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HEV 10/2006 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Herabsetzung wegen Baulärm
auf benachbarten Grundstücken
* Christoph Felder
 
     
  Von einem Nachbargrundstück herrührende Immissionen wie Lärm, Staub, Erschütterung können – auch wenn diese nicht dem Einflussbereich des Vermieters unterliegen – einen Mangel darstellen, der eine Herabsetzung des Mietzinses rechtfertigen kann. Dies jedenfalls entschied das Bundesgericht in einem neueren Entscheid 1) und bestätigte damit seine Rechtsprechung.  
     
  Dem Entscheid lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Parteien hatten einen Mietvertrag über eine 4-Zimmer-Wohnung abgeschlossen, welche der Mieter als Augenarztpraxis nutzte. Im September 2000 ersuchte der Mieter um eine Herabsetzung des Mietzinses um 40%, da er sich seit zwei Jahren von zwei Baustellen in unmittelbarer Nachbarschaft – einem Abbruch/ Neubau und einem Neubau – im vertragsgemässen Gebrauch der Mietsache gestört fühlte. Das Bundesgericht hiess den Herabsetzungsanspruch des Mieters im Umfang von 37% gut.
In seinen Erwägungen führte es aus, dass der Mieter nach Art. 259a OR eine Herabsetzung des Mietzinses verlangen kann, wenn das Mietobjekt einen Mangel aufweise oder der Mieter im vertragsmässigen Gebrauch der Sache gestört werde. Ein Mangel definiere sich als das Fehlen einer Eigenschaft, deren Vorhandensein bei Vertragsschluss versprochen war oder deren Vorhandensein die Vertragspartei nach Treu und Glauben erwarten durfte. Der Mangel könne dabei seinen Grund nicht nur in der Sache selbst haben, sondern auch in der Nachbarschaft oder im Verhalten Dritter bestehen. Die eingangs erwähnten, von den benachbarten Baustellen ausgehenden Emissionen wie Lärm, Staub, Erschütterung usw. stellen einen solchen Mangel dar, sogar, wenn sie gar nicht im Einflussbereich des Vermieters liegen. Dies gelte auch dann, wenn die Baustelle von einem öffentlichen Interesse ist und somit für den Vermieter gegen den Nachbarn eine Klage auf Unterlassung der Störung nicht möglich ist.
Die Problematik in der vorliegenden Angelegenheit liegt darin, dass zwischen dem Schutz der Nachbarn vor Immissionen und dem Anspruch des Mieters auf Herabsetzung des Mietzinses nach Art. 259d OR rechtlich ein Unterschied besteht. Die Nachbarn im Sinne des Sachenrechts sind nicht durch vertragliche Verpflichtungen verbunden, währenddem es beim Anspruch auf Herabsetzung des Mietzinses darum geht, das Missverhältnis zwischen Mietzins und der vertraglichen Leistung zu beheben. Der Herabsetzungsanspruch des Mieters muss darum unabhängig von jeglichem Schadenersatzanspruch des Vermieters gegenüber Dritten wie Nachbarn, Gemeinde oder anderen berechnet werden.
Um das Ausmass des Herabsetzungsanspruchs zu bestimmen, muss das Mietobjekt mit und ohne Mangel betrachtet werden. Grundsätzlich kann dabei nach der gleichen Methode vorgegangen werden, welche auch im Kaufvertragsrecht angewendet wird. Nämlich, indem der objektive Wert der mängelbehafteten Sache mit dem objektiven Wert der Sache ohne Mangel verglichen wird. Eine solche Berechnung ist aber nicht immer angebracht. Insbesondere bei Mängeln von mittlerer Wichtigkeit, wie es vorliegend der Fall ist, darf der Richter eine Herabsetzung nach eigenem Ermessen auch aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung, des gesunden Menschenverstandes und der Kasuistik vornehmen.
Nach Ansicht des Bundesgerichts war der Mieter im vereinbarten Gebrauch der Sache nach objektiven Gesichtspunkten eingeschränkt. Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Augenarzt wurden vom Mieter Konzentration und Genauigkeit gefordert. Durch die (festgestellten) massiven Lärm- und Erschütterungsimmissionen konnte der Mieter dem nur beschränkt nachkommen, weshalb für die Richter eine Verminderung im Gebrauch als erstellt galt.

1) Urteil 4C.377/2004 vom 2. Dezember 2004
 
     
  * lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich  
 
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