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HEV 6/2006 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Das Verfahren
vor Schlichtungsbehörde
* Alessandra Perrella
 
     
  Die Verfahrenseinleitung
Wird zwischen den Parteien in mietrechtlichen Streitsachen keine einvernehmliche Lösung gefunden, können sich diese an die Justizbehörden wenden. Das Verfahren wird durch ein Begehren, welches meist schriftlich erfolgt, eingeleitet. Gewisse Schlichtungsbehörden stellen dafür entsprechende Formulare zur Verfügung. Das Rechtsbegehren ist einfach zu formulieren und daraus soll ersichtlich werden, welche Leistungen verlangt werden oder welcher Sachverhalt oder welches Rechtsverhältnis festgestellt werden muss. Da gemäss Art. 274d Abs. 1 OR im Schlichtungsverfahren der Grundsatz der Einfachheit gilt, dürfen den inhaltlichen Anforderungen an ein Rechtsbegehren keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Aus Bundesrecht ergibt sich keine Begründungspflicht des Rechtsbegehrens, eine kurze Begründung ist jedoch empfehlenswert, muss doch der Gesuchsteller dies spätestens anlässlich der Schlichtungsverhandlung mündlich tun. Allfällige Unterlagen, wie zum Beispiel der Mietvertrag, Kündigung etc., sollten wenn möglich der Klage beigelegt werden. Anlässlich der Schlichtungsverhandlung kann das Rechtsbegehren auch noch präzisiert, ergänzt oder reduziert werden.
 
     
  Die Vorladung
Die Vorladung durch die Schlichtungsbehörde erfolgt schriftlich und nennt den Adressaten, die Eigenschaft, in welcher er vorgeladen wird, die Prozesssache, Ort und Zeit des Erscheinens. Die Prozessordnungen der Kantone sehen vor, dass zwischen der Zustellung der Vorladung und der Verhandlung eine Minimalfrist eingehalten werden muss. Im Kanton Zürich beträgt diese gemäss § 175 GVG fünf Tage. Hat die Partei einen Vertreter, wird die Vorladung diesem zugestellt. Wird eine Partei anwaltlich vertreten, besteht die Gepflogenheit, dass der Termin vorher abgesprochen wird. Muss die Partei persönlich erscheinen, erhält auch diese eine Vorladung (§ 176 GVG). Kann eine Vorladung nicht zugestellt werden, muss gemäss § 179 GVG eine Zustellung wiederholt werden. Die Zustellung gilt als erfolgt, wenn die Sendung in den Machtbereich des Adressaten gelangt. Wird die im Postfach liegende Sendung nicht abgeholt, so gilt sie am letzten Tag der Abholfrist als zugestellt. Ist hingegen der Wohnsitz des Adressaten nicht bekannt, erfolgt eine Zustellung durch Publikation in einem Amtsblatt. Eine gehörige Vorladung bildet die Grundlage für einen Prozess.
 
     
  Die Verhandlung
Erscheint ein Kläger trotz gehöriger Vorladung nicht, wird Klagerückzug angenommen. Das Nichterscheinen kann im Schlichtungsverfahren jedoch nicht zu einem Rechtsverlust führen. Dies bedeutet, dass der Kläger in einem späteren Zeitpunkt erneut ein Verfahren mit demselben Rechtsbegehren einleiten kann. Unentschuldigtes Säumnis des Klägers bleibt jedoch nicht folgenlos; im Sinne von Art. 274d Abs. 2 OR stellt dies mutwillige Prozessführung dar und kann nach kantonalem Recht Ordnungsbusse und von Bundesrechts wegen Kosten- und Entschädigungspflicht zur Folge haben, obwohl das Schlichtungsverfahren grundsätzlich kostenlos ist. Kann also ein Kläger der Vorladung nicht Folge leisten, ist ein Verschiebungsgesuch zu stellen, welches von der Schlichtungsbehörde unter den gegebenen Voraussetzungen bewilligt wird. Hat ein Kläger kein Interesse mehr an der Schlichtungsverhandlung, weil beispielsweise ein aussergerichtlicher Vergleich abgeschlossen wurde, so ist dies der Schlichtungsbehörde mitzuteilen, damit eine Ladungsabnahme erfolgen und das Verfahren entsprechend beendet werden kann. Auch der Beklagte sollte bei Verhinderung ein Verschiebungsgesuch stellen, da ansonsten die Schlichtungsbehörde bei Entscheidkompetenz auf Grund der Aktenlage entscheidet. Bei fehlender Entscheidkompetenz kann der Kläger verlangen, dass die Verhandlung als durchgeführt gilt, und die Schlichtungsbehörde stellt in der Folge die Nichteinigung fest.
Von Bundesrechts wegen ist ein einfaches und rasches Verfahren vorgesehen (Art. 274d Abs. 1 OR). Die Kantone sind grundsätzlich frei zu bestimmen, wie sie dieses Vereinfachungs und Beschleunigungsgebot sicherstellen wollen. Im Kanton Zürich beispielsweise werden die Verhandlungen mündlich durchgeführt und während der Gerichtsferien stehen die Fristen nicht still. Der Kläger erhält somit die Möglichkeit, seine Klage mündlich zu begründen. Da der Untersuchungsgrundsatz gilt, wird der Vorsitzende ergänzende Fragen stellen, falls noch Punkte offen bleiben sollten. Der Untersuchungsgrundsatz dient dazu, der rechtsunkundigen oder unbeholfenen Partei zu helfen. Der Beklagte erhält sodann die Möglichkeit, in der Klageantwort ebenfalls Stellung zu nehmen, dies kann auch durch Befragung durch den Vorsitzenden erfolgen. Das Ganze wird dann in der Replik und Duplik wiederholt, wobei die Ausführungen der Gegenpartei bestritten werden können. Um keine Ausführungen zu vergessen, ist es empfehlenswert, sich mit Notizen vorzubereiten. Werden die Notizen vorgelesen, empfiehlt es sich, mehrere Exemplare mitzunehmen, welche der Schlichtungsbehörde überreicht werden können. Nachdem die Schlichtungsbehörde – welche paritätisch zusammengesetzt ist – in einer kurzen Unterbrechung sich berät, wird der Vorsitzende einen Vergleichsvorschlag unterbreiten, der die vorläufig einschätzbare Rechtslage berücksichtigt. Ist eine Klage aussichtslos, wird der Vorsitzende unter Umständen auch einen Klagerückzug vorschlagen. Ein Klagerückzug ist nur dann endgültig, wenn er vorbehaltlos erfolgt. Bringt man einen Vorbehalt an, dass der Klagerückzug nur vorläufig sein soll, verwirkt der Anspruch des Klägers nicht. Im gegenteiligen Fall, nämlich wenn eine Klage gutgeheissen werden müsste, kann er dem Beklagten vorschlagen, die Klage anzuerkennen. Kommt eine Einigung zustande, wird dies in einem Vergleich festgehalten. Es kann vorkommen, dass sich die Parteien nicht in der Lage fühlen, einen Vergleich sofort ohne Bedenkfrist zu unterschreiben. In einem solchen Fall kann im Vergleich ein Widerrufsvorbehalt festgehalten werden. Eine oder beide Parteien erhalten damit die Möglichkeit, innert einer bestimmten Bedenkfrist, den Vergleich zu widerrufen.
 
     
  Der Entscheid
Die Schlichtungsbehörde hat in zwei Fällen Entscheidkompetenz, und zwar bei der Hinterlegung von Mietzinsen im Sinne von Art. 259g OR sowie bei der Anfechtung einer Kündigung und der Erstreckung eines Mietverhältnisses. Die Schlichtungsbehörde ist eigentlich kein Gericht, weshalb ihr Entscheid im herkömmlichen Sinn nicht ein Urteil ist. Man könnte den Entscheid der Schlichtungsbehörde als «Urteilsvorschlag» bezeichnen. Bei der Entscheidfindung stützt sich die Schlichtungsbehörde auf die Vorbringen der Parteien. Es ist daher von Vorteil, anlässlich der Verhandlung schon Beweismittel (Fotos, Briefverkehr etc.) einzureichen, auf die sich die Schlichtungsbehörde stützen kann. Unter Umständen kann auch ein Augenschein durchgeführt werden. Die Schlichtungsbehörde würdigt die Beweismittel frei. Hat die Schlichtungsbehörde keine Entscheidkompetenz und kann kein Vergleich abgeschlossen werden, so wird die Nichteinigung in einem Beschluss festgehalten.
 
     
  Der Weiterzug
Hat die Schlichtungsbehörde einen Sachentscheid gefällt, so kann die Partei, welche unterlegen ist, innert 30 Tagen das Mietgericht anrufen (Art. 274f OR). Dabei beginnt diese Frist mit Zustellung des Entscheides. Wird das Gericht nicht innert 30 Tagen angerufen, so wird der Entscheid rechtskräftig. Dies bedeutet, dass die unterlegene Partei das Recht verwirkt hat, noch einmal den Rechtsstreit beurteilen zu lassen. Wird durch die Schlichtungsbehörde eine Nichteinigung festgestellt, so beginnt die 30-tägige Frist nicht erst mit Zustellung des Beschlusses, sondern mit dem Tag der Schlichtungsverhandlung. Im Gegensatz zu den Sachentscheiden verwirkt die Partei ihren Anspruch nicht, falls sie die Frist unbenutzt ablaufen lässt, sondern kann innerhalb der Verjährungsfrist erneut die Forderung einklagen. Das materielle Recht sieht aber unter Umständen gewisse Verwirkungsfolgen vor, sodass man von einem teilweisen Rechtsverlust sprechen kann. Wird von einer Partei beispielsweise eine Mietzinsänderung gefordert und wird diese nicht weiterverfolgt, so verwirkt die Partei das Recht, die Änderung auf den gewünschten Termin durchzusetzen, und kann es nur wieder auf einen späteren Zeitpunkt verlangen.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
 
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