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Wohnrecht und Nutzniessung |
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lic. iur.
Sandra Heinemann,
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich |
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Gemeinsamkeiten
und Unterschiede
Nutzniessung und
Wohnrecht sind beides
nicht übertragbare
(reguläre) Personaldienstbarkeiten,
d.h.
beschränkte dingliche
Rechte, die ein
Grundstück belasten.
Berechtigt aus einer
Personaldienstbarkeit
ist eine bestimmte Person. Typischer Inhalt
von Personaldienstbarkeiten ist, dass der
Belastete sein Eigentumsrecht nicht ausüben
bzw. bestimmte Tätigkeiten unterlassen
muss. Die beiden Rechte sind unübertragbar
und unvererblich.
Die Nutzniessung (Art. 745–775 ZGB) ist
eine Dienstbarkeit, welche zulasten des
Eigentümers einer bestimmten Person,
Nutzniesser, den vollen Genuss, sprich den
Besitz, den Gebrauch und die Nutzung
einer Liegenschaft verleiht, wobei die Substanz
gewahrt werden muss und nicht veräussert
werden darf. |
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Die Liegenschaft kann
ein Haus mit Umschwung, ein Teil eines
Gebäudes oder Grundstücks (Teilnutzniessung)
oder eine Wohnung in einem Haus
sein. Der Nutzniesser bestimmt über die Art
der Bewirtschaftung, z.B. ob er vermieten
will (wobei er die Einnahmen für sich behalten
darf), und Verwaltung des Nutzniessungsobjekts,
welche er einem Dritten
übertragen kann. Dem Eigentümer verbleibt
folglich das nackte Eigentum.
Der Nutzniesser ist aber im Gegenzug
verpflichtet, die Liegenschaft in ihrem
Bestand zu erhalten sowie Ausbesserungen
und Erneuerungen vorzunehmen. Er muss für den gewöhnlichen Unterhalt und die
Bewirtschaftung sowie für die Steuern und
Abgaben wie auch für die Versicherungsprämien
und die Zinsen für die Kapitalschulden
aufkommen. Für wichtigere
Arbeiten hat der Nutzniesser den Eigentümer
zu benachrichtigen und ihre Vornahme
zu gestatten. Werden die Steuern und
Abgaben vom Eigentümer erhoben, so hat
der Nutzniesser ihm dafür Ersatz zu leisten.
Für die Lasten, welche der Eigentümer zu
tragen hat, darf er Gegenstände der Nutzniessung
verwenden, sofern der Nutzniesser
ihm die erforderlichen Geldmittel nicht
unentgeltlich vorschiesst. Der Nutzniesser
hat alle Nebenkosten zu tragen, die sich aus
dem Gebrauch der Liegenschaft ergeben,
auch wenn dies nicht speziell vereinbart ist.
Das Recht der Nutzniessung als solches ist
nicht übertragbar, wohl aber die Ausübung
desselben.
Das Wohnrecht ist in Art. 776–778 ZGB
geregelt. Es räumt dem Wohnrechtsnehmer
die dingliche Befugnis ein, in einem Gebäude
oder einem Teil davon Wohnung zu
nehmen. Inhalt und Umfang des Wohnrechts
bemessen sich nach den persönlichen
Verhältnissen des Berechtigten. Familienangehörige
und Hausgenossen darf der
Berechtigte ebenso aufnehmen wie Gäste.
Ist das Wohnrecht auf einen Teil beschränkt,
darf der Berechtigte die zum
gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten
Einrichtungen mitbenutzen, z.B. Treppenhaus,
Waschküche. Der mitbenützende
Eigentümer hat die Unterhaltskosten in diesem
Fall alleine zu tragen. Der ausschliesslich
Berechtigte hingegen hat für den
gewöhnlichen Unterhalt, nicht aber für
ausserordentliche Reparaturen, aufzukommen. Die Normen über die Nutzniessung
finden auch auf das Wohnrecht Anwendung,
es sei denn, das Gesetz sieht etwas
anderes vor.
Unterschiedlich im Bezug auf Liegenschaften
ist vor allem, dass das Wohnrecht
nur das Recht zum Bewohnen und eben
nicht wie bei der Nutzniessung den vollen
Genuss ermöglicht. Ausserdem betrifft beim
Wohnrecht die Unübertragbarkeit nicht nur
das Recht, sondern auch die Ausübung,
d.h. die Ausübung des Wohnrechts kann
anders als bei der Nutzniessung nicht einem
Dritten übertragen werden, sondern ist
höchstpersönlicher Natur. Damit kann nur
natürlichen Personen, nicht aber Gesellschaften,
ein Wohnrecht eingeräumt werden. |
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Errichtung und Untergang
Die Errichtung einer Nutzniessung oder
eines Wohnrechts an Grundstücken bedarf
der öffentlichen Beurkundung und des Eintrages
im Grundbuch (Art. 746 ZGB). Soll
die Nutzniessung oder das Wohnrecht erst
mit dem Tod des Eigentümers entstehen, ist
die Form der Verfügung von Todes wegen
zur Begründung erforderlich.
Wird ein Wohnrecht gerichtlich (vgl.
auch befristetes Wohnrecht nach Art. 121
Abs. 3 ZGB) im Rahmen der güterrechtlichen
Auseinandersetzung demjenigen Ehegatten
gewährt, der nicht Eigentümer der
Liegenschaft ist, so ist der Eigentümer verpflichtet,
zur Errichtung der Legalservitut
Hand zu bieten. Der gleiche Anspruch auf
Einräumung einer Dienstbarkeit gilt auch
für die Nutzniessung oder das Wohnrecht
des überlebenden Ehegatten nach Ehe und
Erbrecht (Art. 219 Abs. 1, Art. 244 Abs. 2
und Art. 612a Abs. 2 ZGB).
Beide Rechte enden mit dem Tod des
Nutzniessers/Wohnrechtsnehmers. Wurde
eine bestimmte Zeit für die Ausübung
des Rechts vereinbart, erlischt dieses mit
deren Ablauf. Weiter erlöschen die Rechte
unmittelbar mit dem vollständigen Untergang
des Objekts oder wenn der Grundbucheintrag
– wie z.B. aufgrund des Verzichts
seitens des Berechtigten – gelöscht
wird (Art. 748f. ZGB). Darüber hinaus kann
das Wohnrecht unter Umständen wegen
Nichtausübung untergehen. Dies, wenn
z.B. die Ausübung unmöglich geworden ist,
weil der Berechtigte sich ins Pflegeheim
begeben musste und keine Aussicht auf
Rückkehr in die Wohnung besteht. Damit
und wegen seiner Unübertragbarkeit verliert
das Wohnrecht seinen Nutzen, weswegen
der Belastete die Löschung beantragen
kann (Art. 736 ZGB).
Ist die Nutzniessung oder das Wohnrecht
beendigt, so muss der Besitzer dem
Eigentümer die Liegenschaft zurückgeben.
Sollte der Berechtigte das Objekt nicht ordnungsgemäss
gebraucht haben, muss er für
den Minderwert einstehen. Hat er Neuerungen
vorgenommen, zu denen er nicht
verpflichtet war, kann er Rückforderungen
wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag (Art.
419ff. OR) stellen. Sollte ihm der Eigentümer
keinen Ersatz leisten wollen, kann er
die Vorrichtungen entfernen, muss aber
den vorherigen Zustand wieder herstellen.
Beide Seiten müssen ihre Ansprüche innert
Jahresfrist nach Rückgabe geltend machen
(Art. 751–755 ZGB). |
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Ausübung
Der Eigentümer hat gemäss Art. 759ff.
ZGB verschiedene Aufsichts- und Sicherungsbehelfe.
So kann er gegen widerrechtlichen
oder unangemessenen Gebrauch der
Sache Einspruch erheben und bei nachweislicher
Gefährdung seiner Rechte Sicherheit
verlangen.
Im Stockwerkeigentum müssen sich
die beteiligten Personen (Eigentümer und
Nutzniesser/Wohnberechtigter) untereinander
einigen, wer die Stimme abgibt.
Dies kann grundsätzlich erfolgen oder aber
für verschiedene Bereiche unterschiedlich
geregelt werden. Fehlt eine diesbezügliche
Vereinbarung, gelangt die subsidiäre
gesetzliche Regelung zur Anwendung. Art.
712o Abs. 2 ZGB besagt, dass der Nutzniesser/
Wohnberechtigte in allen Fragen der
Verwaltung mit Ausnahme der bloss nützlichen
oder der zur Verschönerung und
Bequemlichkeit dienenden baulichen Massnahmen
stimmberechtigt ist. Bei Abstimmungen
über Einschränkungen der Nutzungsrechte
sowie bei Zweckänderungsbegehren
hingegen ist der Eigentümer
stimmberechtigt.
Sollte der Verwalter unsicher sein, wer
stimmberechtigt ist, tut er gut daran, die
Einladung zur Stockwerkeigentümerversammlung
sowie die Traktanden allen
zukommen zu lassen. |
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Typische Anwendungsbereiche
In praxi werden die beiden Institute
hauptsächlich bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung
und im Erbrecht zur
Begünstigung oder zur Übertragung (zu
Lebzeiten) an den überlebenden Ehegatten
resp. Lebenspartner oder Nachkommen
angewandt (Art. 219 Abs. 1 und Art. 244
Abs. 2; Art. 473, Art. 612a Abs. 2 ZGB).
Auch steuerrechtlich kann die Errichtung
eines Wohn- oder Nutzniessungsrechts Sinn
machen. Dieses Thema wird in einer späteren
Ausgabe behandelt. |
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