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HEV 1/2007 Inhaltsverzeichnis
Recht

     
  Missbräuchliche Ergreifung
eines Rechtsmittels
* Cornel Tanno
 
     
  Wer ein aussichtsloses Rechtsmittel ergreift und sich dessen Rückzug entschädigen lässt, nutzt regelmässig den drohenden Verzögerungsschaden des Bauherrn für verfahrensfremde Zwecke aus, was sittenwidrig ist.  
     
  Als Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass der Bürger für sein vermeintliches Recht Rechtsmittel und Rechtsbehelfe ergreifen kann und dass das auch dann nicht rechtswidrig ist, wenn er mit diesen Schritten unterliegt. Das Verhalten einer Partei im Prozess ist nur dann sitten- und daher rechtswidrig, wer die Verfahrensrechte missbräuchlich, böswillig oder wider Treu und Glauben in Anspruch nimmt. Das Zahlungsversprechen für einen Verzicht auf eine rechtliche Befugnis gilt dann als sittenwidrig, wenn es auf einer Kommerzialisierung der Rechtsposition der verzichtenden Partei beruht. Konkret bezogen auf Rechtsmittel in Bausachen hat das Bundesgericht in BGE 123 III 101 ff. erwogen, dass das Verzögern von Bauvorhaben durch administrative oder gerichtliche Verfahren zu beträchtlichem volkswirtschaftlich unerwünschtem Schaden führen kann. Wird der Umstand, dass ein solcher Verzögerungsschaden droht, vom Prozessgegner zur Erlangung verfahrensfremder Zwecke ausgenutzt, ist das sittenwidrig. Dabei ist nicht jeder entgeltliche Verzicht verpönt; das ist erst dann der Fall, wenn mit der Vereinbarung (Zahlung gegen Rechtsmittelverzicht) allein der drohende Verzögerungsschaden des Bauherrn verhindert und nicht eine mit dem Bauvorhaben verbundene Beeinträchtigung des Nachbargrundstückes ausgeglichen werden soll.
Eines bedarf dabei allerdings der Präzisierung: Ein Bauvorhaben wird in einer Vielzahl von Fällen geeignet sein, dem Nachbarn einen Schaden zuzufügen. Ein bisheriges Gebäude wird erweitert oder aufgestockt oder seine Nutzung intensiviert; dies kann mit steigenden Immissionen oder etwa mit der Beeinträchtigung der Aussicht verbunden sein.
Zu diesem Punkt hält das Bundesgericht im vorerwähnten Entscheid sinngemäss fest, dass das Ergreifen eines Rechtsbehelfes dann missbräuchlich ist, wenn der einspracheberechtigte Nachbar keine Einwände gegen das Bauvorhaben vorgebracht hat oder vorbringen kann, deren Gutheissung negative Auswirkungen auf sein Grundstück verhindert hätte. Der Vorbehalt, dass sich der Nachbar die Zahlung für einen drohenden Schaden gültig versprechen lassen darf, ist also eingeschränkt auf den Fall, wo er mit dem Erfolg seines Rechtsbehelfes diesen Schaden vermeiden könnte. Wo etwa die Aufstockung eines Gebäudes baurechtlich in guten Treuen beanstandet werden kann, darf der Nachbar sich gegen den Verzicht auf ein Rechtsmittel eine Zahlung zum Ausgleich der Wertminderung seines Grundstückes gültig versprechen lassen. Lässt sich jedoch jemand vom Bauwilligen den Ausgleich eines Nachteiles versprechen, obwohl er nach Treu und Glauben nicht damit rechnen kann, das Projekt mit baurechtlichen Mitteln zu verhindern, bleibt sein Verhalten zweck- und rechtswidrig. Letzteres hat zur Folge, dass das Entgelt nicht geschuldet ist.
 
     
  * lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich  
 
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