HEV Zürich  
Monatsschrift
Home
Verband
Veranstaltungen Seminare
Monatsschrift
Formulare
Handwerker
Links
HEV 8/2008 Inhaltsverzeichnis
Vom Bauen

     
  Werkvertrag – Geltendmachung der Rechte nach Mängelrüge durch den Besteller  
     
  Der Unternehmer hat dem Besteller nach Abschluss des Werkvertrages das Werk herzustellen, z.B. das Haus zu bauen. Um den Vertrag zu erfüllen, muss der Unternehmer das Werk vertragsgemäss, u.a. auch rechtzeitig, und mängelfrei abliefern. Der Besteller seinerseits hat dem Unternehmer den vereinbarten Werklohn zu bezahlen. Ausserdem hat er das Werk sofort auf dessen Beschaffenheit zu prüfen und etwaige Mängel unmittelbar nach Entdecken zu rügen, will er seine Gewährleistungsansprüche nicht verwirken.  
         
  Sandra Heinemann
lic. iur.
Sandra Heinemann,
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich
  Vor der Ablieferung/-nahme des Werkes
Die Ablieferung des Werkes erfolgt grundsätzlich mit der Übergabe des Werkes vom Unternehmer an den Besteller. Bei Arbeiten, welche auf Grund und Boden des Bestellers vorgenommen werden, muss nicht generell eine Besitzesübertragung erfolgen, da das Werk durch Verbindung mit dem Eigentum des Bestellers u.U. automatisch in dessen Eigentum übergeht. Die Ablieferung erfolgt in diesem Fall durch eine entsprechende Mitteilung des Unternehmers oder auch konkludent, d.h. indem er zusammenräumt und das Grundstück verlässt. Bis zur Ablieferung besteht der ordentliche Erfüllungsanspruch. Danach stehen dem Besteller grundsätzlich nur noch die Mängelrechte zur Verfügung. Dem Besteller bleibt es unbenommen, eine Teilabnahme vorzunehmen, hinsichtlich welcher daher der Erfüllungsanspruch durch die Mängelrechte ersetzt wird.
 
   
     
  Ersatzvornahme ohne richterliche Ermächtigung
Kann bereits während der Ausführung sicher vorausgesehen werden, dass durch Verschulden des Unternehmers die Werkerstellung mangelhaft oder sonst vertragswidrig erfüllt wird, kann ihm der Besteller eine Frist zur Abhilfe ansetzen (lassen) mit der Androhung, dass im Unterlassungsfalle die Verbesserung oder Fortführung des Werkes auf Gefahr und Kosten des Unternehmers einem Dritten übertragen werde (Art. 366 Abs. 2 OR).
 
     
  Nach der Ablieferung/-nahme des Werkes
Achtung! Mängel, welche bereits bei der Abnahme offensichtlich erkennbar sind, resp. vom Besteller hätten erkannt werden müssen, können nicht mehr nachträglich gerügt werden. Jedes Bauobjekt muss daher bei der Abnahme sorgfältig (mit Protokoll) geprüft werden! Nach SIA-Norm 118 gilt ein Werk als genehmigt, wenn die Abnahme ausbleibt und der Besteller das Werk in Gebrauch nimmt sowie die Mängel nicht innerhalb eines Monats rügt.
Mängel sind Abweichungen vom Vertrag (Soll-Ist-Zustand), sprich vereinbarte, zugesicherte oder als selbstverständlich vorausgesetzte Eigenschaften liegen nicht vor oder, bei Vereinbarung der SIA-Norm 118, die Tauglichkeit des Werkes für den vertraglich vorausgesetzten oder ortsüblichen Gebrauch fehlt. Ist dies der Fall, wurde der Vertrag nicht ordentlich erfüllt. Hat der Besteller diese Vertragsabweichungen innert Frist (vgl. HEV 6 /2007, S. 437) und formgerecht gegenüber dem Unternehmer/ Vertragspartner gerügt und liegt kein Ausschlussgrund und keine Verjährung vor (Art. 371 OR; HEV 9/2007, S. 659), erwachsen ihm daraus die werkvertraglichen Gewährleistungsrechte, welche nachfolgend erläutert werden.
 
     
  Die Mängelrechte
Je nach Schwere des Mangels stehen dem Besteller nach Art. 368 OR verschiedene verschuldensunabhängige Gestaltungsrechte zur Verfügung.
 
     
  Wandelungsrecht
Art. 386 Abs. 1 OR erlaubt dem Besteller bei einem erheblichen Mangel/einer Vertragsabweichung, welcher zur Unbrauchbarkeit führt, oder wenn die Annahme deswegen unzumutbar ist, diese durch einseitige Willenserklärung zu verweigern. Dadurch wird der Vertrag ex tunc, d.h. rückwirkend, aufgelöst (Art. 109 OR analog). Die Vertragsparteien werden am Ende so gestellt, als wäre der Vertrag nicht geschlossen worden. Die gegenseitigen Forderungen erlöschen und die Parteien haben sich gegenseitig zurückzugeben, was sie bereits geleistet haben: Rückübereignung des Werkes gegen bereits bezogenen Werklohn (plus Verzinsung) und Anrechnung einer bereits erfolgten Nutzung des Werks.
Ausgeschlossen ist das Wandelungsrecht gemäss Art. 368 Abs. 3 OR, wenn das Werk auf Grund und Boden des Bestellers errichtet ist und das Entfernen des Werkes nur mit unverhältnismässigen Nachteilen durchgeführt werden könnte. Sollte dies zutreffen, stehen dem Besteller nur die beiden nachfolgenden Gewährleistungsansprüche zu.
 
     
  Minderungsrecht
Ist der Mangel/die Vertragsabweichung minder erheblich, eine Wandelung folglich nicht gerechtfertigt, kann der Besteller sein Minderungsrecht nach Art. 368 Abs. 2, 1. Teilsatz, OR ausüben (nur eingeschränkt möglich bei Vereinbarung der SIA-Norm 118). Er kann den Werklohn entsprechend dem Minderwert des Werkes kürzen. Die Herabsetzung des geschuldeten Werklohnes hat der Besteller mit einseitiger Willenserklärung vorzunehmen. Hat der Besteller bereits mehr geleistet, als er aufgrund der Minderung schuldet, kann er, nach Ausübung des Minderungsrechts, den zu viel geleisteten Betrag zurückfordern.
 
     
  Nachbesserungsrecht
Liegt, wie oben beim Minderungsrecht beschrieben, ein minder erheblicher Mangel/ Vertragsabweichung vor, gibt Art. 368 Abs. 2, 2. Teilsatz, OR dem Besteller ein unentgeltliches Nachbesserungsrecht. Dieses ist ausgeschlossen, wenn es dem Unternehmer übermässige Kosten verursacht. Übermässig sind die Kosten dann, wenn sie in einem Missverhältnis zum Nutzen stehen, den die Mängelbeseitigung dem Besteller bringen würde. Der Besteller muss dem Unternehmer eine angemessene Frist ansetzen. Nach der einseitigen Willenserklärung der Ausübung des Nachbesserungsrechts entsteht ein (einklagbarer) Anspruch gegenüber dem Unternehmer, die Nachbesserung auf seine Kosten innert Frist vorzunehmen.
Dem Unternehmer steht grundsätzlich kein Nachbesserungsrecht zu. Ausnahmen dazu können sich über die vertragliche Vereinbarung von SIA-Normen oder einzelfallweise via Art. 2 ZGB ergeben.
 
     
  Ersatzvornahme
Der Besteller kann die Nachbesserung durch einen Dritten vornehmen lassen, wenn der Unternehmer dazu nicht in der Lage ist und der Besteller nach den Verzugsregeln vorgegangen ist (Art. 107 Abs. 2 OR) oder eine richterliche Ermächtigung zur Ersatzvornahme eingeholt hat (Art. 98 Abs. 1 OR). Der Besteller kann dann vom Unternehmer Schadenersatz wegen Nichterfüllung der Nachbesserungspflicht im Umfang des Ersatzes für die entstandenen Aufwendungen verlangen.
Obgleich Gestaltungsrechte grundsätzlich unwiderruflich sind, lässt Art. 368 OR bei Nachbesserungsverzug des Unternehmers die Gewährleistungsbehelfe wieder aufleben, d.h. der Besteller kann wählen.
 
     
  Mangelfolgeschaden
Neben dem gewählten Gewährleistungsrecht, welches bei gegebenen Voraussetzungen zum Ersatz des Mangelschadens führt, kann der Besteller bei Verschulden des Unternehmers (zusätzlich) Schadenersatz fordern, wenn aus dem Werkmangel ein Schaden resultiert.
 
     
  Ausschluss der Gewährleistungspflicht/Freizeichnung
Die oben beschriebenen Gewährleistungsansprüche/Mängelrechte können vertraglich, ausser für arglistig verschwiegene Mängel, beschränkt oder ausgeschlossen werden. Gesetzlich ist die Gewährleistungspflicht ausgeschlossen, wenn
 
 
der Mangel durch vom Besteller gelieferten Stoff oder seinen Baugrund verursacht wurde, solange der Unternehmer seiner Anzeigepflicht i.S.v. Art. 365 Abs. 3 OR nachgekommen ist;
der Besteller den Mangel durch Selbstverschulden verursacht hat (Art. 269 OR), sofern der Unternehmer u.U. abgemahnt hat;
der Besteller das Werk ausdrücklich oder stillschweigend genehmigte (Art. 370 OR).
 
 
Inhaltsverzeichnis Seitenanfang
Hauseigentümerverband Zürich  Albisstrasse 28  Postfach  8038 Zürich
Telefon 044 487 17 00  Fax 044 487 17 77  www.hev-zuerich.ch  hev@hev-zuerich.ch
Hauseigentümerverband Zürich, Albisstrasse 28, 8038 Zürich