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HEV 9/2008 Inhaltsverzeichnis
Mietrecht

     
  Wohnrecht und Nutzniessung  
         
  Sandra Heinemann
lic. iur.
Sandra Heinemann,
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich
  Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Nutzniessung und Wohnrecht sind beides nicht übertragbare (reguläre) Personaldienstbarkeiten, d.h. beschränkte dingliche Rechte, die ein Grundstück belasten. Berechtigt aus einer Personaldienstbarkeit ist eine bestimmte Person. Typischer Inhalt von Personaldienstbarkeiten ist, dass der Belastete sein Eigentumsrecht nicht ausüben bzw. bestimmte Tätigkeiten unterlassen muss. Die beiden Rechte sind unübertragbar und unvererblich.
Die Nutzniessung (Art. 745–775 ZGB) ist eine Dienstbarkeit, welche zulasten des Eigentümers einer bestimmten Person, Nutzniesser, den vollen Genuss, sprich den Besitz, den Gebrauch und die Nutzung einer Liegenschaft verleiht, wobei die Substanz gewahrt werden muss und nicht veräussert werden darf.
 
   
  Die Liegenschaft kann ein Haus mit Umschwung, ein Teil eines Gebäudes oder Grundstücks (Teilnutzniessung) oder eine Wohnung in einem Haus sein. Der Nutzniesser bestimmt über die Art der Bewirtschaftung, z.B. ob er vermieten will (wobei er die Einnahmen für sich behalten darf), und Verwaltung des Nutzniessungsobjekts, welche er einem Dritten übertragen kann. Dem Eigentümer verbleibt folglich das nackte Eigentum.
Der Nutzniesser ist aber im Gegenzug verpflichtet, die Liegenschaft in ihrem Bestand zu erhalten sowie Ausbesserungen und Erneuerungen vorzunehmen. Er muss für den gewöhnlichen Unterhalt und die Bewirtschaftung sowie für die Steuern und Abgaben wie auch für die Versicherungsprämien und die Zinsen für die Kapitalschulden aufkommen. Für wichtigere Arbeiten hat der Nutzniesser den Eigentümer zu benachrichtigen und ihre Vornahme zu gestatten. Werden die Steuern und Abgaben vom Eigentümer erhoben, so hat der Nutzniesser ihm dafür Ersatz zu leisten. Für die Lasten, welche der Eigentümer zu tragen hat, darf er Gegenstände der Nutzniessung verwenden, sofern der Nutzniesser ihm die erforderlichen Geldmittel nicht unentgeltlich vorschiesst. Der Nutzniesser hat alle Nebenkosten zu tragen, die sich aus dem Gebrauch der Liegenschaft ergeben, auch wenn dies nicht speziell vereinbart ist. Das Recht der Nutzniessung als solches ist nicht übertragbar, wohl aber die Ausübung desselben.
Das Wohnrecht ist in Art. 776–778 ZGB geregelt. Es räumt dem Wohnrechtsnehmer die dingliche Befugnis ein, in einem Gebäude oder einem Teil davon Wohnung zu nehmen. Inhalt und Umfang des Wohnrechts bemessen sich nach den persönlichen Verhältnissen des Berechtigten. Familienangehörige und Hausgenossen darf der Berechtigte ebenso aufnehmen wie Gäste. Ist das Wohnrecht auf einen Teil beschränkt, darf der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Einrichtungen mitbenutzen, z.B. Treppenhaus, Waschküche. Der mitbenützende Eigentümer hat die Unterhaltskosten in diesem Fall alleine zu tragen. Der ausschliesslich Berechtigte hingegen hat für den gewöhnlichen Unterhalt, nicht aber für ausserordentliche Reparaturen, aufzukommen. Die Normen über die Nutzniessung finden auch auf das Wohnrecht Anwendung, es sei denn, das Gesetz sieht etwas anderes vor.
Unterschiedlich im Bezug auf Liegenschaften ist vor allem, dass das Wohnrecht nur das Recht zum Bewohnen und eben nicht wie bei der Nutzniessung den vollen Genuss ermöglicht. Ausserdem betrifft beim Wohnrecht die Unübertragbarkeit nicht nur das Recht, sondern auch die Ausübung, d.h. die Ausübung des Wohnrechts kann anders als bei der Nutzniessung nicht einem Dritten übertragen werden, sondern ist höchstpersönlicher Natur. Damit kann nur natürlichen Personen, nicht aber Gesellschaften, ein Wohnrecht eingeräumt werden.
 
     
  Errichtung und Untergang
Die Errichtung einer Nutzniessung oder eines Wohnrechts an Grundstücken bedarf der öffentlichen Beurkundung und des Eintrages im Grundbuch (Art. 746 ZGB). Soll die Nutzniessung oder das Wohnrecht erst mit dem Tod des Eigentümers entstehen, ist die Form der Verfügung von Todes wegen zur Begründung erforderlich.
Wird ein Wohnrecht gerichtlich (vgl. auch befristetes Wohnrecht nach Art. 121 Abs. 3 ZGB) im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung demjenigen Ehegatten gewährt, der nicht Eigentümer der Liegenschaft ist, so ist der Eigentümer verpflichtet, zur Errichtung der Legalservitut Hand zu bieten. Der gleiche Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit gilt auch für die Nutzniessung oder das Wohnrecht des überlebenden Ehegatten nach Ehe und Erbrecht (Art. 219 Abs. 1, Art. 244 Abs. 2 und Art. 612a Abs. 2 ZGB).
Beide Rechte enden mit dem Tod des Nutzniessers/Wohnrechtsnehmers. Wurde eine bestimmte Zeit für die Ausübung des Rechts vereinbart, erlischt dieses mit deren Ablauf. Weiter erlöschen die Rechte unmittelbar mit dem vollständigen Untergang des Objekts oder wenn der Grundbucheintrag – wie z.B. aufgrund des Verzichts seitens des Berechtigten – gelöscht wird (Art. 748f. ZGB). Darüber hinaus kann das Wohnrecht unter Umständen wegen Nichtausübung untergehen. Dies, wenn z.B. die Ausübung unmöglich geworden ist, weil der Berechtigte sich ins Pflegeheim begeben musste und keine Aussicht auf Rückkehr in die Wohnung besteht. Damit und wegen seiner Unübertragbarkeit verliert das Wohnrecht seinen Nutzen, weswegen der Belastete die Löschung beantragen kann (Art. 736 ZGB).
Ist die Nutzniessung oder das Wohnrecht beendigt, so muss der Besitzer dem Eigentümer die Liegenschaft zurückgeben. Sollte der Berechtigte das Objekt nicht ordnungsgemäss gebraucht haben, muss er für den Minderwert einstehen. Hat er Neuerungen vorgenommen, zu denen er nicht verpflichtet war, kann er Rückforderungen wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag (Art. 419ff. OR) stellen. Sollte ihm der Eigentümer keinen Ersatz leisten wollen, kann er die Vorrichtungen entfernen, muss aber den vorherigen Zustand wieder herstellen. Beide Seiten müssen ihre Ansprüche innert Jahresfrist nach Rückgabe geltend machen (Art. 751–755 ZGB).
 
     
  Ausübung
Der Eigentümer hat gemäss Art. 759ff. ZGB verschiedene Aufsichts- und Sicherungsbehelfe. So kann er gegen widerrechtlichen oder unangemessenen Gebrauch der Sache Einspruch erheben und bei nachweislicher Gefährdung seiner Rechte Sicherheit verlangen.
Im Stockwerkeigentum müssen sich die beteiligten Personen (Eigentümer und Nutzniesser/Wohnberechtigter) untereinander einigen, wer die Stimme abgibt. Dies kann grundsätzlich erfolgen oder aber für verschiedene Bereiche unterschiedlich geregelt werden. Fehlt eine diesbezügliche Vereinbarung, gelangt die subsidiäre gesetzliche Regelung zur Anwendung. Art. 712o Abs. 2 ZGB besagt, dass der Nutzniesser/ Wohnberechtigte in allen Fragen der Verwaltung mit Ausnahme der bloss nützlichen oder der zur Verschönerung und Bequemlichkeit dienenden baulichen Massnahmen stimmberechtigt ist. Bei Abstimmungen über Einschränkungen der Nutzungsrechte sowie bei Zweckänderungsbegehren hingegen ist der Eigentümer stimmberechtigt.
Sollte der Verwalter unsicher sein, wer stimmberechtigt ist, tut er gut daran, die Einladung zur Stockwerkeigentümerversammlung sowie die Traktanden allen zukommen zu lassen.
 
     
  Typische Anwendungsbereiche
In praxi werden die beiden Institute hauptsächlich bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung und im Erbrecht zur Begünstigung oder zur Übertragung (zu Lebzeiten) an den überlebenden Ehegatten resp. Lebenspartner oder Nachkommen angewandt (Art. 219 Abs. 1 und Art. 244 Abs. 2; Art. 473, Art. 612a Abs. 2 ZGB).
Auch steuerrechtlich kann die Errichtung eines Wohn- oder Nutzniessungsrechts Sinn machen. Dieses Thema wird in einer späteren Ausgabe behandelt.
 
 
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