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HEV 8/2006 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Wann ist eine Kündigung anfechtbar,
nichtig oder unwirksam?
* Tiziano Winiger
 
     
  Die Kündigung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, durch welches ein rechtsänderndes Gestaltungsrecht ausgeübt wird. Wird eine Kündigungserklärung abgegeben, so bewirkt diese die Beendigung des Mietvertrages. Die Kündigung kann nicht vom Kündigenden zurückgenommen werden. Die Wirkung der Kündigung kann aber durch richterliches Urteil aufgehoben werden. Wird ein Mietverhältnis über den Kündigungszeitpunkt hinaus stillschweigend fortgeführt, so haben die Parteien einen neuen Vertrag zu denselben Bedingungen abgeschlossen. Zur Beendigung des neuen Mietverhältnisses muss erneut gekündigt werden.  
     
  Eine mangelhafte Kündigung kann nichtig, anfechtbar oder unwirksam sein.
Nichtig ist eine Kündigung, wenn sie gegen Art. 266–266n OR oder gegen weitere zwingende Bestimmungen des Zivilrechtes verstösst.
Dies ist der Fall, wenn der Mieter die Kündigung nur mündlich anstatt schriftlich ausspricht oder wenn der Vermieter das vorgeschriebene Formular nicht verwendet (Art. 266l OR). Stellt der Vermieter die Kündigung der Familienwohnung nicht mit separater Post an beide Ehegatten zu (Art. 266n OR), dann liegt Nichtigkeit vor. Nichtig ist zudem die Kündigung auch dann, wenn der Mieter ohne Zustimmung des Ehegatten die Familienwohnung kündigt (Art. 266m OR). Eine nichtige Kündigung liegt auch dann vor, wenn sie nicht durch den Vermieter oder rechtsgültigen Vertreter erfolgt.
Die nichtige Kündigung entfaltet keine Rechtswirkungen und muss nicht von einem Richter festgestellt werden. Ist zwischen den Parteien strittig, ob eine Kündigung nichtig oder anfechtbar ist, dann ergibt sich daraus eine Rechtsunsicherheit, bis die Nichtigkeit richterlich festgestellt wird.
 
     
  Anfechtbar …
… ist eine Kündigung hingegen, wenn sie zwar gültig ausgesprochen wurde, aber einen Anfechtungsgrund nach Art. 271 OR vorliegt. Diese Anfechtungsgründe sind:
 
     
 
1. Verstoss gegen Treu und Glauben (Art. 271 OR)
 
  Der Gesetzgeber schreibt in Art. 2 Abs. 1 ZGB jedermann vor, dass er sich an den Grundsatz von Treu und Glauben halten soll. So lässt sich daraus ableiten, dass eine Kündigung anfechtbar ist, wenn sie rechtsmissbräuchlich ist, wobei kein offenbarer Rechtsmissbrauch verlangt wird.  
     
 
2. Kündigung, weil der Mieter nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Mietverhältnis geltend gemacht hat (Art. 271a Abs. 1 lit. a OR)
 
  Eine Kündigung gilt als anfechtbar, wenn sie nur deshalb ausgesprochen wird, um den Mieter dafür zu bestrafen, dass er zuvor Ansprüche aus dem Mietverhältnis geltend gemacht hat. Grundsätzlich spielt es keine Rolle, ob die Ansprüche zu Recht geltend gemacht worden sind, wobei der Mieter nicht gegen Treu und Glauben Ansprüche erheben darf.  
     
 
3. Anfechtbarkeit der Kündigung, weil der Vermieter eine einseitige Vertragsänderung oder Mietzinsanpassung durchsetzen will (Art. 271a Abs. 1 lit. b OR)
 
  Die Kündigung ist anfechtbar, wenn sie ausgesprochen wird, weil der Mieter mit einem einseitig vorgebrachten Wunsch nach Änderungen von Vertragsbedingungen nicht einverstanden war, wobei zulässig ist, eine Kündigung auszusprechen, um einen höheren Mietzins vom Nachfolgemieter zu erzielen (BGE 120 II 105).  
     
 
4. Kündigung mit der Absicht , den Mieter zum Erwerb der gemieteten Wohnung zu veranlassen (Art. 271a Abs. 1 lit. c OR)
 
  Diese Bestimmung verhindert, dass der Vermieter den Mieter unter Druck setzt mit der Alternative Kaufen oder Ausziehen.  
     
 
5. Anfechtbarkeit der Kündigung während eines laufenden Verfahrens (Art. 271a Abs. 1 lit. d OR)
 
  Diese Bestimmung hindert den Vermieter daran, sich dem laufenden Verfahren durch eine Kündigung des Mietverhältnisses zu entziehen oder den Mieter dafür zu bestrafen, dass er ein Verfahren eingeleitet hat.
Ausnahmsweise kann trotz eines laufenden Verfahrens in folgenden Fällen gekündigt werden:
 
 
Der Mieter hat das Verfahren treuewidrig eingeleitet
Der Vermieter hat einen dringenden Eigenbedarf
Der Mieter ist rückständig mit der Bezahlung der Miete
Der Mieter hat eine schwere Vertragsverletzung begangen
Verkauf des Mietobjektes aus wichtigen Gründen
Konkurs des Mieters
 
     
 
6. Kündigungsschutz nach Abschluss eines Verfahrens (Art. 271a Abs. 1 lit. e OR)
 
  Eine Kündigung ist während dreier Jahre nach Abschluss eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungsoder Gerichtsverfahrens anfechtbar, wenn der Vermieter:  
 
zu einem erheblichen Teil unterlegen ist,
seine Forderung oder Klage zurückgezogen oder erheblich eingeschränkt hat,
auf die Anrufung des Richters verzichtet hat,
mit dem Mieter einen Vergleich geschlossen oder sich sonst wie geeinigt hat.
 
     
 
7. Kündigungsschutz ausserhalb eines Verfahrens (art. 271a Abs. 2 OR)
 
  Auch könnte eine aussergerichtliche Einigung die Kündigungssperrfrist von drei Jahren auslösen, wobei nicht jede Meinungsverschiedenheit zu dieser Konsequenz führen kann (vgl. dazu unveröffentlichter Entscheid vom 5. Januar 1994, 4C.266/1993; E. 4a). Gibt der Vermieter von vornherein nach, insbesondere, wenn er erfolgreich auf sein Recht hätte beharren können, oder entspricht der Vermieter einem Gesuch auf Senkung des Mietzinses wegen des rückläufigen Hypothekarzinses, so entsteht keine Kündigungssperrfrist.  
     
  Unwirksam …
… ist eine ausserordentliche Kündigung, bei der die von der kündigenden Partei angerufenen Umstände sich nicht verwirklicht haben, zum Beispiel eine Kündigung unter Anrufung einer Vertragsverletzung, die nie begangen wurde, oder unter Berufung auf wichtige Gründe (Art. 266g OR), wenn keine vorliegen.
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung entfalten solche Kündigungen keine Wirkungen, auch wenn sie nicht angefochten werden. Das heisst aber, dass solche Kündigungen im Rahmen eines Ausweisungsbegehrens vorfrageweise auf ihre Berechtigung hin überprüft werden könnten.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
 
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