HEV Zürich  
Monatsschrift
Home
Verband
Veranstaltungen Seminare
Monatsschrift
Formulare
Handwerker
Links
HEV 1/2008 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Die angemessene Raumtemperatur in Wohnräumen  
     
  Draussen frieren – drinnen schwitzen?  
         
  Tiziano Winiger
lic. iur.
Kathrin Spühler
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich
  Gemäss Art. 256 OR ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und in demselben zu erhalten. Zumindest hier in der kühlen Schweiz ist es erforderlich, dass Wohnund Geschäftsräume mehrere Monate im Jahr beheizt werden müssen. Andernfalls wäre der vorausgesetzte Gebrauch der Mietsache nicht gewährleistet. Wenn also die Heizung einmal nicht funktionieren sollte oder aus anderen Gründen nicht ausreichend geheizt wird, liegt gemäss heutiger Rechtsprechung ein Mangel an der Mietsache vor. Der Mieter der kalten Wohnung kann nach Art. 259a ff. OR vorgehen und die Behebung des Mangels durch den Vermieter verlangen oder allenfalls eine Mietzinsreduktion.  
   
     
  Usanzen verändern sich
Ab wie viel Grad Celsius ist nun aber ein Wohnraum infolge zu niedriger Temperatur mangelhaft im Sinne des Gesetzes? In der Schweiz haben sich immer wieder Gerichte mit der Temperaturfrage befassen müssen. Nachfolgend kurz zusammengefasste Rechtsprechung zeigt auf fast schon erheiternde Weise, wie sich die Bedürfnisse der Mieterinnen und Mieter im Laufe der Jahrzehnte geändert haben. In BGE 42 II 349 (aus dem Jahr 1916) sah das Bundesgericht eine Temperatur von 15°C als ausreichend an, während einiges später zum Beispiel vom Bezirksgericht Zürich im Jahre 1935 eine Temperatur von 18°C als angemessen betrachtet wurde. Auch im Kanton Neuenburg wurden 18°C als Limite angesehen, bis 1988 das Genfer Kantonsgericht in einem Entscheid eine Raumtemperatur von 17°C bis 18°C erstmals als mangelhaft bezeichnete und in der Folge einen Anspruch auf Mietzinsreduktion bejahte. Beispielhaft erachtete das Tessiner Kantonsgericht 1995 bei einer Temperatur von 16°C eine Mietzinsherabsetzung von 20% als angemessen.
 
     
  20°C bis 21°C
Allgemeingültige Usanzen, wie warm es heute in einer Wohnung sein muss, haben sich in der Folge entwickelt. Andere Lebensgewohnheiten des modernen Menschen geben den Pegel an. So ist eine Durchschnittstemperatur von 20°C bis 21°C zwischen 7.00 und 23.00 Uhr angebracht, denn der «Durchschnittsbürger» pflegt in der Regel die Nachtruhe zwischen 23.00 und 7.00 Uhr.
Diese Mindesttemperatur gilt auch für Badezimmer, was nicht nur den Lebensgewohnheiten entspricht, sondern ebenfalls der Vermeidung von Feuchtigkeitsschäden dient. Angemessene Temperaturen machen also aus dieser Sicht auch für den Vermieter durchaus Sinn. Allerdings ist auch unbestritten, dass in den Nachtstunden auch tiefere Temperaturen herrschen dürfen, insbesondere lassen sich dadurch auch Heizkosten einsparen. Trotzdem darf die Temperatur auch in der Nacht nicht unter 15°C absinken, und die Heizung darf keinesfalls ganz abgestellt werden, zumal dies auch ein energetischer Unsinn wäre, da die Aufwärmzeit ein Vielfaches an Energie verbrauchen würde.
 
     
  Flexibilität
In der Regel sollte geheizt werden, wenn die Aussentemperatur unter 14°C sinkt. Theoretisch wäre so die reguläre Heizperiode normalerweise von Mitte September bis Mitte Mai. Bei den heutigen hierzulande vorherrschenden klimatischen Verhältnissen ist aber etwas mehr Flexibilität gefragt, da gelegentlich im Sommer winterliche Temperaturen herrschen und umgekehrt. So ist denn gegebenenfalls auch ausserhalb der Heizperiode zu heizen, damit die Räumlichkeiten in einem mangelfreien Heizzustand sind.
Flexibilität und Fingerspitzengefühl sind insbesondere während solchen Zeiten auch gefragt, wenn verschiedene Mietparteien ganz verschiedene Lebensgewohnheiten und Bedürfnisse haben, haben doch beispielsweise Nachtmenschen und Frühaufsteher nicht die gleichen «Regelnachtruhezeiten». So darf – auch bei gesteigerten Ansprüchen betreffend Wärmekomfort – erwartet werden, dass allfällige subjektive Temperaturempfindungen der Mieter durchaus mit Unterstützung von warmen Pullovern und/oder Pantoffeln temporär abgefedert werden.
 
 
Inhaltsverzeichnis Seitenanfang
Hauseigentümerverband Zürich  Albisstrasse 28  Postfach  8038 Zürich
Telefon 044 487 17 00  Fax 044 487 17 77  www.hev-zuerich.ch  hev@hev-zuerich.ch
Hauseigentümerverband Zürich, Albisstrasse 28, 8038 Zürich