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HEV 8/2006 Inhaltsverzeichnis
Werkeigentümerhaftung

     
  Biotop und Sicherheit
* Nicole Fernandez
 
     
  Möchten Sie demnächst ein Biotop im eigenen Garten errichten? Sind Sie unsicher im Zusammenhang mit einer allfälligen Haftung bei Unfällen mit Kindern? Sind Vorkehrungen zu treffen? Nachfolgender Artikel sollte Ihnen Klarheit verschaffen.  
     
  Ausgangslage
Das Bundesgericht hat einige Fälle entschieden, bei denen es um die Haftung eines Eigentümers eines Werkes (z.B. Liegenschaft) oder einer Anlage ging (Art. 58 OR). Da es sich bei einer solchen Haftung um eine reine Kausalhaftung handelt, wird der Eigentümer schadenersatzpflichtig, auch wenn ihn kein Verschulden trifft. Die Haftung eines Eigentümers eines Biotops wurde bisher auf bundesgerichtlicher Ebene noch nicht beurteilt.
 
     
  Grundsatz
Art. 58 OR regelt die Werkeigentümerhaftpflicht, welche eine Haftung ohne Verschulden des Werkeigentümers nach sich zieht. Voraussetzung für eine Haftung ist ein Schaden, welcher infolge fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Unterhaltung entstanden ist.
Unter Werken im Sinne der Werkeigentümerhaftung sind Gebäude oder andere stabile, künstlich hergestellte, bauliche oder technische Anlagen zu verstehen, die mit dem Erdboden, sei es direkt oder indirekt, dauerhaft verbunden und durch Menschenhand erstellt worden sind. Unter den Werkbegriff fallen sodann unter anderem Liegenschaften, Schwimmbäder, Biotope, Spielplätze und eine im Rahmen eines Spielplatzes errichtete und gestaltete Spielwiese (keine abschliessende Aufzählung). Der sachenrechtliche Eigentümer eines Werkes ist gemäss Art. 58 OR Werkeigentümer.
Ob ein Werk fehlerhaft angelegt oder mangelhaft unterhalten ist, hängt vom Zweck ab, den es zu erfüllen hat. Ein Werkmangel liegt unter anderem vor, wenn das Werk beim bestimmungsgemässen Gebrauch keine genügende Sicherheit bietet. Grundsätzlich gilt somit, dass das Werk einem bestimmungswidrigen Gebrauch nicht gewachsen zu sein braucht.
Eine Schranke der Sicherungspflicht bildet die Selbstverantwortung. Der Werkeigentümer muss sich nicht jede erdenkliche Gefahr vor Augen halten und dementsprechend Sicherungsmassnah- men treffen. Es kann von ihm schliesslich nicht erwartet werden, jedes ausgefallene, unwahrscheinliche Verhalten einzuberechnen.
Eine weitere Schranke für die Sicherungspflicht bildet die Zumutbarkeit. Zu berücksichtigen ist, ob die Beseitigung allfälliger Mängel oder das Anbringen von Sicherheitsvorrichtungen technisch möglich ist und die entsprechenden Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zum Schutzinteresse der Benützer und dem Zweck des Werkes stehen. Dem Werkeigentümer sind insbesondere Aufwendungen nicht zuzumuten, die in keinem Verhältnis zur Zweckbestimmung des Werks stehen (BGE 130 III 736).
 
     
  Ausnahme
Der Grundsatz, dass der Werkeigentümer nur für den bestimmungsgemässen Gebrauch seines Werkes haftet, gilt nicht uneingeschränkt. Lehre und Rechtsprechung bejahen ausnahmsweise die Haftung des Werkeigentümers selbst bei einem zweckwidrigen Verhalten bestimmter Personengruppen, insbesondere von Kindern.
Hier geht es vor allem um Werke, bei denen aufgrund der Beschaffenheit des Werkes augenfällig ist, dass Unvernunft und Unvorsicht zu schweren Schädigungen führen können. Eine weitere Gefahrenquelle stellen Werke dar, welche Kinder zu einer bestimmungswidrigen Benützung verleiten (BGE 116 II 422). Im vorerwähnten Bundesgerichtsurteil, bekannt unter «Plauschbad-Fall», ging es um ein Wellenbad, in das ein 15-jähriger Jugendlicher aus 1,3 m Höhe an einer bloss 1,6 m tiefen Stelle kopfvoran hineinsprang und sich eine Querschnittlähmung zuzog.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichts geht vom folgenden Grundsatz der Werkeigentümerhaftung bei Kinderunfällen aus: Der Werkeigentümer darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass Kinder sich gemäss der ihrem Alter entsprechenden, durchschnittlichen Vernunft verhalten. Kinder, die in Bezug auf die Benützung eines bestimmten Werks nicht über erforderliche Vernunft verfügen, gehören unter Aufsicht.
Ausnahmsweise hat der Werkeigentümer jedoch besondere Sicherheitsvorkehren zur Verhinderung zweckwidrigen Verhaltens durch Kinder zu treffen, wenn das Werk aufgrund der Beschaffenheit besondere Risiken in sich birgt, welche bei fehlender Vernunft und Vorsicht zu schweren Schädigungen führen, oder wenn das Werk aufgrund seiner besonderen Zweckbestimmung Kinder zu einer bestimmungswidrigen Benützung verleitet. Das zweckwidrige Verhalten muss aber in jedem Fall für den Werkeigentümer voraussehbar sein und es müssen zumutbare Massnahmen getroffen werden können, damit eine zweckwidrige Verwendung nicht erfolgt.
 
     
  Rechtslage beim Erstellen eines Biotops
Es empfiehlt sich für Eigentümer, welche ein Biotop auf ihrem Grundstück errichten wollen, besondere Sicherheitsvorkehrungen vorzunehmen, wie zum Beispiel das Einzäunen des Grundstückes oder des Biotops. Solche Sicherheitsvorkehrungen sind durchaus im Sinne obiger Ausführungen zumutbar. Das Biotop gilt als Werk im Sinne von Art. 58 OR. Ausserdem ist ein zweckwidriger Gebrauch des Biotops durch Kinder aus der Nachbarschaft voraussehbar, da ja bekanntlich das Wasser für Kinder eine besondere Anziehungskraft hat. Gemäss Rechtsprechung und Lehre würde also ein zweckwidriger Gebrauch des Biotops durch ein Kind bei fehlenden Sicherheitsvorkehrungen die Haftung des Werkeigentümers auslösen.
Aufgrund vorgehender Ausführung ist es als Eigentümer sicher sinnvoll, sein Grundstück generell abzusichern, sobald im Garten Werke oder Anlagen erstellt werden, welche durch Kinder aus der Umgebung zweckwidrig gebraucht werden könnten und Gefahren damit verbunden sind.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
 
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