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Biotop und Sicherheit
* Nicole Fernandez |
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Möchten Sie demnächst ein Biotop im eigenen
Garten errichten? Sind Sie unsicher im Zusammenhang
mit einer allfälligen Haftung bei Unfällen mit Kindern?
Sind Vorkehrungen zu treffen? Nachfolgender Artikel sollte
Ihnen Klarheit verschaffen. |
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Ausgangslage
Das Bundesgericht hat einige Fälle entschieden,
bei denen es um die Haftung
eines Eigentümers eines Werkes (z.B. Liegenschaft)
oder einer Anlage ging (Art. 58
OR). Da es sich bei einer solchen Haftung
um eine reine Kausalhaftung handelt,
wird der Eigentümer schadenersatzpflichtig,
auch wenn ihn kein Verschulden trifft.
Die Haftung eines Eigentümers eines Biotops
wurde bisher auf bundesgerichtlicher
Ebene noch nicht beurteilt. |
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Grundsatz
Art. 58 OR regelt die Werkeigentümerhaftpflicht,
welche eine Haftung ohne Verschulden
des Werkeigentümers nach sich
zieht. Voraussetzung für eine Haftung ist
ein Schaden, welcher infolge fehlerhafter
Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter
Unterhaltung entstanden ist.
Unter Werken im Sinne der Werkeigentümerhaftung
sind Gebäude oder andere
stabile, künstlich hergestellte, bauliche
oder technische Anlagen zu verstehen, die
mit dem Erdboden, sei es direkt oder indirekt,
dauerhaft verbunden und durch
Menschenhand erstellt worden sind. Unter
den Werkbegriff fallen sodann unter anderem
Liegenschaften, Schwimmbäder, Biotope,
Spielplätze und eine im Rahmen
eines Spielplatzes errichtete und gestaltete
Spielwiese (keine abschliessende Aufzählung). Der sachenrechtliche Eigentümer
eines Werkes ist gemäss Art. 58 OR Werkeigentümer.
Ob ein Werk fehlerhaft angelegt oder
mangelhaft unterhalten ist, hängt vom
Zweck ab, den es zu erfüllen hat. Ein
Werkmangel liegt unter anderem vor,
wenn das Werk beim bestimmungsgemässen
Gebrauch keine genügende
Sicherheit bietet. Grundsätzlich gilt somit,
dass das Werk einem bestimmungswidrigen
Gebrauch nicht gewachsen zu sein
braucht.
Eine Schranke der Sicherungspflicht
bildet die Selbstverantwortung. Der
Werkeigentümer muss sich nicht jede
erdenkliche Gefahr vor Augen halten
und dementsprechend Sicherungsmassnah-
men treffen. Es kann von ihm schliesslich
nicht erwartet werden, jedes ausgefallene,
unwahrscheinliche Verhalten einzuberechnen.
Eine weitere Schranke für die Sicherungspflicht
bildet die Zumutbarkeit. Zu
berücksichtigen ist, ob die Beseitigung allfälliger
Mängel oder das Anbringen von
Sicherheitsvorrichtungen technisch möglich
ist und die entsprechenden Kosten
in einem vernünftigen Verhältnis zum
Schutzinteresse der Benützer und dem
Zweck des Werkes stehen. Dem Werkeigentümer
sind insbesondere Aufwendungen
nicht zuzumuten, die in keinem Verhältnis zur Zweckbestimmung des
Werks stehen (BGE 130 III 736). |
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Ausnahme
Der Grundsatz, dass der Werkeigentümer
nur für den bestimmungsgemässen
Gebrauch seines Werkes haftet, gilt nicht
uneingeschränkt. Lehre und Rechtsprechung
bejahen ausnahmsweise die Haftung
des Werkeigentümers selbst bei
einem zweckwidrigen Verhalten bestimmter
Personengruppen, insbesondere von
Kindern.
Hier geht es vor allem um Werke,
bei denen aufgrund der Beschaffenheit
des Werkes augenfällig ist, dass Unvernunft
und Unvorsicht zu schweren Schädigungen
führen können. Eine weitere
Gefahrenquelle stellen Werke dar, welche
Kinder zu einer bestimmungswidrigen
Benützung verleiten (BGE 116 II 422).
Im vorerwähnten Bundesgerichtsurteil,
bekannt unter «Plauschbad-Fall», ging es
um ein Wellenbad, in das ein 15-jähriger
Jugendlicher aus 1,3 m Höhe an einer
bloss 1,6 m tiefen Stelle kopfvoran hineinsprang
und sich eine Querschnittlähmung
zuzog.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichts
geht vom folgenden Grundsatz der Werkeigentümerhaftung
bei Kinderunfällen aus:
Der Werkeigentümer darf grundsätzlich
darauf vertrauen, dass Kinder sich gemäss
der ihrem Alter entsprechenden, durchschnittlichen
Vernunft verhalten. Kinder,
die in Bezug auf die Benützung eines
bestimmten Werks nicht über erforderliche
Vernunft verfügen, gehören unter Aufsicht.
Ausnahmsweise hat der Werkeigentümer
jedoch besondere Sicherheitsvorkehren
zur Verhinderung zweckwidrigen Verhaltens
durch Kinder zu treffen, wenn das Werk aufgrund der Beschaffenheit besondere
Risiken in sich birgt, welche bei fehlender
Vernunft und Vorsicht zu schweren
Schädigungen führen, oder wenn das
Werk aufgrund seiner besonderen Zweckbestimmung
Kinder zu einer bestimmungswidrigen
Benützung verleitet. Das
zweckwidrige Verhalten muss aber in
jedem Fall für den Werkeigentümer voraussehbar
sein und es müssen zumutbare
Massnahmen getroffen werden können,
damit eine zweckwidrige Verwendung
nicht erfolgt. |
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Rechtslage beim Erstellen
eines Biotops
Es empfiehlt sich für Eigentümer, welche
ein Biotop auf ihrem Grundstück
errichten wollen, besondere Sicherheitsvorkehrungen
vorzunehmen, wie zum
Beispiel das Einzäunen des Grundstückes
oder des Biotops. Solche Sicherheitsvorkehrungen
sind durchaus im Sinne obiger
Ausführungen zumutbar. Das Biotop
gilt als Werk im Sinne von Art. 58 OR.
Ausserdem ist ein zweckwidriger Gebrauch
des Biotops durch Kinder aus der
Nachbarschaft voraussehbar, da ja bekanntlich
das Wasser für Kinder eine
besondere Anziehungskraft hat. Gemäss
Rechtsprechung und Lehre würde also ein
zweckwidriger Gebrauch des Biotops
durch ein Kind bei fehlenden Sicherheitsvorkehrungen
die Haftung des Werkeigentümers
auslösen.
Aufgrund vorgehender Ausführung ist
es als Eigentümer sicher sinnvoll, sein
Grundstück generell abzusichern, sobald
im Garten Werke oder Anlagen erstellt
werden, welche durch Kinder aus der
Umgebung zweckwidrig gebraucht werden
könnten und Gefahren damit verbunden
sind. |
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* lic. iur., HEV Zürich |
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