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HEV 1/2008 Inhaltsverzeichnis
Vom Bauen

     
  Eigentum und schöpferische Kraft
Rechtsanwalt Walter Maffioletti
 
     
  Geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter
Urheberrechtlich geschützte Werke sind geistige Schöpfungen der Literatur und Kunst, die unabhängig von ihrem Wert oder Zweck individuellen Charakter haben. Die Zeitschrift «Zürcher Hauseigentümer», die Sie gerade vor Augen haben, ist ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Das Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (URG) erwähnt als mögliche geschützte Werke ausdrücklich «Werke der Baukunst».
 
     
  Baukunst
Werke der Baukunst sind gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichtes Werke, bei denen Räume durch menschliche Einwirkungen gestaltet werden. Die urheberrechtlich als Werk geschützte Schöpfung muss sinnlich wahrnehmbar gemacht werden. Geschützt werden auch Modelle und Pläne eines Projektes, solange das Bauwerk als solches bereits erkennbar ist. Alle Hochbauten, Garten- und Parkanlagen sowie Innenausstattungen gelten grundsätzlich als Werke der Baukunst.
 
     
  Neu, originell, individuell
Die Individualität ist eine Voraussetzung für den urheberrechtlichen Schutz und wird vom Bundesgericht bejaht, wenn das Bauwerk eine neue, originelle und individuelle Idee beinhaltet, wobei keine zu hohen Anforderungen an die Originalität gestellt werden, da Bauwerke in der Regel einem bestimmten Zweck zu dienen haben. Für die Individualität bei Bauwerken genügt ein geringer Grad klar ersichtlicher, selbstständiger Entwurfsarbeit. Dies gilt insbesondere dort, wo durch die Zweckbestimmung der Baute und durch gesetzliche Bedingungen der kreative Spielraum des Planers eingeschränkt wird. Auch ein einfaches Einfami-lienhaus ist vom URG geschützt, unabhängig davon, ob schon ähnliche Objekte in der Baulandschaft in grosser Zahl vorhanden sind. Es braucht kein Olgiati-Haus, um die Individualität des Werkes zu bejahen! Ein durchschnittlicher und gewöhnlicher Bau genügt schon, massgebend ist sein Individualcharakter.
 
     
  Urheber
Urheber ist die natürliche Person, die das Werk geschaffen hat. Das Urheberrecht entsteht durch Schaffung des Werkes durch den Urheber, ohne weitere Handlungen wie Anmeldungen oder Eintragungen.
 
     
  Urheberrecht
Das Urheberrecht beinhaltet das Recht für den Urheber zu bestimmen, ob, wann und wie sein Werk verwendet wird. Dies gilt auch für das ausschliessliche Recht, Werkexemplare herzustellen. Der Bauherr kann Pläne für ein bestimmtes Haus kein zweites Mal benützen. Schliesslich beinhaltet das Urheberrecht das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk geändert oder zur Schaffung eines Werks zweiter Hand verwendet werden darf. Werke zweiter Hand sind geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter, die unter Verwendung bestehender Werke in ihrem individuellen Charakter erkennbar bleiben. Ein Haus, das auf Grund schon bestehender Pläne leicht verändert (Originalprojekt noch ersichtlich) und gebaut wird, kann beispielsweise ein Werk zweiter Hand sein. Dem Bauherrn muss bewusst sein, dass er über diese Rechte nicht verfügt, es sei denn, der Planer erklärt sich einverstanden, sein Urheberrecht abzutreten, was aber eine entsprechende Vereinbarung und Entschädigung voraussetzt. Der Bauherr kann grundsätzlich nicht eigenmächtig Pläne ändern oder einen bestehenden Bau verändern.
Zu guter Letzt ist zu betonen, dass sich der Planer jeder Entstellung seines Werks widersetzen kann, die ihn in der Persönlichkeit verletzt. Dies gilt auch, wenn ein Dritter vertraglich oder gesetzlich befugt ist, das Werk zu ändern oder zu verwenden.
Der Urheber kann sich gegen die Entstellung seines Werks zur Wehr setzen, wenn diese sein Ansehen oder seine Ehre beeinträchtigt. Je origineller ein Werk ist und je mehr es durch die Hand des Planers geprägt ist, desto eher kann eine Entstellung als rufschädigend qualifiziert werden. Selbstverständlich kann der Planer sein Einverständnis zu derartigen Handlungen geben. Die Aufstockung eines klassischen Hauses mit einer Attikawohnung kann beispielsweise in dieser Hinsicht problematisch sein. Als Folge des Urheberrechtsschutzes sieht das URG verschiedene Behelfe vor: Klagen auf Beseitigung der Verletzung, Schadenersatzklagen, Anspruch auf Schadenersatz und Gewinnherausgabe, Genugtuung und Veröffentlichung des Urteils auf Kosten der unterlegenen Partei.
Für die erfolgreiche Abwicklung eines Bauvorhabens ohne Verzögerungen ist dem Bauherrn und dem Planer zu empfehlen, sich mit dem Thema «Urheberrecht» von Anfang an auseinanderzusetzen.
 
     
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