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Auch Pflanzen haben graue Haare!
* Barbara Scalabrin-Laube |
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«Grossvater, diese Pflanze muss uralt sein.
Sie hat ja bereits graue Haare!», soll ein kleiner
Knabe beim gemeinsamen Spaziergang durch
den Garten zu seinem Grossvater gesagt
haben. Die beiden hatten die silbergrauen,
behaarten Blätter der Salvia argentea (Silberblattsalbei)
entdeckt, welche der Enkel als Zeichen
des Alters deutete. Hat der genau beobachtende
Bub mit seiner Aussage in Bezug auf
die Menschen Recht, trifft sie bei den Pflanzen
nicht zu. Silberne Haare haben Letztere, weil
sie sich damit vor Hitze und starkem Sonnenschein
schützen. Sie alle bevorzugen sonnige
Plätze und möglichst durchlässige Böden. In
den Schatten gepflanzt, sehen sie wirklich
«alt» aus oder gedeihen gar nicht.
Meine liebste grauhaarige Staude ist eine
Distel, stachelig, widerspenstig, trotzdem von
besonders anmutigem Wuchs, genau so, wie
ich es auch bei Menschen mag! «Miss Willmott’s
Ghost» heisst in England das zweijährige
Eryngium giganteum, die Elfenbeindistel,
aus dem Irak. Miss Willmott, eine exzentrische
englische Gartenliebhaberin (1858–
1934), soll die Samen dieser Bienenfutterpflanze
jeweils als Gast in anderen Gärten
heimlich ausgestreut haben. Wir selber haben
die ersten Pflanzen nicht etwa heimlich
«geschenkt» bekommen, sondern freiwillig
ausgepflanzt. Seither staunen wir, wo sie
überall auftauchen, am häufigsten im Kies der
Gartenwege, wo ich sie im Randbereich gern
dulde. Mit selber vermehrten Jungpflanzen
als Geschenk sorge ich dafür, dass sie auch in
andern Gärten wachsen! (Miss Willmott
indessen imitiere ich nicht, denn heimliche
Geschenke im Garten sind mir eher unheimlich.)
Übrigens, die berühmte Gärtnerin beschäftigte in ihren besten Zeiten zweihundert
uniformierte Gärtner, um sich ihren Gartentraum
zu verwirklichen. Das war etwas zu
viel; sie starb völlig verarmt! |
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Die Grauhaarige Pflanzen habe ich genauso
gern wie die Anekdoten um die sagenumwobene
Gärtnerin. Wie Silberschmuck wirken
diese im Garten: Sie schmeicheln den zartgelben
Blüten, lassen Rot besonders leuchten
und Blau sanft wirken. Sie vermitteln z.B. zwischen
Rosa und Gelb, zwei Farbtönen, die
nebeneinander vielleicht wenig harmonisch
wirken, mit Silber dazwischen jedoch spannend
sein können. Im weissen Garten verstärken
gezielt eingesetzte Grauhaarige den Eindruck
einer hellen, lichten Atmosphäre. |
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Campanula persicifolia, Campanula medium,
Rosa «Bonica», Stachys bycantina und Artemisia
«Powis Castle». |
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Von zeitgenössischen Gartendesignern
werden graue Pflanzen gern mit «schwarzen» kombiniert. Ich selber finde vor allem
die verschiedenen Blattformen faszinierend:
So hat die Artemisia «Powis Castle» zart
geschlitzte Blätter, während die Cynara
cardunculus, die Artischocke, dagegen kräftige vielfingrige Blätter aufweist. Aber
auch die filzigen Eselsohren der Stachys
byzantina finde ich attraktiv. Ihre rosa Blüten
sind unauffällig, die Blätter hingegen bilden
silberne Teppiche, die im Winter nicht einziehen.
In unserm Garten hat sich dazwischen
die feinblättrige Zypressenwolfsmilch Euphorbia
cyparissias «Fens Ruby» angesiedelt, ein
lieblicher Kontrast. |
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Wer sich ein Beet in Pastelltönen anlegen
möchte, wird beim Auswählen der Pflanzen
auf grauhaarige und silberne nicht verzichten,
wird doch damit das Sanfte der zarten Farbtöne
verstärkt: Die verschiedenen Lavendel,
das Currykraut (Helichrysum italicum), das
stark würzig riechende Heiligenkraut (Santolina
chamaecyparissus) und die graufilzige Salbei
(Salvia officinalis) können statt im Kräutergarten
in diesem Beet einen Platz finden.
Ebenso attraktiv sind die stark gefiederten
Blätter der bereits erwähnten Artemisia «Powis Castle», eines Zierwermuts. Katzen
schätzen zudem das starke Aroma der Katzenminze,
in der sie sich mit Vorliebe wälzen
und die Pflanze damit im Austrieb zerstören.
Die Sorte Nepeta racemosa «Walkers
Low» scheint weniger stark zu riechen, wird
sie von den Vierbeinern doch in Ruhe gelassen. Ich bevorzuge sie wegen ihrer langen
Blütezeit, den blauen, ährenförmigen Blüten
und der Standfestigkeit bei einer Höhe von
etwa 60 cm. Ausserdem wird sie von den
Schnecken gemieden. |
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Stachys bycantina und Artemisia «Powis Castle». |
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Ferner wachsen an sonnigen Stellen auch
die fiedrigblättrigen Schafgarben. Besonders
silbrig sind die Blätter der Achillea «Moonshine». Mit einer Höhe von etwa 40 cm und
den hellgelben Blüten passt sie, in einer Gruppe
gepflanzt, in den Vordergrund einer
Rabatte. Will man mit Kontrasten arbeiten,
wäre eine Yucca filamentosa mit den pfeilförmigen
Blättern eine mögliche Partnerin. Sie
wächst am besten in nährstoffarmem Boden.
Einen ähnlichen Effekt kann man mit verschiedenen
Iris barbata, den Bartiris, erreichen.
Will man eine ausnehmend hohe Silberpflanze
haben, wählt man vielleicht eine
Königskerze. Als besonders silberfilzig gilt die
Königshaarsilberkerze (Verbascum bombyciferum)
aus Kleinasien. Sogar der Blütenstand dieser Art ist seidig-filzig behaart, so dass sich
die schwefelgelben Blüten fast etwas verstecken. |
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Vielleicht möchten Sie gar einen Baum mit
silbernen Blättern haben. Als «Schweizerin»
käme die in den Alpen heimische Zwergweide
(Salix helvetica) in Frage. Sie hat neben den
haarigen Kätzchen silbergraue, behaarte
Blättchen und wird bloss etwa 50 cm hoch.
Seit ich sie in einem Topf kultiviere, entwickelt
sie sich gut. An verschiedenen Plätzen in
unserem Garten ausgepflanzt, ist sie jeweils
nach kurzer Zeit verschwunden. Offensichtlich
hat ihr der schwere Lehmboden nicht
behagt. |
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Stachys bycantina |
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Ein Opfer der Mäuse wurde einer der
beiden weidenblättrigen Birnbäume (Pyrus
salicifolia). Der in Ruhe Gelassene erfreut uns
im Frühling mit feinen, weissen Blüten und
nachher mit den silbernen, schmalen Blättern.
Die etwa 3 cm langen Birnchen hingegen sind
kein Genuss.
Leider ist die silberne Ölweide (Elaeagnus
«Quicksilver») nicht garantiert winterhart,
aber ihren unscheinbaren gelben, stark duftenden
Blüten und den silbrigen Blättern kann
ich, nachdem ich sie kürzlich in England wieder
gesehen habe, nicht mehr länger widerstehen.
Vielleicht wird der nächste Winter
mild!
Noch weniger winterhart sind die knorrigen
Olivenbäume (Olea europaea), die
natürlich auch in den Silbergarten gehören.
Sie müssen im Kalthaus überwintern. Dort
stehen sie dann zusammen mit dem Convolvulus
cneorum, dem Silberbusch aus dem
Mittelmeergebiet, der nicht nur wegen der
silbernen Blätter, sondern auch wegen der
zahlreichen weissen Windenblüten entzückt.
Daneben steht das Teucrium fruticans, ein
hellblau blühender, strauchiger Gamander mit
graufilzigen Blättern. |
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Einfacher zu kultivieren und völlig winterhart
ist hingegen der Sanddorn (Hippophaë
rhamnoides). Anspruchslos und schmuck
mit seinen roten Früchten hat er nur einen
kleinen Fehler: Er breitet sich mit Ausläufern
aus! Übrigens ist das Gehölz zweihäusig.
Um Früchte ernten zu können, braucht
es eine weibliche und eine männliche Pflanze.
Auch die zweijährige schottische Distel
(Onoporum acanthium), die in fruchtbarem
Boden bis 1,8 m hoch werden kann, ist ein
problemloser, aber stachliger Gast im Garten. |
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Athyrium metallicum (Farn) und Hosta «Hadspen blue» |
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Längst nicht alle silberhaarigen Pflanzen
kann ich im Rahmen dieses Artikels aufführen.
Meine Auswahl ist subjektiv und
lückenhaft, vor allem auch, da wir selber in
unserem halbschattigen Garten nur beschränkt
die richtigen Standorte anbieten
können. Da können Sie sich sicher vorstellen,
wie beglückt ich war, als ich in einer Gärtnerei
in England verschiedene Sorten des blaugrauen
Farns (Athyrium niponicum monstr. metallicum)
entdeckte, die ich mir bereits im Moorbeet
neben dem silbergrauen Lamium maculatum
«White Nancy» und dem leicht silbrig
wirkenden Rhododendron Yakusimanum-
Hybriden vorstelle. Schade, ist der Raum im
Koffer jeweils begrenzt!
Aber Träume von Pflanzen mit grauen Haaren müssen nicht Schäume bleiben! |
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* Cottage Garten, 8453 Alten |
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