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Die Prozessfähigkeit der
Stockwerkeigentümergemeinschaft
* Björn Kernen |
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Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer erwirbt im
Rahmen ihrer Verwaltungstätigkeiten Rechte und Pflichten. In demselben
Ausmass ist sie auch prozessfähig. Der Verwalter ist im
summarischen Verfahren von Gesetzes wegen berechtigt, die Gemeinschaft
in einem Prozess zu vertreten. Ansonsten bedarf er einer
Ermächtigung. |
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Beschränkte Prozessfähigkeit
Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer
kann unter ihrem Namen klagen
oder betreiben bzw. beklagt oder
betrieben werden (Art. 712l Abs. 2 ZGB).
Ihre Prozessfähigkeit wird durch ihren
Zweck begrenzt. Die Fähigkeit der
Gemeinschaft, zu klagen oder beklagt zu
werden, besteht im Rahmen der Verwaltung
des Stockwerkeigentums. Einen Konflikt,
welcher den Rahmen der Verwaltung
des Stockwerkeigentums sprengt, kann sie
nicht vor Gericht bringen. Die Prozessfähigkeit
der Stockwerkeigentümergemeinschaft
ist ein Abbild ihrer Handlungsfähigkeit
(Art. 712l Abs. 1 ZGB).
Demnach ist bei einer Auseinandersetzung,
bei welcher es bloss um Sonderrechte
geht, die Gemeinschaft der
Stockwerkeigentümer nicht zur Klage legitimiert.
Die Prozessfähigkeit ist nicht auf
eine einzige Verfahrensart beschränkt.
Sämtliche Verfahren sowohl des Privat-
(Zivilrecht, Schuldbetreibung und Konkurs)
und des öffentlichen Rechts (Steuerrecht,
Verwaltungs- und Baurecht) stehen
ihr offen. Die Verwaltung eines Grundstückes
beschlägt nahezu alle Rechtsgebiete. |
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Vertretung der Gemeinschaft
In einem Gerichtsverfahren handelt die
Gemeinschaft grundsätzlich durch die
Stockwerkeigentümerversammlung. Diese
bestimmt einen Vertreter, welcher entweder
Stockwerkeigentümer, Verwalter,
Delegierter oder Dritter ist (z.B. ein Anwalt).
Im summarischen Verfahren (im Kanton
Zürich bspw. Rechtsöffnungs- oder
Befehlsverfahren) verfügt der Verwalter
über eine gesetzliche Vertretungsbefugnis
(Art. 712t Abs. 2). Durch Ermächtigung
der Stockwerkeigentümerversammlung
kann auch in anderen Verfahren eine
Vertretungsbefugnis erteilt werden. Dies
gilt selbst für Verfahren, bei welchen das
Anwaltsmonopol anwendbar ist. Der Verwalter
der Stockwerkeigentümergemeinschaft
gilt im Gegensatz zu einem ordentlichen
Liegenschaftsverwalter nicht als
Dritter. Unter Vorbehalt anders lautender
gesetzlicher Bestimmungen handelt die
Stockwerkeigentümergemeinschaft in Verfahren
ihres Kompetenzbereichs selbstständig
und alleine.
Der Entscheid über die Einleitung eines
Verfahrens ist grundsätzlich eine wichtige
Verwaltungshandlung im Sinne von Art. 647b ZGB und erfordert einen Beschluss
mit qualifiziertem Mehr. |
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Der Gerichtsstand
Ist die Gemeinschaft Klägerin, so wird
der Gerichtsstand durch die Eigenschaft
des oder der Beklagten und durch das
eingeklagte Rechtsverhältnis bestimmt. In
bestimmten Fällen kann sich der Gerichtsstand
am Ort der gelegenen Sache befinden
(Art. 19 Abs. 1 lit. a/c GestG).
Falls die Stockwerkeigentümergemeinschaft
Beklagte ist, wird der Ort der
gelegenen Sache in der Regel als Gerichtstand
bezeichnet. Die Vereinbarung
eines Gerichtsstandes ist grundsätzlich
zulässig. |
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* lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich |
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