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HEV 3/2007 Inhaltsverzeichnis
Unser Garten

     
  «Do hesch denn s Gschenk!»
* Barbara Scalabrin-Laube
 
     
  Der Frühling naht, die Tage werden länger, Gärtnerinnen und Gärtner greifen zur Gabel und zum Spaten und freuen sich, dass die Winterruhe vorbei ist. Sie freuen sich an den Frühblühern, kontrollieren, ob die im Winter blühende Heckenkirsche Lonicera purpusii auch wirklich duftet, die ersten Tulpen bereits blühen und die frühen Schneeglöckchen schon wieder einziehen. Die Vögel zwitschern, die Sonne wärmt, das Leben A (im Gegensatz zum Leben Z) kann nicht besser sein. Winterblues, Nebel und Kälte sind vergessen.
Beim Jäten und Lockern bleibt Zeit zum Denken und zum Tagträumen. Fragen tauchen auf. Beobachtungen werden gemacht:
 
 
Sollte diese Hosta nicht schon längst geteilt werden?
Ist jener Bärenklau nicht zu üppig?
Die Goldnessel hat sich stark ausgebreitet.
Von dieser Wallwurz habe ich eigentlich mehr als genug!
Die Sämlinge des Storchenschnabels will ich nicht kompostieren, aber wohin damit?
Was mach ich bloss mit den vielen Goldruten? Sie gefallen mir, aber…
 
     
  Wie erlösend kann in solchen Momenten der Gedanke daran sein, dass ja die Tochter einer Freundin im letzten Herbst in ein neu gebautes Haus eingezogen ist. Fehlt nicht für den Kauf von Pflanzen meistens das Geld, wenn das neue Haus eingerichtet und die Rechnungen für den Bau von Sitzplätzen und Wegen bezahlt sind? – Ein Anruf genügt. Die junge Frau kommt gar selber vorbei und hilft beim Ausgraben der «milden Gaben» und nimmt sie gleich mit.
Wer keine Bekannten mit neu angelegtem Garten hat, erinnert sich vielleicht an jemanden, der einen grossen Garten hat und bestimmt irgendwo ein Plätzchen für die armen, überzähligen Pflänzchen findet.
 
      Wir gehören zur letzteren Kategorie der Beschenkten. Oft werden uns Pflanzen angeboten, die anderswo keinen Platz mehr haben, einem Umbau weichen müssen oder zu üppig wachsen. Da die Schwäche meines Mannes, möglichst nichts (vor allem keine Pflanzen) wegzuwerfen, im Freundeskreis längst bekannt ist, wird mit Vorliebe er (wenn möglich ohne mein Wissen!) gefragt, ob er für diese Palme oder jene Wollmispel, die zum Überwintern zu gross geworden sind, nicht ein Herz habe. Ob wir nicht gern einen Schneefelberich (Lysimachia clethroides) haben möchten? Am Teichrand würde sicher eine Gruppe des Kreuzkrautes (Ligularia przewalskii) gut aussehen!  
  Labium Galeobdolon
Labium Galeobdolon
   
       
  Bei solchen Gelegenheiten macht es mir immer weniger Mühe, mich einzumischen und das grosszügige Geschenk abzulehnen, denn das Sprichwort «Aus Erfahrung wird man klug» habe ich während unserer Gartenjahre als allzu wahr kennen gelernt.
Wenn ich an all die «Geschenke» zurückdenke, die den Weg zu uns fanden, habe ich – neben positiven Gefühlen – negative Erinnerungen:
Oft werden einem die Pflanzen angeboten, die sich gut ausbreiten, sich leicht versamen, Ausläufer treiben oder zum Verwildern geeignet sind, von denen man wegen ihrer Wuchsfreude bald zu viele hat. Diese nehmen am neuen Platz schnell überhand, bedrängen vielleicht schwächere Nachbarn und sind nach kurzer Zeit wieder feil, denn wer möchte beispielsweise einzig das sich üppig ausbreitende Maiglöckchen (Convallaria majalis) zwischen allen Gehölzen wachsen sehen? Ich mag den Duft der weissen Glöckchen, aber die Blätter sehen bereits im Sommer nicht mehr attraktiv aus. Am selben Standort machen sich die Waldmeister (Gallium odoratum) breit, deren Blattschmuck ebenfalls relativ früh unansehnlich wird. Gegen den Bärlauch (Allium ursinum) habe ich jüngst den Kampf aufgegeben. So viel Suppe, Pesto und Salat kann auch eine Liebhaberin dieses Krautes nicht verdauen!
 
  Die Palme hingegen hat ein trauriges Ende gefunden. Getreulich hat sie mein Mann Jahr für Jahr im Herbst ins Gewächshaus gebracht, obwohl ihr Topf immer grösser und schwerer wurde. Dann aber wurde die Türe zu schmal und das Gewächshaus zu niedrig. Der Herbst war mild. Wir entschlossen uns, die Palme auszupflanzen, ihr ein besonders gut drainiertes Pflanzloch zu geben, damit sie im Winter nicht im Wasser steht. Ein Platz im ehemaligen Steingarten bot sich an, obwohl das mediterrane Gewächs nirgends so richtig in unsern Cottage-Garten passen wollte. Mit viel Liebe und Kies wurde das Werk vollbracht.      
    Lysimachia Clethroides
Lysimachia Clethroides
 
       
  Der Herbst war weiterhin mild, die Palme wuchs an. Im Winter dann musste sie Schnee und Kälte ertragen, wir aber hofften, dass sie überlebe. Tatsächlich, die Blätter blieben grün; erst im April wurden sie gelb und fielen ab! Im Juni aber trieb sie wieder aus! Der langen Geschichte bitteres Ende folgte erst zwei Jahre später. Im letzten Sommer mussten wir einsehen, dass die Palme den Winter nicht überlebt hatte.
Es gäbe noch viele Geschichten über Gartengeschenke zu erzählen. Ich erinnere mich an die Topinambur (Helianthus tuberosus), die sich wild vermehrten, obwohl wir sie – vermeintlich – alle geerntet und gegessen hatten. Ein Alptraum sind die Goldnesseln (Lamium galeobdolon ‹Florentinum›), mit denen ich Jahr für Jahr kämpfe. Auch die Kriechhimbeere (Rubus pentolabus), ein Geschenk aus England, bewurzelt sich schneller, als ich eingreifen kann. Mit Schmetterlingssträuchern (Buddleja davidii) und schwarzem Holunder (Sambucus nigra) könnte ich das ganze Dorf beliefern. Den unzähligen Sämlingen des Gewürzfenchels (Foeninculum vulgare) machen glücklicherweise die Schnecken (!) meistens den Garaus. Da es im Sommer oft längere Zeit trocken ist, breitet sich der Wiesenknöterich (Persicaria bistorta) weniger als erwartet aus. Der Straussgoldfelberich (Lysimachia thyrsiflora) hingegen übersteht Trockenperioden unbeschadet und bildet unterirdische Ausläufer, während wir den Fieberklee (Menyanthes trifoliata) vor dem Zungenhahnenfuss (Ranunculus lingua) in Schutz nehmen müssen. Die himmelblau blühende Wallwurz (Symphytum grandiflorum) könnte einen mit ihren starken unterirdischen Ausläufern leicht verzweifeln lassen, wäre sie nicht so attraktiv, dass sie trotz der grossen Wuchskraft bleiben darf, was mich manchmal meine fehlende Konsequenz verdammen lässt.
 
      Geschenke im Garten haben mich aber noch etwas Weiteres gelehrt, das mich heute manchmal verlockende Angebote ablehnen lässt: Sie kommen selten allein! So habe ich mit Lenzrosen (Helleborus x Hybridus) aus einem verwaisten Garten die ersten Baumtropfen/Giersch (Aegopodium podagraria) importiert. Mit den hübschen Weinbergtulpen (Tulipa sylvestris) hat sich die knotige Braunwurz (Scrophularia nodosa) eingeschlichen, eine Staude, über die ich in der Fachliteratur lese: «Diese wertvollste heimische Art wächst gut in jedem normalen Gartenboden, auch an trockeneren und dunkleren Standorten. Kann sich in kleineren Gärten stark ausbreiten.» (Jelitto, Schacht, Simon: Die Freilandschmuckstauden, Stuttgart 2002. Band 2, Seite 840).  
  Tulipa Sylvestris
Tulipa Sylvestris
   
       
  Als ob ich nicht schon genug Unkraut hätte! – Oder wie obiges Beispiel zeigt, nicht Unkraut, sondern wertvollste Arten, die aber am falschen Ort wachsen und andere Pflanzen bedrängen.
Nun werden Sie fragen, was ich denn selber mit meinen überzähligen Pflanzen mache. Selbstverständlich werfe ich diese nicht gern auf den Kompost, denn ich freue mich, wenn sie andernorts weiter wachsen. Allerdings habe ich versucht, die Wucherer aus unserem Garten zu verbannen, da sie mir zu arbeitsintensiv sind. Wenn ich ihrer nicht Meister werde und/oder sie trotz ihrer Ausbreitung attraktiv finde, gebe ich sie höchstens auf ausdrücklichen Wunsch weiter. So habe ich beispielsweise nur nach langem Wenn und Aber einige Ableger der Goldnessel verschenkt, da ich weiss, wie es einem mit ihnen ergehen kann. Habe ich aber beispielsweise aus Samen gezogene Jungpflanzen der Strauchpaeonien, der verschiedenen Helleborus und der Distel ‹Miss Willmott’s Ghost› (Eryngium giganteum) oder beim Jäten entdeckte Storchenschnabel- oder Buxusjungpflanzen, dann bringe ich sie mit Stolz in Töpfen mit sterilisierter Erde in andere Gärten.
Wenn ich aber einmal mehr im Sommer die Gehölze in der frei wachsenden Hecke von den sie eng umschlingenden Trieben des wintergrünen Geissblattes (Lonicera japonica ‹Halliana›) befreie und mir dabei schwöre, diesen Schlinger nächstens zu vergiften, dann bin ich sicher, dass ich alle Geschenke konsequent ablehnen werde!
Übrigens: Haben Sie Lust auf ein Geschenk? – Die eingangs erwähnte, immergrüne Wollmispel (Eriobotrya japonica) braucht einen neuen Platz, denn mit ihrer Höhe von drei Metern wird sie im kommenden Herbst nicht mehr in unser Gewächshaus passen!
 
     
  * Cottage Garden, 8453 Alten  
 
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