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HEV 7/2006 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Der Tod des Mieters
* Alessandra Perrella
 
     
  Im schweizerischen Erbrecht geht man vom System der Universalsukzession (Gesamtnachfolge) aus. Dies bedeutet, dass mit dem Tod des Erblassers der gesamte Nachlass – sämtliche Vermögenswerte und Schulden – von Gesetzes wegen auf die Erben ohne ihr Zutun übergeht. Dies gilt auch dann, wenn die Erben unbekannt sind oder keine Kenntnis vom Erbgang haben. Bei einer Mehrheit von Erben hat der einzelne keine individuellen Rechte an den Erbschaftssachen, sondern die Erben bilden eine Gemeinschaft und sind als solche am Nachlass berechtigt. Für das Mietrecht bedeutet dies, dass der Tod des Mieters – wie übrigens auch des Vermieters – das Mietverhältnis grundsätzlich nicht beendet, sondern auf alle Erben gemeinsam übergeht. Die sich daraus ergebenden Fragestellungen werden im Folgenden erläutert.  
     
  Weil die Erben an die Stelle des Mieters treten, haften sie solidarisch für den Mietzins. Die Haftung der Erben beschränkt sich nicht nur auf die bereits fälligen, sondern erstreckt sich auch auf die zukünftigen Mietzinsforderungen. Daneben haften die Erben auch für die Schäden, die der verstorbene Mieter am Mietobjekt verursacht hat. Sind mehrere Parteien Mieter und stirbt der eine Mitmieter, so wird das Mietverhältnis einerseits mit der überlebenden Mietpartei und andererseits mit den Erben weitergeführt. Dadurch, dass die Erben nicht nur mit dem Vermögen des Erblassers, sondern auch mit dem persönlichen Vermögen haften, kann dies unter Umständen zu einer Verbesserung der Gläubigerstellung führen (Art. 603 Abs. 1 ZGB).  
     
  Ausserordentlich für die Erben
Beim Tod des Mieters sieht Art. 266i OR ein ausserordentliches Kündigungsrecht der Erben vor, da diese mehrheitlich kein Interesse an der Fortführung des Mietverhältnisses haben. Eine Berechtigung des Vermieters, das Mietverhältnis ausserordentlich zu kündigen, sieht das Gesetz nicht vor. Die ausserordentliche Kündigung der Erben ist unter Einhaltung der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin möglich. Da diese Kündigungsmodalitäten denjenigen der ordentlichen Kündigung für Wohnräume gemäss Art. 266c OR entsprechen, ist diese ausserordentliche Kündigung faktisch nur dann von Bedeutung, wenn vertraglich längere Kündigungsfristen vereinbart wurden oder wenn es sich um einen befristeten Mietvertrag handelt. Damit die Kündigung gültig ist, bedarf es eines einstimmigen Beschlusses der Erben und eines allfälligen Mitmieters. Handelt es sich beim Mietobjekt um eine Familienwohnung, ist es strittig, ob der überlebende Ehegatte ebenfalls der Kündigung zustimmen muss, wenn er nicht Mitmieter war, da die Anwendung von Art. 266m OR eine Familienwohnung voraussetzt und dies im eigentlichen Sinne gar nicht mehr vorliegt, da die Ehe mit dem Tod eines Ehegatten aufgelöst wird. Diese Streitfrage kann jedoch offen bleiben, da der überlebende Ehegatte auch immer Erbe ist und somit der Kündigung so oder so zustimmen muss. Die Erben müssen die Kündigung spätestens auf den erstmöglichen Kündigungstermin aussprechen. Lassen die Erben diesen ungenutzt verstreichen, so verwirkt das ausserordentliche Kündigungsrecht. Stirbt ein Mieter jedoch kurz vor dem Kündigungstermin oder erfahren die Erben erst spät von dessen Tod, so ist den Erben eine angemessene Überlegungsfrist einzuräumen. In einem solchen Fall sollte die ausserordentliche Kündigung auf den nächsten Termin noch zugelassen werden. Die Erben haben jedoch immer noch die Möglichkeit, das Mietobjekt vorzeitig zurückzugeben und einen zumutbaren Nachmieter zu stellen.
 
     
  Die Erbengemeinschaft – keine einfache Gesellschaft
Die Kündigung und Rückgabe einer Wohnung kann sich jedoch problematisch erweisen, wenn nicht alle Erben erreichbar oder bekannt sind. Eine gültige Kündigung ist in einem solchen Fall mangels Willensbildung aller Erben gar nicht möglich. Es sind zwar gesetzliche Vertretungen vorgesehen (Erbschaftsverwaltung, Erbenvertretung oder Beistandschaft), diese staatlichen Eingriffsmöglichkeiten können zu einer unnötigen Zeitverzögerung führen. Die Lösung dieses Problems gestaltet sich unterschiedlich, ob gar kein Erbe oder nur einzelne bekannt sind: Ist auch nur ein Erbe bekannt, so sollte es für diesen möglich sein, nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR) alleine die Rückgabe der Mietsache an die Hand zu nehmen, wenn es an einem objektiven erkennbaren Interesse der anderen Erben an der Fortführung des Mietverhältnisses fehlt. Sind gar keine Erben bekannt, so kann sich die für den Vermieter unangenehme Situation ergeben, dass die Mietzinse nicht mehr bezahlt werden und auch keiner die Wohnung kündigt. Der Tod des Mieters schliesst jedoch nicht aus, dass der Vermieter gemäss Art. 257d OR wegen Zahlungsverzug ausserordentlich kündigen kann. Natürlich muss er dabei die gesetzlichen Vorschriften und Fristen einhalten. Wem gegenüber soll aber der Vermieter seine Willenserklärungen äussern? Gemäss dem Vertrauensprinzip sollte es möglich sein, dass der Vermieter eine Zahlungsaufforderung und eine Kündigung an die ihm letztbekannte Adresse des (verstorbenen) Mieters zustellen darf.
Spätestens aber bei der Beendigung des Mietverhältnisses muss der Vermieter eine Ausweisung verlangen. Diese kann er aber nicht durchsetzen, da ihm die auszuweisende Partei unbekannt ist. Hier hilft nur noch der behördlich eingesetzte Erbschaftsverwalter, der in analoger Anwendung von Art. 596 Abs. 1 ZGB zur Prozessführung für den Nachlass aktiv- und passivlegitimiert ist. Man könnte sich aber auch auf den Standpunkt stellen, dass auch der Vermieter die Möglichkeit haben sollte, nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag die Rückgabe und Räumung der Mietsache vornehmen zu können. Voraussetzung wäre aber, dass der Vermieter mit Fremdgeschäftsführungswillen tätig wird. Ob dies vor Gericht standhält, ist fraglich, da der Vermieter an der Räumung des Mietobjektes auch eigene Interessen hat. Praktisch ergibt sich zudem ein Problem mit der Aufbewahrung des Mobiliars des verstorbenen Mieters.
Ausserdem hat der Vermieter auch die Möglichkeit, bei einer bestehenden Ungewissheit über die Erben oder deren Bonität gemäss Art. 594 ZGB bis zu drei Monaten nach dem Tod des Erblassers die amtliche Liquidation der Erbschaft zu verlangen. Voraussetzung dafür ist, dass der Vermieter zuerst an alle ihm bekannten Erben ein Begehren auf Befriedigung oder Sicherstellung seiner Forderung richtet und ihnen eine angemessene Frist zur Leistung setzt. Im Schreiben sollte auch die Liquidation der Erbschaft durch das Konkursamt angedroht werden. Das Mietverhältnis geht dann im Rahmen der Liquidation unter und die Konkurs- bzw. Erbmasse ist zur Rückgabe der Mietsache verpflichtet. Konkursamtlich liquidiert wird auch, wenn sich erweist, dass die Erbschaft überschuldet ist (Art. 597 ZGB, Art. 193 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG) oder wenn die Erben die Erbschaft ausschlagen (Art. 573 Abs. 1 ZGB). Sämtliche Mietzins- und Schadenersatzforderungen – sowohl diejenigen, die vor wie auch nach der Konkurseröffnung entstanden sind – werden zu Konkursforderungen. Die vom Mieter allfällig geleistete Kaution fällt in die Konkursmasse, wobei der Vermieter als Pfandgläubiger vorab aus ihr zu befriedigen ist. Reicht die Erbschaft nicht aus, um sämtliche Schulden zu begleichen, so werden Verlustscheine nur auf Verlangen und auf Kosten des Gläubigers ausgegeben. Der Grund dafür ist, dass nach Abschluss eines Konkurses keine Haftung mehr besteht, da die Erben bei einer Ausschlagung nicht mit ihrem persönlichen Vermögen haften, ausser sie hätten in den letzten fünf Jahren vor dem Tode des Erblassers ausgleichspflichtige Vorempfänge erhalten.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
     
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