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Aus der Zürcher Mietrechtspraxis
* Tiziano Winiger |
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Es wäre schön, wenn man immer die
nötige Zeit für die Lektüre fachjuristischer
Texte und für deren Analyse finden würde.
Für alle jene, bei denen es wieder einmal
beim guten Vorsatz geblieben ist, versuchen
wir an dieser Stelle die wichtigsten
Fragen aus der letzten «Zürcher Mietrechtspraxis» (ZMP 2006 Nr. 1) zusammenzufassen.
Natürlich kann es kein Ersatz für den
vollständigen Text sein. Aber man ist damit
wenigstens wieder à jour und kann sich
vielleicht auf die Lektüre derjenigen Originale
beschränken, die von besonderem
Interesse sind. |
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1. Allgemeines Vertragsrecht
Thema: Solidarhaftung nach Ablauf der
Kündigungszeit oder nach Ablauf der Erstreckungsdauer
Frage: Ein Dritter hat sich verpflichtet, solidarisch
zu haften. Was geschieht mit dem
Vertrag und mit der Solidarhaftung, wenn
der Mieter nach Ablauf der Kündigungszeit
oder nach Ablauf der Erstreckungsdauer
stillschweigend im gemieteten Objekt verbleibt?
Haftet der Dritte weiter?
Antwort: Ja, die Solidarhaftung besteht
weiter. Wird eine gekündigte Miete nach
dem Kündigungszeitpunkt bzw. nach Ablauf
der Erstreckungsdauer stillschweigend fortgesetzt,
ist davon auszugehen, dass die Parteien
einen neuen Vertrag abgeschlossen
haben. Der neue Vertrag stimmt inhaltlich
mit dem bisherigen überein. Hat ein Dritter
erklärt, auf Seiten des Mieters für die Erfüllung
des Vertrages solidarisch zu haften,
geht diese zeitlich unbeschränkte Solidarhaftung
auf den neuen Mietvertrag über. Diese
Solidarhaftung bezieht sich nicht nur auf
die hauptvertragliche Pflicht des Mieters,
den Zins und die Nebenkosten zu bezahlen,
sondern auch auf Schadenersatzansprüche
wegen Vertragsverletzung, wie z.B. die Verletzung
der Pflicht zur rechtzeitigen und ordnungsgemässen
Rückgabe der Mietsache.
Eine Solidarverpflichtung, welche an Bestand
und Gültigkeit des Vertrages gebunden ist,
ist nicht übermässig im Sinne von Art. 27
ZGB.
Quelle: Mietgericht als erste Instanz: Urteil
des Mietgerichts vom 9.12.2004
Obergericht als zweite Instanz: Beschluss
des Obergerichts vom 6.05.2005
Bundesgericht als letzte Instanz: Urteil des
Bundesgerichts vom 23.09.2005 (4C.208/
2005) |
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2. Mietrecht allgemein
Thema: Klage auf Rückzahlung des Depots
bei gemeinsamer Miete
Frage: Kann ein Mieter alleine auf Rückzahlung
des Depots klagen?
Antwort: Nein. Bei einer Klage auf Rückzahlung
des Depots müssen beide Parteien als
notwendige Streitgenossen klagen. Erhebt
nur ein Mieter Klage, ist diese wegen fehlender
Aktivlegitimation abzuweisen.
Quelle: Urteil des Mietgerichts vom
11.11.2005
Thema: Mängelbehebung durch den Vermieter
Frage: Kann der Mieter zusätzliche Leistungen
wie die Vornahme von weitergehenden
Renovationen oder gar Verbesserungen
verlangen?
Antwort: Macht der Mieter Mängel geltend,
kann er nur die Mängelbehebung, nicht aber zusätzliche Leistungen wie die Vornahme
von weitergehenden Renovationen oder gar
Verbesserungen verlangen. Lehnt der Mieter
die vom Vermieter angebotene Mängelbeseitigung
ab, weil er mehr will, entfallen die
Ansprüche auf Mietzinsherabsetzung und
auf Schadenersatz.
Quelle: Urteil des Mietgerichts vom 20.04.
2005 |
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3. Kündigungsschutz
Thema: Härte von Drittpersonen bei der Erstreckungsbemessung
Frage: Kann die Schlichtungsbehörde bei
der Bemessung der Erstreckungsdauer auf
die Härte von Drittpersonen abstellen?
Antwort: Es kommt darauf an. Bei der Bemessung
der Erstreckungsdauer ist eine allfällige
Härte von Drittpersonen (z.B. Interessen des
Alleinaktionärs, wenn AG Mieterin ist; Härte
des Arbeitnehmers des Mieters) nur in Ausnahmefällen
zu berücksichtigen. Drittinteressen
können jedoch ausnahmsweise dort als
härtebegründende Umstände zum Zuge
kommen, wo sie die Interessen des Mieters
mit Blick auf die bisherigen Vertragsbeziehungen
zwischen den Parteien derart beeinflussen,
dass sie gewissermassen zu Interessen
des Mieters selbst werden. So zum Beispiel
das Desinteresse von qualifizierten Arbeitnehmern,
an einem weiter weg gelegenen Ort
für den Mieter tätig zu sein, in Verbindung
mit dem Interesse des Mieters, diese Arbeitnehmer
infolge des Umzugs an einen weiter
entfernten Ort nicht zu verlieren.
Thema: Zweiterstreckung und Suchbemühungen
Frage: Welche Anforderungen sind an die
Suchbemühungen bei Zweiterstreckung zu
stellen?
Antwort: Die Suchbemühungen müssen
systematisch und regelmässig erfolgen.
Quelle: Urteil des Mietgerichts vom
17.10.2005 |
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4. Verfahren
Thema: Weiterzugsmöglichkeit, wenn
beide Parteien im Kündigungsschutzverfahren
unterliegen
Frage: Wenn beide Parteien bei einem Kündigungsschutzverfahren
unterliegen, haben
beide das Recht, vor Mietgericht zu klagen?
Antwort: Ja, fällt die Schlichtungsbehörde
in einem Kündigungsschutzverfahren einen
Entscheid, in dem beide Parteien mit ihren
Anträgen (teilweise) unterlegen sind, hat
jede Partei eine selbstständige Erst- oder
Zweitklage innert der 30-tägigen Frist von
Art. 273 Absatz 5 OR beim Gericht einzureichen.
Hat nur eine Partei innert dieser
Frist Klage erhoben, kann sie vor Durchführung
der Hauptverhandlung ihre Klage
zurückziehen, ohne dass die Gegenpartei
anzuhören und ihr Gelegenheit zu geben
ist, eigene Anträge zu stellen. Findet eine
Hauptverhandlung statt, kann die beklagte
Partei indessen Widerklage oder andere
Begehren erheben, sofern dies nach kantonalem
Prozessrecht zulässig ist.
Quelle: 1. Instanz: Beschluss des Mietgerichts
vom 16.06.2005
2. Instanz: Beschluss des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 20.09.2005
Letzte Instanz: Urteil des Bundesgerichts
vom 7.03.2006 (4C.367/2005) |
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Die ZMP kann bei folgender Adresse bestellt
werden:
Mietgericht und Schlichtungsbehörde
Wengistrasse 30, 8004 Zürich
Die elektronische Bestellung ist auch möglich
unter der Adresse:
www.bezirksgericht-zh.ch. |
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* lic. iur., HEV Zürich |
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