ZGB) ist die Durchbrechung des Akzessionsprinzips
gemeinsam. Sie unterscheiden
sich jedoch dahingehend, dass beim Überbaurecht
eine bautechnische oder funktionale
Abhängigkeit des Objekts auf dem fremden
Grundstück von einer Baute auf dem
berechtigten Grundstück besteht.
Die Grunddienstbarkeit entsteht durch
einen schriftlichen Vertrag zwischen den Parteien
oder durch ein entsprechendes Gestaltungsurteil
des Richters und bedarf der Eintragung
im Grundbuch. |
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Voraussetzungen
Der Anspruch auf die Einräumung eines
Überbaurechts besteht, wenn die gesetzlichen
Voraussetzungen kumulativ erfüllt
sind. Der Überbau muss unberechtigt
erstellt worden sein. Der in seiner Rechtsposition
Verletzte kann die Beseitigung nur
verlangen, wenn er rechtzeitig Einsprache
erhebt. Dem ist Genüge getan, falls er im
Zeitpunkt der äusseren Erkennbarkeit des
Überbaues beim Bauenden reklamiert.
Zusätzlich muss der Überbauende im guten
Glauben handeln. Durfte dieser ohne grobe
Fahrlässigkeit das Recht zum Bauen annehmen,
so ist der gute Glaube gegeben. Als
Letztes ist erforderlich, dass die Einräumung
des Überbaurechts unter Berücksichtigung
der konkreten Umstände als gerechtfertigt
erscheint. Der Richter entscheidet nach
Billigkeit, wobei die Grösse des Überbaus
im Verhältnis zum Bodenwert oder die
Dauer des Bestehens hauptsächlich massgeblich
ist. |
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Entschädigung
Der Berechtigte schuldet dem belasteten
Grundeigentümer eine angemessene Entschädigung
für die Einräumung des Überbaurechts
bzw. für die Zuweisung des
Eigentums am Boden. Die Erfüllung dieser
Schuldpflicht ist nicht Anspruchsvoraussetzung.
Bei dessen Berechnung ist der beidseitigen
Interessenlage Rechnung zu tragen. |
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* lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich |
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