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HEV 5/2008 Inhaltsverzeichnis
Die Eigentumswohnung

     
  Der Störenfried  
     
  Was tun, wenn der Nachbar unser Glück als Eigentümer einer eigenen Wohnung jeden Tag von neuem trübt?  
         
  Kathrin Spühler
lic. iur.
Kathrin Spühler,
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich
  Er lässt um Mitternacht laute Musik laufen. Kindergeschrei und Hundegebell aus seiner Wohnung gehören zur Tagesordnung. Seine Wohnungstüre und die angrenzenden Wände im Treppenhaus sind mit Gemälden behängt, die uns überhaupt nicht gefallen. Im Sommer fallen fast täglich irgendwelche Spielsachen von seiner Terrasse auf die unsrige. Es ist sogar schon vorgekommen, dass anlässlich einer feuchtfröhlichen Party Zigaretten und leere Bierdosen bei uns gelandet sind. Obwohl höflich darum gebeten, die allgemeinen Regeln des Zusammenlebens einzuhalten, scheint unser Nachbar unbelehrbar. Besserung ist keine eingetreten. Auch der Hinweis auf die bestehende Hausordnung, in welcher ausdrücklich festgehalten ist, dass lautes Musikhören nach 22 Uhr untersagt ist,  
   
  hat nichts gefruchtet. «Er tue, was er wolle!» Wir haben ihm zu erklären versucht, dass das Treppenhaus gemeinschaftliches Eigentum darstellt, weshalb er seine Dekorationslust auf die «eigenen vier Wände» zu beschränken habe. Er findet das lächerlich. Selbst die Argumentation, dass er mit dem Hinunterwerfen von Gegenständen auf unsere Terrasse seine Eigentumsrechte überschreite und wir uns dagegen beim Richter wehren könnten, lässt ihn kalt. Dieses Hickhack dauert nun schon mehr als zwei Jahre.
Gibt es keine Möglichkeit, den Störenfried aus der Gemeinschaft auszuschliessen, dasheisst, ihn zu zwingen, seine Stockwerkeinheit zu veräussern?
Das Gesetz nennt keine konkreten Gründe, welche einen Ausschluss mittels Klage nach Art. 649b ZGB rechtfertigen. Ein ausreichend wichtiger Grund liegt im ausserordentlich schwer pflichtwidrigen Verhalten eines Stockwerkeigentümers vor. Es muss nicht unbedingt eine einzelne gravierende pflichtwidrige Handlung sein, auch ständiges unverträgliches, aggressives und schikanöses Verhalten kann einen Ausschlussgrund darstellen. Dieses Verhalten kann sich auch nur gegen einen einzelnen Eigentümer richten, wenn ein weiteres friedliches Zusammenleben dadurch verunmöglicht wird, sodass der Gemeinschaft der Verbleib des Störers nicht mehr länger zugemutet werden kann. Dem Stockwerkeigentümer wird übrigens auch das Verhalten von Drittpersonen, die sich bei ihm aufhalten, angerechnet.
Der Entscheid des Bundesgerichtes BGE 113 II 15 enthält beispielhaft einige grundlegende Erwägungen, wann das Verhalten des Störers unzumutbar sein kann. Das trifft allgemein dann zu, wenn es sich um schwere Eingriffe in gemeinschaftliches Eigentum geht, wie z.B. Nutzungsänderungen, Sachbeschädigungen, Beschimpfungen, Tätlichkeiten und Gewalt gegen Miteigentümer, eigenmächtige Veränderungen gemeinschaftlicher Teile u.Ä.
Ein Ausschluss ist denn auch die Ultima Ratio, stellt er doch so etwas wie eine privatrechtliche Enteignung dar.
Die Gemeinschaft muss also vorher alles ihr Zumutbare getan haben, das heisst den Störer zuerst abmahnen und eindringlich zurechtweisen und ihm dann auch vorab die Einleitung eines Ausschlussverfahrens androhen. Sodann ist zuerst ein Beschluss der Eigentümerversammlung über den Ausschluss erforderlich, welcher mit der Mehrheit aller Stockwerkeigentümer (mit Ausnahme des Betroffenen) zustande kommen muss. Es braucht dann aber in einer zweiten Stufe die Bestätigung des Ausschlusses durch richterliches Urteil.
In der Praxis sind die Hürden zum gutheissenden Urteil über den Ausschluss extrem hoch. Zu einem solchen kommt es wohl eher dann, wenn die gesamte Gemeinschaft vom Verhalten des Störers in unzumutbarer Weise betroffen ist, als wenn nur der direkte Nachbar unter dessen Verhalten zu leiden hat. Dazu sei auch erwähnt, dass in letzterem Fall – insbesondere bei übermässigen Lärmimmissionen – dem betroffenen Eigentümer nachbarrechtliche Schutzbestimmungen zur Verfügung stehen, welche er vorab auszuschöpfen hat.
Aus der Praxis sind nicht allzu viele Beispiele von erfolgreichen Ausschlussverfahren bekannt. In einem Fall wie dem oben geschilderten scheint es nicht aussichtslos, den Ausschluss des Störers zu erstreiten. Die Anforderungen sind aber sehr hoch.
Es empfiehlt sich, zur genauen Beurteilung der Rechtslage und der Erfolgsaussichten einen Anwalt mit entsprechender Erfahrung beizuziehen. Ein solcher verfügt nicht nur über die unerlässlichen Rechtskenntnisse, er betrachtet die Sache auch aus gebührender Distanz und ohne persönliche Betroffenheit.
 
 
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