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Die Verwandtenmiete
* Martin Byland |
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Die Vermietung von Wohnungen an Verwandte oder Freunde zu einem
Vorzugsmietzins ist immer wieder ein Thema in der Beratung. In einem
Entscheid hat das Bundesgericht diesbezüglich Klarheit geschaffen 1). |
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Zu beurteilen war ein Fall einer Steuerpflichtigen
im Kanton Zürich, welche ihr Einfamilienhaus
ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn
für einen jährlichen Mietzins von
Fr. 18 960.– vermietet hatte. In ihrer Steuererklärung
deklarierte die Steuerpflichtige diesen
Mietzinsertrag anstelle des höheren Eigenmietwerts
von Fr. 36 900.–. Der Steuerkommissär
akzeptierte dies nicht, sondern
rechnete die Differenz zwischen Mietzins und
Eigenmietwert im Umfang von Fr. 14 352.– als
Einkommen auf. Das Bundesgericht folgte
demgegenüber dem Entscheid der Bundessteuerrekurskommission
und entschied, dass
lediglich der effektiv erzielte Mietertrag besteuert
werden dürfe. Für eine Besteuerung
der Differenz zwischen Eigenmietwert und
vereinbartem Mietzins fehle es an einer
Rechtsgrundlage. |
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Die Begründung des Bundesgerichts
Das Bundesgericht hält fest, dass die
Steuerbehörden grundsätzlich auf die von
den Steuerpflichtigen abgeschlossenen Verträge
abzustellen haben. Sie dürften nur
dann davon abweichen, wenn die Steuerpflichtigen
ausschliesslich um der Steuerersparnis
willen ein ungewöhnliches Vorgehen
gewählt hätten, d.h., wenn eine
Steuerumgehung vorliege.
Für eine Steuerumgehung braucht es |
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1. |
eine ungewöhnliche, sachwidrige oder
absonderliche Rechtsgestaltung, welche
den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig
unangemessen erscheint, |
2. |
eine Rechtsgestaltung, von der anzunehmen
ist, dass sie lediglich deshalb getroffen
wurde, um Steuern einzusparen, und |
3. |
eine erhebliche Steuerersparnis. |
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Bei der Vermietung von Liegenschaften
oder Wohnungen an Verwandte sei dies der
Fall, wenn der vereinbarte Mietzins bloss
gering sei oder gar symbolischen Charakter
aufweise. Liege ein reiner Mietvertrag vor,
sei der Mietzins erst dann als ungewöhnlich
und den wirtschaftlichen Gegebenheiten
völlig unangemessen einzustufen, wenn der
vereinbarte Mietzins den Grenzwert für
eine gemischte Schenkung (Kanton Zürich:
weniger als 75% der Gegenleistung) klar
unterschreite. Erst wenn der Mietzins weniger
als die Hälfte des Eigenmietwerts betrage,
sei zu vermuten, dass der Mietvertrag
missbräuchlicherweise lediglich deshalb abgeschlossen
worden sei, um Steuern zu sparen.
Da im konkreten Fall der vereinbarte
Mietzins 51,4% des Eigenmietwertes betrug
und ein reiner Mietvertrag vorlag – die Steuerpflichtige
hatte kein Mitbenutzungsrecht an
der vermieteten Wohnung –, blieb es bei der
Besteuerung des tatsächlich vereinbarten
Mietzinses. |
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Grundsätze
Ein Steuerpflichtiger, welchem ein Grundstück
aufgrund von Eigentum oder einem
Nutzungsrecht wie Nutzniessung oder Wohnrecht
zur Verfügung steht, hat den Eigenmietwert
als Einkommen zu versteuern (sog.
Eigennutzung). Die Eigennutzung kann auch
durch seine Ehefrau, seine Kinder oder andere
Personen, die unentgeltlich in seinem Haushalt
wohnen, erfolgen. Eine vom Eigentümer
zu versteuernde Eigennutzung liegt auch dann
vor, wenn eine Wohnung einer Drittperson
unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird,
ohne dass eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht
vereinbart wird (Gebrauchsleihe). Zwar
muss die Drittperson dabei keinen Mietwert
versteuern, hingegen kann die unentgeltliche
Nutzung als Schenkung besteuert werden.
Dies kann je nach Verwandtschaftsgrad
erhebliche Steuerfolgen nach sich ziehen.
Anders präsentiert sich die Situation, wenn
der Eigentümer die Liegenschaft einem Dritten
unentgeltlich aufgrund einer Nutzniessung
oder eines Wohnrechtes überlässt, welche im
Grundbuch einzutragen sind; diesfalls hat der
Eigentümer mangels Eigennutzung keinen
Eigenmietwert zu versteuern, sondern der
Nutzungsberechtigte ist dazu verpflichtet.
Sobald eine Liegenschaft einem Dritten gegen
Entgelt überlassen wird, hat der Eigentümer
den erzielten Ertrag zu versteuern, sei es aufgrund
eines Mietvertrages, einer Nutzniessung
oder eines Wohnrechtes.
Die steuerrechtliche Behandlung der
Fragen rund um die verschiedenen Nutzungsarten
des Grundstücks ist nicht nur für den
Laien schwierig zu durchschauen. Zu denken
ist insbesondere auch an die Steuerfolgen bei
der Einräumung einer entgeltlichen oder
unentgeltlichen Nutzniessung oder eines
Wohnrechtes. Es ist deshalb nicht verwunderlich,
dass jeder Kanton eine eigene Praxis
kennt und die wenig konsistente Rechtsprechung
des Bundesgerichtes umstritten ist. Der
vorliegende Entscheid zur Verwandtenmiete
betrifft die Direkte Bundessteuer, er gilt jedoch
auch für die Staats- und Gemeindesteuern des
Kantons Zürich. |
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Fazit
Wer jemandem ein Haus oder eine Wohnung
zu günstigen Konditionen überlassen
will, hat zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten.
Dies gilt insbesondere bei der Nutzniessung
und beim Wohnrecht, da zahlreiche
Varianten offen stehen, bei welchen auf die
Wünsche und den finanziellen Spielraum der
Beteiligten Rücksicht genommen werden kann
(z.B. im Rahmen eines Erbvorbezuges). Wer
eine weniger umfassende und einfacher zu
widerrufende Lösung sucht, hat grundsätzlich
zwei Möglichkeiten: |
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1. |
Wird die Wohnung «gratis» überlassen,
hat der Eigentümer weiterhin den Eigenmietwert
zu versteuern; für die geschenkte
Miete wird bei der begünstigten Person
eine Schenkungssteuer erhoben. |
2. |
Als Alternative kann ein ortsüblicher Mietvertrag
abgeschlossen werden (mit allen
mietrechtlichen Folgen). Der Eigentümer
muss in diesem Fall nur den effektiv erzielten
Mietzins versteuern. Voraussetzung ist
dabei, dass sich der Mietzins auf mehr als
die Hälfte des Eigenmietwertes beläuft, ein
Mitbenutzungsrecht des Eigentümers ausgeschlossen
ist und auch sonst keine
zusätzlichen vertraglichen Vereinbarungen
vorliegen (z.B. Gegenleistungen aus Arbeitsrecht
oder in Form von Pflegeleistungen
usw.). |
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Die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten
bietet durchaus Raum für steuerlich interessante
Lösungen. Um Überraschungen zu vermeiden,
ist allerdings eine umfassende
Abklärung der Vor- und Nachteile empfehlenswert. |
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1) Bundesgericht, 28. Januar 2005, 2A.535/2003 |
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* lic. iur. Rechtsanwalt, TBO Treuhand AG, Zürich |
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