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HEV 1/2008 Inhaltsverzeichnis
Unser Garten

     
  Topiary oder von
schrägen Vögeln im Garten
* Barbara Scalabrin-Laube
 
     
  War es in der Renaissance in Europa noch üblich, den Gehölzen mit der Schere eine kunstvolle Form zu geben, wurde diese Kunst, die Ars Topiaria, in der Epoche der Landschaftsgärten verächtlich als Baumverschnitt oder Baumstutzerei bezeichnet. Viele der kunstvoll geschnittenen Figuren wurden in der Folge ausgerissen und weggeworfen.  
     
  Wer heute durch ein Gartencenter geht, weiss, dass der Formschnitt (Topiary) wieder beliebt ist. Buchskugeln in allen Grössen, Spiralen, Kegel, Bären, Vögel und vieles mehr werden (meist aus Buchs oder Heckenkirsche) angeboten und in unsere Gärten gepflanzt.
Den ersten geschnittenen Figuren begegnete ich in England. In East Lambrook Manor, einem Garten in Somerset, waren es die von Margery Fish liebevoll «Puddings» genannten, eierförmig geschnittenen Scheinzypressen (Chamaecyparis lawsoniana «Fletchen»), die mir die Augen für Topiary im Garten öffneten. Nach dieser ersten bewussten Begegnung achtete ich auf geschnittene Hecken, auf einzelne Figuren, ganze Szenerien und freute mich an den teilweise witzigen Kunstwerken.
 
     
   
     
  Da ich Kontraste mag, gern schmunzle und auch Kitsch nicht abgeneigt bin, begann ich in unserem Garten mit in Form geschnittenen und frei wachsenden Gehölzen zu arbeiten. Als Sammlerin von verschiedenen Buchsarten und -sorten konzentrierte ich mich vorerst auf Topiary aus Buchs. Unsere «Puddings» oder Eier erinnern mich an East Lambrook, ein Eichhörnchen begrüsst unsere Gäste, Kugeln rollen den Hang hinunter, Vögel stehen zwischen geschnittenen Hecken, Spiralen wachsen in Töpfen. Buchsbäume formen die Felder einer schachbrettähnlichen Rabatte, unseres Borders. Dazwischen wachsen Stauden und Laub abwerfende Blütengehölze, die im Sommer die künstlichen Figuren in den Hintergrund drängen. Wird es aber Winter, rücken die Topiarys in den Mittelpunkt und werden zu wichtigen Elementen im kahlen Garten. Alles wird ruhig, streng und straff. Nur die wenigen Tiere wirken verspielt.
Auf der Suche nach andern Grüntönen wählte ich das dunkle Grün der Eibe (Taxus baccata). Eine in Form geschnittene Hecke bildet den idealen Hintergrund für unser Border. «Ordnung und Fülle», eines der Prinzipien der Engländerin Gertrude Jekyll, wird dadurch auf einfache Art und Weise erfüllt. Die strengen geometrischen Hecken nämlich geben der überbordenden Staudenpracht in der Vegetationszeit einen Rahmen, der manchmal fast gesprengt wird.
 
     
   
     
  Im Eingangsbereich wollten wir den Garten nicht allzu direkt präsentieren und versteckten ihn hinter einer Hainbuchenhecke (Carpinus betulus). Hainbuchenhecken verbergen zudem unser Auto auf dem Parkplatz.
Dass ich im Garten nicht nur einen Vogel habe, ist seit letztem Winter längst kein Geheimnis mehr. Ein Vogel war auch die erste Figur, die ich selber kreierte, nachdem ein Gast bemerkt hatte, mir fehle bloss noch ein schräger Vogel! Beim nächsten Besuch in der Gärtnerei suchte ich einen geeigneten Buchsbaum. Zwei Haupttriebe sollte er haben, einen für den Kopf und einen für den Leib und den Schwanz. Jahr für Jahr näherte ich mich mit der Schere meiner Vorstellung meines schrägen Vogels, der anfänglich eher wie ein jämmerlich zerschnittenes Herz aussah. Allmählich aber zeigten sich die gewünschten Formen und unsere Gäste erkannten den Formschnitt als Vogel. Nach etwa sechs Jahren war es so weit: Der schräge Vogel war geboren, nur war er nicht auffallend schräg!
Sicher werden Sie sich fragen, wann der ideale Zeitpunkt zum Schneiden sei. Ich selber gehe von der Beobachtung des Austriebs aus. Deshalb schneide ich die Buchsbäume – wenn möglich – nach der kalten Sophie, also etwa Ende Mai. Dann sind die neuen Triebe entwickelt, aber noch weich, und ich kann ohne grosse Anstrengung auf die gewünschte Form zurückschneiden. Allerdings besteht bei heissem Wetter die Gefahr, dass die Gehölze einen Sonnenbrand einfangen. Um dies zu vermeiden, schneide ich gern, wenn der Wetterbericht für die Tage nach dem Schnitt schlecht ist. Sollte es trotzdem heiss werden, könnte man die Pflanzen schattieren, ein Unterfangen, das sich in unserem Garten nicht leicht bewerkstelligen lässt. Ebenfalls im späten Frühjahr schneiden wir die Hainbuchen, die allerdings im August oder September einen zweiten Schnitt verlangen, da sie von grosser Wuchskraft sind. Mit dem Schnitt der Eibenhecke warten wir meistens bis im September. Andreas Anderegg von der auf Formgehölze spezialisierten Baumschule Anderegg in Langenthal stellte die Regel auf, dass Eibe und Buchs grundsätzlich während des ganzen Jahres geschnitten werden können ausser in den Monaten Juli und August, wenn die Gefahr eines Sonnenbrandes zu gross ist. Ich selber finde einen Schnitt in den Wintermonaten, also kurz vor dem erneuten Wachstumsschub, überflüssig, da ich dann schon bald wieder schneiden müsste. Hingegen schneide ich meine Buchsbäume, wenn ich den idealen Zeitpunkt Ende Mai verpasst habe, oft erst im September. Sie treiben dann nochmals ein wenig nach und gehen in schönem Kleid in den Winter.
 
  Wichtiger als der richtige Zeitpunkt für den Schnitt scheint mir die Frage nach dem Werkzeug zu sein, das vor allem gut geschliffen sein muss. Je nach Grösse des Gehölzes verwenden wir die elektrische Heckenschere, die Handheckenschere, die kleine Heckenschere mit Akkubetrieb und manchmal die Rasenkantenschere. Neben dem guten Schliff des Werkzeugs ist eine Desinfektion der Schnittflächen nach dem Schneiden jeder Pflanze wichtig, damit keine Pilze (ein neues Problem bei Buxus) übertragen werden.
Das jährliche Schneiden der Formgehölze ist für die Pflanze ein auch im wahrsten Sinne des Wortes einschneidender Eingriff. Deshalb ist es äusserst wichtig, dass diese Gehölze – genauso wie die frei wachsenden – ihren Standortansprüchen entsprechend gepflanzt und gepflegt werden. Buxus und Taxus können an sonnigen, aber auch an schattigen Plätzen wachsen, Carpinus hingegen bevorzugt Sonne bis Halbschatten. Alle müssen im Frühjahr mit Dünger versorgt werden und brauchen – vor allem in Töpfen – Wasser. Da die drei erwähnten Gehölze winterhart sind, werden sie gern in Kübeln draussen überwintert, eigentlich kein Problem, wenn sie nicht vertrocknen.
     
   
Drahtgestelle gibt es
in vielen Formen und
Grössen.
 
       
  Vor allem nach Frostphasen ist die Erde ausgetrocknet. Dann sollte der Gärtner oder die Gärtnerin das Giessen nicht vergessen.
Für den Formschnitt eignen sich selbstverständlich nicht nur Eibe, Buchs und Hainbuche. Aus japanischen Gärten kennen wir die eleganten Formgehölze mit den Pompons an den Endtrieben oder die schirmförmigen geschnittenen Topiarys. Je nach Standort und Bodenqualität eignen sich dafür Thuja, Pinus (Föhre, Kiefer), Chamaecyparis (Scheinzypresse), Acer (Ahorn), Cornus (Hartriegel) oder Lonicera (Heckenkirsche) und viele andere immergrüne Laubgehölze wie Ilex (Stechpalme) oder Ligustrum.
Vielleicht möchten Sie auch einen schrägen Vogel, eine Spirale oder ein Ei haben, oder Sie wünschen sich gar ein Flugzeug, eine Teekanne oder ein Pferd im Garten. Im Handel gibt es viele bereits geformte Figuren, die aber wegen der oft über Jahre dauernden Entwicklung teuer sind. Wer es nicht wagt, sich seinen Vogel selber zu «schneidern», findet dreidimensionale Drahtoder Chromstahlgestelle. Auf der Suche nach einer Wildschweinrotte sind wir auf Steve Manning (www.topiaryartdesigns.com) gestossen. Der Engländer hat sich auf die Entwicklung von Chromstahlgestellen spezialisiert. Ganz nach Wunsch stellt er alle möglichen Figuren und Formen her und verschickt diese in die ganze Welt. Auf diese Weise kann man sich jeden Wunsch im Garten erfüllen. Die Gestelle müssen bloss mit Buxus oder Taxus bepflanzt werden. Dann braucht es Geduld, aber Jahr für Jahr wächst das Gehölz und kann genau in Form geschnitten werden. Wer ungeduldig ist, kann Steve Mannings Rat befolgen und sein Chromstahlgestell mit Moos füllen oder mit Efeu überwachsen lassen.
Nun mag das alles ja ganz verlockend tönen, nur das Schneiden macht vielfach Angst. Mit den vorgeformten Figuren ist es einfach, schneidet man doch auf die gegebene Form zurück. Ich selber habe die Erfahrung gemacht, dass es bloss ein wenig Mut braucht, um die Schere in die Hand zu nehmen und ein Gehölz zu coiffieren. Anfänglich habe ich oft mit der Handschere gearbeitet, aber unterdessen habe ich Übung bekommen und schneide mit Freude, eine schöne Arbeit mit einem sichtbaren Resultat. Sollte jedoch ein Missgeschick passieren, tröstet der Gedanke, dass alles wieder nachwächst. Diesen Sommer habe ich einem meiner Vögel – zum Abschluss – den halben Schnabel coupiert!
 
     
    Brauchen keinen
eigenen Zoo.
 
     
  * Cottage Garten, 8453 Alten  
 
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