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HEV 8/2008 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Die Anfechtung des Anfangsmietzinses  
     
  Ficht die Mieterschaft den Anfangsmietzins an, nachdem sie den Zuschlag für das Mietobjekt erhalten hat, fühlt sich die Vermieterschaft verständlicherweise oft vor den Kopf gestossen, weil das in ihren Augen in einem gewissen Sinne als Wortbruch erscheinen mag. Dennoch muss klar festgehalten werden, dass Art. 270 Abs. 1 OR der Mieterschaft gestattet, den Anfangsmietzins bei gegebener Voraussetzung als missbräuchlich anzufechten und dessen Herabsetzung zu verlangen.  
         
  Giuseppe D'Amato
lic. iur.
Giuseppe D'Amato,
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich
  Grundsätzliches
Die Anfechtung des Anfangsmietzinses gilt sowohl für die Miete von Wohnräumen als auch von Geschäftsräumen. Nicht von Bedeutung ist dabei, wie der Mietzins ausgestaltet ist. Der Anfangsmietzins einer Index- oder Staffelmiete ist damit ebenso anfechtbar.
Die Anfechtung des Anfangsmietzinses erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt gilt es abzuklären, ob eine der drei nachfolgend aufgezählten Voraussetzungen zur Anfechtung gemäss Art. 270 Abs. 1 OR gegeben ist. Kann eine davon bejaht werden, findet im zweiten Schritt eine (materielle) Überprüfung des Mietzinses statt. Es ist dabei Aufgabe der Mieterschaft, sowohl das Vorliegen einer Klagevoraussetzung als auch die Missbräuchlichkeit des Anfangsmietzinses zu beweisen.
 
   
     
  Die drei Klagevoraussetzungen
1. Persönliche oder familiäre Notlage

Die Mieterschaft hat sich wegen einer persönlichen oder familiären Notlage zum Vertragsabschluss gezwungen gesehen (Art. 271 Abs. 1 lit. a OR). Eine derartige Zwangslage liegt dann vor, wenn die individuelle Situation der Mieterschaft keine andere zumutbare Lösung als den Abschluss des – bezüglich des Mietzinses – angefochtenen Mietvertrages zugelassen hat und ein anderes Verhalten der Mieterschaft geradezu als unvernünftig angesehen werden müsste. Für die Beurteilung dieser Zwangslage sind sämtliche Umstände im Einzelfall massgebend, wie zum Beispiel: Scheidung oder Trennung; Geburt; Umzug wegen des Arbeitsplatzes; finanzielle Probleme, vor allem in Verbindung mit einem hohen Mietzins; Schwierigkeit, eine Wohnung auf Dauer zu finden etc. Allerdings gilt es zu beachten, dass sich die Mieterschaft regelmässig mit angemessener Intensität um ein ihren Möglichkeiten und Bedürfnissen entsprechendes Mietobjekt zu bemühen hat, ansonsten sie sich nicht auf die oben genannte Voraussetzung berufen kann. Zudem wird eine Notlage immer dann grundsätzlich zu verneinen sein, wenn die Mieterschaft das bisherige, für ihre Bedürfnisse geeignete Mietverhältnis selber ordentlich gekündigt hat.
 
     
  2. Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für
Wohn- und Geschäftsräume

Die Mieterschaft ist wegen der Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Geschäftsräume zum Vertragsabschluss gezwungen gewesen (Art. 271 Abs. 1 lit. a OR). Die Mieterschaft wird hier nachweisen müssen, dass sie keine Alternative hat finden können, obwohl sie konkret und intensiv über einen längeren Zeitraum Suchbemühungen in der für ihre Bedürfnisse und Verhältnisse geeigneten Angebotssparte betrieben hat. Die Heranziehung von veröffentlichten Statistiken über den so genannten Leerwohnungsbestand ist hingegen nicht massgebend, wobei dies in der Lehre nicht ganz unumstritten ist.
 
     
  3. Anfangsmietzins erheblich erhöht
Die Vermieterschaft hat den Anfangsmietzins im Vergleich zu dem von der Vormieterschaft bezahlten Mietzins erheblich erhöht (Art. 270 Abs. 1 lit. b OR). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist eine Erhöhung von mehr als 10% in der Regel erheblich. Umgekehrt folgt daraus, dass die Mieterschaft den Anfangsmietzins dann nicht anfechten kann, wenn der Mietzins nur bis zu 10% erhöht worden ist. Zu präzisieren ist, dass die Bejahung einer erheblichen Erhöhung einzig eine Klagevoraussetzung schafft. Damit wird also noch keine Aussage über die Missbräuchlichkeit des vereinbarten Anfangsmietzinses gemacht.
 
     
  Die materielle Überprüfung des Anfangsmietzinses
Ist eine der Anfechtungsvoraussetzungen erfüllt, wird in der Folge überprüft, ob der Anfangsmietzins im Sinne von Art. 269 und 269a OR missbräuchlich ist. Die entsprechende Beurteilung erfolgt grundsätzlich nach der absoluten Methode. Führt die Vermieterschaft also absolute Anpassungsgründe an, so muss sie den neuen Mietzins unter Hinweis auf einen ungenügenden Ertrag, eine kostendeckende Bruttorendite oder Orts- und Quartierüblichkeit begründen.
 
     
  Das Verfahren
Die Mieterschaft hat nach der Übernahme der Mietsache 30 Tage Zeit, den Anfangsmietzins bei der zuständigen Schlichtungsbehörde anzufechten. Kann sie sich mit der Vermieterschaft vor der Schlichtungsbehörde nicht einigen, stellt die Schlichtungsbehörde lediglich fest, dass zwischen den Parteien keine Einigung zustande gekommen ist (Art. 274e OR), da ihr diesbezüglich keine Entscheidkompetenz zukommt. Es obliegt somit der Mieterschaft, wenn sie an ihrem Herabsetzungsanspruch festhalten will, das Gericht innert 30 Tagen anzurufen (Art. 274f Abs. 1 OR).
Die Mieterschaft hat während der gesamten Dauer des Verfahrens den vertraglich vereinbarten Mietzins zu bezahlen. Reduziert sie indes den Mietzins von sich aus, riskiert sie eine ausserordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzug (vgl. Art. 257d OR).
 
 
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