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Die Anfechtung des Anfangsmietzinses |
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Ficht die Mieterschaft den Anfangsmietzins an, nachdem sie
den Zuschlag für das Mietobjekt erhalten hat, fühlt sich die Vermieterschaft
verständlicherweise oft vor den Kopf gestossen, weil das in
ihren Augen in einem gewissen Sinne als Wortbruch erscheinen mag.
Dennoch muss klar festgehalten werden, dass Art. 270 Abs. 1 OR
der Mieterschaft gestattet, den Anfangsmietzins bei gegebener Voraussetzung
als missbräuchlich anzufechten und dessen Herabsetzung zu
verlangen. |
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lic. iur.
Giuseppe D'Amato,
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich |
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Grundsätzliches
Die Anfechtung des
Anfangsmietzinses gilt
sowohl für die Miete
von Wohnräumen als
auch von Geschäftsräumen.
Nicht von
Bedeutung ist dabei,
wie der Mietzins ausgestaltet
ist. Der
Anfangsmietzins einer
Index- oder Staffelmiete
ist damit ebenso anfechtbar.
Die Anfechtung des Anfangsmietzinses
erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt gilt
es abzuklären, ob eine der drei nachfolgend
aufgezählten Voraussetzungen zur Anfechtung
gemäss Art. 270 Abs. 1 OR gegeben ist.
Kann eine davon bejaht werden, findet im
zweiten Schritt eine (materielle) Überprüfung
des Mietzinses statt. Es ist dabei Aufgabe der
Mieterschaft, sowohl das Vorliegen einer Klagevoraussetzung
als auch die Missbräuchlichkeit
des Anfangsmietzinses zu beweisen. |
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Die drei Klagevoraussetzungen
1. Persönliche oder familiäre Notlage
Die Mieterschaft hat sich wegen einer
persönlichen oder familiären Notlage zum
Vertragsabschluss gezwungen gesehen
(Art. 271 Abs. 1 lit. a OR). Eine derartige
Zwangslage liegt dann vor, wenn die individuelle
Situation der Mieterschaft
keine andere zumutbare Lösung als
den Abschluss des – bezüglich des Mietzinses
– angefochtenen Mietvertrages zugelassen
hat und ein anderes Verhalten
der Mieterschaft geradezu als unvernünftig
angesehen werden müsste. Für die
Beurteilung dieser Zwangslage sind sämtliche
Umstände im Einzelfall massgebend,
wie zum Beispiel: Scheidung oder Trennung;
Geburt; Umzug wegen des Arbeitsplatzes;
finanzielle Probleme, vor allem in
Verbindung mit einem hohen Mietzins;
Schwierigkeit, eine Wohnung auf Dauer
zu finden etc. Allerdings gilt es zu beachten,
dass sich die Mieterschaft regelmässig
mit angemessener Intensität um ein ihren
Möglichkeiten und Bedürfnissen entsprechendes
Mietobjekt zu bemühen hat,
ansonsten sie sich nicht auf die oben
genannte Voraussetzung berufen kann.
Zudem wird eine Notlage immer dann
grundsätzlich zu verneinen sein, wenn
die Mieterschaft das bisherige, für ihre Bedürfnisse
geeignete Mietverhältnis selber
ordentlich gekündigt hat. |
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2. Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für
Wohn- und Geschäftsräume
Die Mieterschaft ist wegen der Verhältnisse
auf dem örtlichen Markt für Wohn- und
Geschäftsräume zum Vertragsabschluss
gezwungen gewesen (Art. 271 Abs. 1 lit. a
OR). Die Mieterschaft wird hier nachweisen
müssen, dass sie keine Alternative hat finden
können, obwohl sie konkret und intensiv
über einen längeren Zeitraum Suchbemühungen
in der für ihre Bedürfnisse und
Verhältnisse geeigneten Angebotssparte
betrieben hat. Die Heranziehung von veröffentlichten
Statistiken über den so genannten
Leerwohnungsbestand ist hingegen nicht
massgebend, wobei dies in der Lehre nicht
ganz unumstritten ist. |
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3. Anfangsmietzins erheblich erhöht
Die Vermieterschaft hat den Anfangsmietzins
im Vergleich zu dem von der
Vormieterschaft bezahlten Mietzins erheblich
erhöht (Art. 270 Abs. 1 lit. b OR).
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung
ist eine Erhöhung von mehr als 10%
in der Regel erheblich. Umgekehrt folgt
daraus, dass die Mieterschaft den Anfangsmietzins
dann nicht anfechten kann, wenn
der Mietzins nur bis zu 10% erhöht worden
ist. Zu präzisieren ist, dass die Bejahung
einer erheblichen Erhöhung einzig eine
Klagevoraussetzung schafft. Damit wird
also noch keine Aussage über die Missbräuchlichkeit
des vereinbarten Anfangsmietzinses
gemacht. |
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Die materielle Überprüfung des Anfangsmietzinses
Ist eine der Anfechtungsvoraussetzungen
erfüllt, wird in der Folge überprüft, ob der
Anfangsmietzins im Sinne von Art. 269 und
269a OR missbräuchlich ist. Die entsprechende
Beurteilung erfolgt grundsätzlich
nach der absoluten Methode. Führt die Vermieterschaft
also absolute Anpassungsgründe
an, so muss sie den neuen Mietzins unter
Hinweis auf einen ungenügenden Ertrag,
eine kostendeckende Bruttorendite oder
Orts- und Quartierüblichkeit begründen. |
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Das Verfahren
Die Mieterschaft hat nach der Übernahme
der Mietsache 30 Tage Zeit, den Anfangsmietzins
bei der zuständigen Schlichtungsbehörde
anzufechten. Kann sie sich mit
der Vermieterschaft vor der Schlichtungsbehörde
nicht einigen, stellt die Schlichtungsbehörde
lediglich fest, dass zwischen den
Parteien keine Einigung zustande gekommen
ist (Art. 274e OR), da ihr diesbezüglich keine
Entscheidkompetenz zukommt. Es obliegt
somit der Mieterschaft, wenn sie an ihrem
Herabsetzungsanspruch festhalten will, das
Gericht innert 30 Tagen anzurufen (Art. 274f
Abs. 1 OR).
Die Mieterschaft hat während der gesamten
Dauer des Verfahrens den vertraglich
vereinbarten Mietzins zu bezahlen. Reduziert
sie indes den Mietzins von sich aus, riskiert
sie eine ausserordentliche Kündigung wegen
Zahlungsverzug (vgl. Art. 257d OR). |
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