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hat nichts gefruchtet. «Er tue, was er wolle!»
Wir haben ihm zu erklären versucht, dass das
Treppenhaus gemeinschaftliches Eigentum darstellt,
weshalb er seine Dekorationslust auf die
«eigenen vier Wände» zu beschränken habe. Er
findet das lächerlich. Selbst die Argumentation,
dass er mit dem Hinunterwerfen von Gegenständen
auf unsere Terrasse seine Eigentumsrechte
überschreite und wir uns dagegen beim
Richter wehren könnten, lässt ihn kalt. Dieses
Hickhack dauert nun schon mehr als zwei Jahre.
Gibt es keine Möglichkeit, den Störenfried
aus der Gemeinschaft auszuschliessen, dasheisst, ihn zu zwingen, seine Stockwerkeinheit
zu veräussern?
Das Gesetz nennt keine konkreten Gründe,
welche einen Ausschluss mittels Klage nach Art.
649b ZGB rechtfertigen. Ein ausreichend wichtiger
Grund liegt im ausserordentlich schwer
pflichtwidrigen Verhalten eines Stockwerkeigentümers
vor. Es muss nicht unbedingt eine
einzelne gravierende pflichtwidrige Handlung
sein, auch ständiges unverträgliches, aggressives
und schikanöses Verhalten kann einen Ausschlussgrund
darstellen. Dieses Verhalten kann
sich auch nur gegen einen einzelnen Eigentümer
richten, wenn ein weiteres friedliches Zusammenleben
dadurch verunmöglicht wird, sodass
der Gemeinschaft der Verbleib des Störers nicht
mehr länger zugemutet werden kann. Dem
Stockwerkeigentümer wird übrigens auch das
Verhalten von Drittpersonen, die sich bei ihm
aufhalten, angerechnet.
Der Entscheid des Bundesgerichtes BGE 113
II 15 enthält beispielhaft einige grundlegende
Erwägungen, wann das Verhalten des Störers
unzumutbar sein kann. Das trifft allgemein dann
zu, wenn es sich um schwere Eingriffe in
gemeinschaftliches Eigentum geht, wie z.B.
Nutzungsänderungen, Sachbeschädigungen,
Beschimpfungen, Tätlichkeiten und Gewalt
gegen Miteigentümer, eigenmächtige Veränderungen
gemeinschaftlicher Teile u.Ä.
Ein Ausschluss ist denn auch die Ultima
Ratio, stellt er doch so etwas wie eine privatrechtliche
Enteignung dar.
Die Gemeinschaft muss also vorher alles ihr
Zumutbare getan haben, das heisst den Störer
zuerst abmahnen und eindringlich zurechtweisen
und ihm dann auch vorab die Einleitung
eines Ausschlussverfahrens androhen. Sodann
ist zuerst ein Beschluss der Eigentümerversammlung
über den Ausschluss erforderlich,
welcher mit der Mehrheit aller Stockwerkeigentümer
(mit Ausnahme des Betroffenen)
zustande kommen muss. Es braucht dann aber
in einer zweiten Stufe die Bestätigung des Ausschlusses
durch richterliches Urteil.
In der Praxis sind die Hürden zum gutheissenden
Urteil über den Ausschluss extrem hoch.
Zu einem solchen kommt es wohl eher dann,
wenn die gesamte Gemeinschaft vom Verhalten
des Störers in unzumutbarer Weise betroffen ist,
als wenn nur der direkte Nachbar unter dessen
Verhalten zu leiden hat. Dazu sei auch erwähnt,
dass in letzterem Fall – insbesondere bei übermässigen
Lärmimmissionen – dem betroffenen
Eigentümer nachbarrechtliche Schutzbestimmungen
zur Verfügung stehen, welche er vorab
auszuschöpfen hat.
Aus der Praxis sind nicht allzu viele Beispiele
von erfolgreichen Ausschlussverfahren bekannt.
In einem Fall wie dem oben geschilderten
scheint es nicht aussichtslos, den Ausschluss des
Störers zu erstreiten. Die Anforderungen sind
aber sehr hoch.
Es empfiehlt sich, zur genauen Beurteilung
der Rechtslage und der Erfolgsaussichten einen
Anwalt mit entsprechender Erfahrung beizuziehen.
Ein solcher verfügt nicht nur über die unerlässlichen
Rechtskenntnisse, er betrachtet die
Sache auch aus gebührender Distanz und ohne
persönliche Betroffenheit. |
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