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HEV 1/2007 Inhaltsverzeichnis
Fluglärm

     
  Drei Klagen betreffend
Lärmentschädigung gutgeheissen
* Dr. Peter Ettler
 
     
  Nach dem Willen der für den Kanton Zürich zuständigen Eidg. Schätzungskommission soll Fluglärm weiterhin wenig kosten und Ruhe in den eigenen vier Wänden im Kanton Zürich wenig wert sein. Stark lärmbelastete Einfamilienhäuser sollen entschädigt werden, alle übrigen Liegenschaften leer ausgehen.  
     
  Nach 8 Jahren (!) liegen 18 Urteile vor:
3 Eigentümer sollen eine Entschädigung erhalten, 15 leer ausgehen. Die 18 Pilotfälle waren sorgfältig ausgewählt: Sie erfüllten bei der Eingabe 1998 alle drakonischen Kriterien des Bundesgerichts an die Voraussehbarkeit des Fluglärms (Erwerb vor 1.1.1961), die Spezialität (Lärmbelastung über dem Immissionsgrenzwert) und die Schwere des Schadens (erhebliche Vermögenseinbusse). Im Leitentscheid BGE 130 II 394ff zur Verjährung hatte das Bundesgericht u.a. auch festgehalten, dass die Schäden in Opfikon grundsätzlich speziell und schwer seien.
 
     
  Etwas näher betrachtet, sieht die Bilanz wie folgt aus:  
     
  Einfamilienhäuser …
… werden in ganz Opfikon-Glattbrugg entschädigungsberechtigt, ausser sie befinden sich im alten Dorfkern Opfikon, wo der Immissionsgrenzwert der ES III wegen des Swissair-Crashs seit 2003 nicht mehr überschritten wird. Das von der ZKB für Unique entwickelte hedonische MIFLU-Modell weist für Einfamilienhäuser in Opfikon einen Minderwert von ca. 20% aus. Die Schätzungskommission schätzte die Liegenschaften ebenfalls, aber nach der Lageklasse- Methode, und nahm den Durchschnitt beider Schätzwerte. Das führte zu um etwa 2% bis 3% tieferen Entschädigungen als nach MIFLU. Nachteilig für die Entschädigungssätze wirkte sich die seit 1997 stark gesunkene Schallbelastung in Opfikon aus. Im Bereich des Südanflugs fanden sich keine EFH.
Wo Entschädigungen zugesprochen werden, sollen sie nach dem Willen der Schätzungskommission von 1997 bis 2006 in zwanzig Jahrestranchen abgetragen werden. Die verfallenen Jahrestranchen werden bei Rechtskraft des Urteils sofort zur Zahlung fällig, die künftigen jährlich. Dabei hat die Schätzungskommission eine Revisionsmöglichkeit eingebaut, wenn das definitive Betriebsreglement erhebliche Veränderungen der Lärmbelastung in Opfikon zu Gunsten oder zu Ungunsten der einen oder der anderen Partei erwarten lässt.
 
     
  Mehrfamilienhäuser
Die Schätzungskommission hat sämtliche Forderungen abgewiesen. Es seien keine Ertragseinbussen feststellbar. Häufig bezeichnete sie die erzielte Bruttorendite als hoch. Sie berücksichtigte das beträchtliche Mietzinssteigerungspotenzial der Pilotliegenschaften überhaupt nicht. Die Eigentümer hatten glaubhaft geschildert, dass sie sich mit zurückhaltender Mietzinsgestaltung bemühen, gute Mieter zu halten und den Nachteilen häufiger Mieterwechsel und weiteren Problemen zu entgehen. Ein von den Eigentümern eingereichtes Vergleichsbeispiel einer Liegenschaft mit für den Grossraum Zürich üblichen, erheblich höheren Mieten wurde im Urteil nicht einmal erwähnt. Dort zeigt sich, dass sich Leerstände und Mietzinsausfälle häufen. Auch die eingeschränkte Dispositionsfreiheit der Eigentümer im lärmbelasteten Gebiet bei grosszyklischen Renovationen fand keine Beachtung.
 
     
  Bauland
Auch dafür wendete die Schätzungskommission die Lageklasse-Methode an und kam so auf 15 oder mehr Prozent Minderwert für das Bauland. Sie verneinte aber den erheblichen Schaden, da bei einer späteren Überbauung der Schaden unter die 10-Prozent-Schwelle sinken werde, wenn man den Wert der noch gar nicht erstellten Baute mitberücksichtige (!). Genau gleich argumentierte sie, wenn Land erst nach 1961 überbaut worden war. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Bundesgericht in Genf auch Land ohne Einbezug künftiger Überbauungsmöglichkeiten entschädigt hatte.
 
     
  Direkter Überflug
Unter Verschärfung der ohnehin schon strengen Bundesgerichtspraxis entschädigte die Schätzungskommission einen Eigentümer eines MFH im Südanflug nicht, obwohl dieses im 1,250-Korridor liegt, da die Südanflüge nur zu eingeschränkten Zeiten und damit zu wenig regelmässig stattfänden und die Flugzeuge den 1,250-Korridor ohnehin nicht ausnützten. Für Überflüge durch startende Flugzeuge im left turn über Opfikon verneinte es die Entschädigungsberechtigung ebenfalls.
 
     
  Bilanz
Selbst wenn man die erheblich tiefere Lärmbelastung der letzten Jahre berücksichtigt, sind die Entschädigungen für EFH tief. Die verweigerte Entschädigung für Ertragsliegenschaften und für Bauland bewirkt, dass Eigentümer gleich doppelt bestraft werden: Wegen des übermässigen Lärms verlieren sie ihre (vom Mietrecht ohnehin stark eingeschränkte) Verfügungsfreiheit über die Mietzinsgestaltung und über die Verwendung ihrer Liegenschaften bei Umbauten und Renovationen. Zugleich erhalten sie keine Entschädigung. Unique bzw. der Kanton Zürich sind die lachenden Dritten.
Positiv ist zu vermerken, dass die Eidgenössische Schätzungskommission sämtlichen privaten Eigentümern je Liegenschaft Fr. 4000.– Parteientschädigung zugesprochen hat. Dabei hat sie auch begründet, dass dieselbe Entschädigung sämtlichen weiteren Eigentümern, welche nicht im Pilotverfahren stehen, zugesprochen werde. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesgericht die Urteile der Schätzungskommission beurteilen wird. Diese sind – abgesehen vom teilweisen Erfolg bei den EFH – ein Schlag gegen das Grundrecht auf Eigentum, das Verursacherprinzip und die Lärmbekämpfung. Gute Lebens- und Wohnqualität ist ein wichtiger Standortfaktor im internationalen Benchmarking. Ihnen ist daher ebenso Sorge zu tragen wie einer guten Verkehrserschliessung.
 
     
  * Rechtsanwalt, Zürich  
 
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