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Paeonia rockii:
Star im Frühlingsgarten
Text: Barbara Scalabrin-Laube, Alten
Fotos: Elisabeth Meier-Solfrian, Zürich-Witikon
Zwar kein Rockstar, aber ohne
Zweifel ein auffallender Stern
am Pflanzenhimmel ist unsere
Strauchpfingstrose Paeonia rockii
mit dem ursprünglichen Namen
Paeonia «Joseph Rock» oder
Paeonia «Rock’s Variety».
Gefällt die holzige Strauchpfingstrose im
Winter wegen ihres stattlichen Wuchses
und der bereits sichtbaren, kräftigen Knospen,
sind es Ende April die zahlreichen, bis
zwanzig Zentimeter grossen, weissen Blüten
mit den braunroten Basalflecken, die
manches «Ah!» und «Oh!» hervorrufen.
Später sind die stark geteilten, mattgrünen
Blätter und die braunschwarz glänzenden
Samen ein Schmuckstück im Garten.
Wir schätzen unsere Paeonia rockii nicht
nur wegen ihrer Höhe von fast zwei Metern
und ihrem harmonischen Wuchs, sondern
auch wegen ihrer Robustheit. Neben den
kleinblütigen Wildformen Paeonia delavayi
(dunkelrote, einfache, leicht hängende Blüten)
und Paeonia lutea var. ludlowii (gelbe,
einfache Blüten) ist der «Rockstar» die einzige |
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Strauchpfingstrose in unserem Garten,
die problemlos wächst und noch nie von
der Päonienwelke befallen wurde. Ihre gezüchteten
japanischen und chinesischen
Schwestern, die wir etwa gleichzeitig gepflanzt
haben, blühen ebenfalls auffallend prächtig, sind aber oft vom Päoniengrauschimmel
(Botrytis paeoniae) befallen:
Junge Triebe – meist mit Knospen – werden
plötzlich welk und grau. Ich schneide sie ab
und verbrenne sie, da ich mit dem Spritzen
von Fungiziden keinen Erfolg hatte.
Unsere Paeonia rockii wächst im Halbschatten.
Sie verträgt aber auch Sonne. Ich
habe sie vor etwa 15 Jahren bei Klehm in
den USA bestellt, weil sie damals in Europa
kaum erhältlich war. (Unterdessen sind einzelne
botanische Exemplare und Züchtungen
in der Schweiz erhältlich.) Wurzelnackt
und ohne Blätter kam die Pflanze im Herbst
an. Da wir – damals noch rechte Anfänger –
nur gerade im Schatten Platz für sie hatten,
pflanzten wir sie ohne besondere Sorgfalt
an einer zudem nassen Stelle. Die Pflanze
scheint uns besonders wohl gesinnt gewesen
zu sein, «belohnte» sie uns doch bereits
im nächsten Frühjahr mit einer Blüte. Da wir
unermüdlich umändern, bekam sie schon
bald einen besseren, halbschattigen Standort.
Das Umpflanzen wurde etwas vorsichtiger
angegangen, denn unterdessen hatten
wir beim Umpflanzen anderer Strauchpäonien
gelernt, dass sie Störungen nicht mögen und sich mit neuen Standorten erst
einmal schwer tun. |
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Aus Erfahrung wird man klug: Pflanzen
wir heute eine verholzende Pfingstrose mit
Erdballen, graben wir ein grosses Pflanzloch
und verbessern den gewachsenen Boden
mit Kompost und feinem Kies (Drainage bei
unserem lehmigen Boden!), bevor wir sie
einsetzen und begiessen. Ist die Jungpflanze
wurzelnackt, wird empfohlen, sie schräg
einzupflanzen, damit sie buschiger wächst.
Die Veredelungsstelle, die man gut erkennt,
sollte dabei mindestens 10 Zentimeter unter
der Erdoberfläche liegen. Im ersten Jahr ist
eine Wassergabe bei Trockenheit und Hitze
Pflicht. Später sind die Gehölze sehr genügsam,
aber dankbar für Düngergaben im
Frühjahr.
Ende April oder Anfang Mai blühen bei
uns verschiedene Strauchpfingstrosen, aber
Paeonia rockii ist in Bezug auf Wuchs und
Blütenzahl (letztes Jahr zählte ich 32 Blüten)
am auffallendsten. Ab und zu schneide ich
eine Blüte für die Vase, obwohl sie nicht
lang hält. Nach der Blüte (die Blütenblätter
fallen von selber ab) wachsen neue Triebe,
und bis im August / September sind die glänzenden, |
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braunschwarzen Samen reif. Es
lohnt sich, diese zu ernten und in einem
Topf auszusäen. Diesen kann man draussen
stehen lassen, denn Päonien sind Frostkeimer,
brauchen also eine Kälteperiode, um
zu keimen.
Nach einem, zwei oder drei Jahren keimen
die Samen, eine harte Geduldprobe.
Kaum sind die Keimblätter entfaltet, gilt es,
den Kampf gegen Schnecken aufzunehmen,
sind doch die Jungpflanzen eine Delikatesse.
Später werden die Pflänzchen
pikiert und während zwei bis drei Jahren in
Topfkultur gehalten. Nach etwa fünf Jahren
kann man mit ersten Blüten rechnen. Sollten
sie nicht der Mutterpflanze gleichen,
sind die fleissigen Bienen, die sich nicht an
die Wünsche der Züchterin halten und von Art zu Art fliegen, an der Neuzüchtung
schuld. |
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Einen Wintermantel braucht unsere
Lieblingspäonie nicht, da sie völlig winterhart
ist. Hingegen muss ich im Frühjahr ab
und zu junge Triebe aus dem Vorjahr
abschneiden, da diese – im Herbst nicht
genügend ausgereift – während der kalten
Jahreszeit absterben. Weitere Schnitte sind
weder nötig noch empfehlenswert, denn
die dicken Blütenknospen stehen an den
Triebspitzen. Letztes Jahr hat ein Helfer eine
unserer Strauchpfingstrosen aus Unwissenheit
bodeneben zurückgeschnitten. Mein
Entsetzen brauche ich wohl kaum zu
beschreiben. Ein Jahr später hat sich die
Pflanze erholt, ist buschiger als vorher und
hat bereits neue Blütenknospen!
Vielleicht fragen Sie sich, woher die
Paeonia rockii ihren Namen hat: Im Jahr
1917 fand der Pflanzenjäger Reginald Farrer
auf einer seiner Expeditionen in China in
Südwest-Gansu eine weisse Strauchpfingstrose
mit einem kastanienbraunen Auge.
Aus nicht bekannten Gründen (ich nehme
an, er konnte zur Zeit der Samenreife nicht
an den Wildstandort zurückkehren) erntete
er keine Samen, sondern berichtete bloss
über seinen Fund. |
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Erst rund 15 Jahre später
lebte der Amerikaner J. F. Rock in einem
Lama-kloster in Choni, wo die Päonie im
Garten wuchs. Er sandte die ersten Samen
ans Arnold-Arboretum an der Harvard University,
von wo aus der «Rockstar» seine
Reise in die Gärten antrat.
Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts
fand der Italiener Gian Lupo Osti Wildstandorte
auf dem Taibashan (Gebirgsmassiv
im Qinling-Gebirge, China) in einer
Höhe von 1000 bis 2800 Metern. Etwas
später wurde festgestellt, dass Farrers Fund
eine eigene Art ist, eben Paeonia rockii, der
Star im Frühlingsgarten. |
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