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Werkvertrag – Geltendmachung der
Rechte nach Mängelrüge
durch den Besteller |
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Der Unternehmer hat dem Besteller nach Abschluss des Werkvertrages
das Werk herzustellen, z.B. das Haus zu bauen. Um den
Vertrag zu erfüllen, muss der Unternehmer das Werk vertragsgemäss,
u.a. auch rechtzeitig, und mängelfrei abliefern. Der Besteller
seinerseits hat dem Unternehmer den vereinbarten Werklohn zu
bezahlen. Ausserdem hat er das Werk sofort auf dessen Beschaffenheit
zu prüfen und etwaige Mängel unmittelbar nach Entdecken zu rügen,
will er seine Gewährleistungsansprüche nicht verwirken. |
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lic. iur.
Sandra Heinemann,
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich |
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Vor der Ablieferung/-nahme des Werkes
Die Ablieferung des
Werkes erfolgt grundsätzlich
mit der Übergabe
des Werkes vom
Unternehmer an den
Besteller. Bei Arbeiten,
welche auf Grund und
Boden des Bestellers
vorgenommen werden,
muss nicht generell
eine Besitzesübertragung erfolgen, da
das Werk durch Verbindung mit dem Eigentum
des Bestellers u.U. automatisch in dessen
Eigentum übergeht. Die Ablieferung
erfolgt in diesem Fall durch eine entsprechende
Mitteilung des Unternehmers oder
auch konkludent, d.h. indem er zusammenräumt
und das Grundstück verlässt. Bis zur
Ablieferung besteht der ordentliche Erfüllungsanspruch.
Danach stehen dem Besteller
grundsätzlich nur noch die Mängelrechte
zur Verfügung. Dem Besteller bleibt es
unbenommen, eine Teilabnahme vorzunehmen,
hinsichtlich welcher daher der Erfüllungsanspruch
durch die Mängelrechte
ersetzt wird. |
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Ersatzvornahme ohne richterliche
Ermächtigung
Kann bereits während der Ausführung
sicher vorausgesehen werden, dass durch
Verschulden des Unternehmers die Werkerstellung
mangelhaft oder sonst vertragswidrig
erfüllt wird, kann ihm der Besteller
eine Frist zur Abhilfe ansetzen (lassen) mit
der Androhung, dass im Unterlassungsfalle
die Verbesserung oder Fortführung des
Werkes auf Gefahr und Kosten des Unternehmers
einem Dritten übertragen werde
(Art. 366 Abs. 2 OR). |
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Nach der Ablieferung/-nahme des Werkes
Achtung! Mängel, welche bereits bei der
Abnahme offensichtlich erkennbar sind,
resp. vom Besteller hätten erkannt werden
müssen, können nicht mehr nachträglich gerügt werden. Jedes Bauobjekt muss
daher bei der Abnahme sorgfältig (mit Protokoll)
geprüft werden! Nach SIA-Norm
118 gilt ein Werk als genehmigt, wenn die
Abnahme ausbleibt und der Besteller das
Werk in Gebrauch nimmt sowie die Mängel
nicht innerhalb eines Monats rügt.
Mängel sind Abweichungen vom Vertrag
(Soll-Ist-Zustand), sprich vereinbarte,
zugesicherte oder als selbstverständlich vorausgesetzte
Eigenschaften liegen nicht vor
oder, bei Vereinbarung der SIA-Norm 118,
die Tauglichkeit des Werkes für den vertraglich
vorausgesetzten oder ortsüblichen
Gebrauch fehlt. Ist dies der Fall, wurde
der Vertrag nicht ordentlich erfüllt. Hat
der Besteller diese Vertragsabweichungen
innert Frist (vgl. HEV 6 /2007, S. 437) und
formgerecht gegenüber dem Unternehmer/
Vertragspartner gerügt und liegt kein
Ausschlussgrund und keine Verjährung vor
(Art. 371 OR; HEV 9/2007, S. 659),
erwachsen ihm daraus die werkvertraglichen
Gewährleistungsrechte, welche nachfolgend
erläutert werden. |
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Die Mängelrechte
Je nach Schwere des Mangels stehen
dem Besteller nach Art. 368 OR verschiedene
verschuldensunabhängige Gestaltungsrechte
zur Verfügung. |
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Wandelungsrecht
Art. 386 Abs. 1 OR erlaubt dem Besteller
bei einem erheblichen Mangel/einer Vertragsabweichung,
welcher zur Unbrauchbarkeit
führt, oder wenn die Annahme
deswegen unzumutbar ist, diese durch einseitige
Willenserklärung zu verweigern.
Dadurch wird der Vertrag ex tunc, d.h. rückwirkend,
aufgelöst (Art. 109 OR analog).
Die Vertragsparteien werden am Ende so
gestellt, als wäre der Vertrag nicht geschlossen
worden. Die gegenseitigen Forderungen
erlöschen und die Parteien haben sich
gegenseitig zurückzugeben, was sie bereits
geleistet haben: Rückübereignung des Werkes
gegen bereits bezogenen Werklohn
(plus Verzinsung) und Anrechnung einer
bereits erfolgten Nutzung des Werks.
Ausgeschlossen ist das Wandelungsrecht
gemäss Art. 368 Abs. 3 OR, wenn das
Werk auf Grund und Boden des Bestellers
errichtet ist und das Entfernen des Werkes
nur mit unverhältnismässigen Nachteilen
durchgeführt werden könnte. Sollte dies
zutreffen, stehen dem Besteller nur die
beiden nachfolgenden Gewährleistungsansprüche
zu. |
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Minderungsrecht
Ist der Mangel/die Vertragsabweichung
minder erheblich, eine Wandelung folglich
nicht gerechtfertigt, kann der Besteller
sein Minderungsrecht nach Art. 368 Abs. 2,
1. Teilsatz, OR ausüben (nur eingeschränkt
möglich bei Vereinbarung der SIA-Norm
118). Er kann den Werklohn entsprechend
dem Minderwert des Werkes kürzen. Die
Herabsetzung des geschuldeten Werklohnes
hat der Besteller mit einseitiger Willenserklärung
vorzunehmen. Hat der Besteller
bereits mehr geleistet, als er aufgrund der
Minderung schuldet, kann er, nach Ausübung
des Minderungsrechts, den zu viel
geleisteten Betrag zurückfordern. |
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Nachbesserungsrecht
Liegt, wie oben beim Minderungsrecht
beschrieben, ein minder erheblicher Mangel/
Vertragsabweichung vor, gibt Art. 368
Abs. 2, 2. Teilsatz, OR dem Besteller ein
unentgeltliches Nachbesserungsrecht. Dieses
ist ausgeschlossen, wenn es dem Unternehmer
übermässige Kosten verursacht.
Übermässig sind die Kosten dann, wenn sie in einem Missverhältnis zum Nutzen stehen,
den die Mängelbeseitigung dem
Besteller bringen würde. Der Besteller muss
dem Unternehmer eine angemessene Frist
ansetzen. Nach der einseitigen Willenserklärung
der Ausübung des Nachbesserungsrechts
entsteht ein (einklagbarer)
Anspruch gegenüber dem Unternehmer,
die Nachbesserung auf seine Kosten innert
Frist vorzunehmen.
Dem Unternehmer steht grundsätzlich
kein Nachbesserungsrecht zu. Ausnahmen
dazu können sich über die vertragliche Vereinbarung
von SIA-Normen oder einzelfallweise
via Art. 2 ZGB ergeben. |
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Ersatzvornahme
Der Besteller kann die Nachbesserung
durch einen Dritten vornehmen lassen,
wenn der Unternehmer dazu nicht in
der Lage ist und der Besteller nach den
Verzugsregeln vorgegangen ist (Art. 107
Abs. 2 OR) oder eine richterliche Ermächtigung
zur Ersatzvornahme eingeholt hat
(Art. 98 Abs. 1 OR). Der Besteller kann
dann vom Unternehmer Schadenersatz
wegen Nichterfüllung der Nachbesserungspflicht
im Umfang des Ersatzes für die entstandenen
Aufwendungen verlangen.
Obgleich Gestaltungsrechte grundsätzlich
unwiderruflich sind, lässt Art. 368 OR
bei Nachbesserungsverzug des Unternehmers
die Gewährleistungsbehelfe wieder
aufleben, d.h. der Besteller kann wählen. |
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Mangelfolgeschaden
Neben dem gewählten Gewährleistungsrecht,
welches bei gegebenen Voraussetzungen
zum Ersatz des Mangelschadens
führt, kann der Besteller bei Verschulden
des Unternehmers (zusätzlich) Schadenersatz
fordern, wenn aus dem Werkmangel
ein Schaden resultiert. |
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Ausschluss der Gewährleistungspflicht/Freizeichnung
Die oben beschriebenen Gewährleistungsansprüche/Mängelrechte können vertraglich,
ausser für arglistig verschwiegene
Mängel, beschränkt oder ausgeschlossen
werden. Gesetzlich ist die Gewährleistungspflicht
ausgeschlossen, wenn |
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der Mangel durch vom Besteller gelieferten
Stoff oder seinen Baugrund verursacht
wurde, solange der Unternehmer
seiner Anzeigepflicht i.S.v. Art. 365 Abs.
3 OR nachgekommen ist; |
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der Besteller den Mangel durch Selbstverschulden
verursacht hat (Art. 269
OR), sofern der Unternehmer u.U.
abgemahnt hat; |
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der Besteller das Werk ausdrücklich oder
stillschweigend genehmigte (Art. 370
OR). |
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