HEV Zürich  
Monatsschrift
Home
Verband
Veranstaltungen Seminare
Monatsschrift
Formulare
Handwerker
Links
HEV 11/2008 Inhaltsverzeichnis
Unser Garten

     
  Juniperus Grey Owl  
     
  «Wacholder?»
«Nein, ich hab schon einen!»
 
  Text Gernot Grueber, Grueber + Co., Pflanzenschulen, Langnau
Fotos: Elisabeth Meier-Solfrian, Zürich-Witikon
 
     
  Stellen Sie sich vor, jemand hat einen Obstgarten mit einem Boskoop. Würde er einen Greavensteiner ablehnen mit der Begründung «Ich hab schon einen» (Obstbaum)? Dabei sind Wacholder viel verschiedener, viel weniger vergleichbar als die Apfelsorten.  
     
  Da steh ich nun, mit meinem 55-jährigen Pflanzenwissen, zusammengetragen aus tausendundeiner Detailbeobachtung und x Lexikon-Konsultationen. Muss ich jetzt wirklich wieder das ganze Wissensalphabet durchnehmen, nur weil mein Gegenüber mit seinem Pflanzenproblem von 270 Varianten Wacholder «schon eine» hat? Will er überhaupt keinen Wacholder, oder wäre er doch für eine ganz andere Spielart zu begeistern? Wohlgemerkt, die Frage des Standorts muss geklärt sein. Eine zutreffende Empfehlung bezieht sich auf Standorte der Feuchtigkeitsversorgung zwischen normal und eher trocken. Generell: Wo Sie einen Lavendel pflanzen würden, kann auch ein Wacholder sich wohl fühlen.
Mit einer kurzen Aufzählung möchte ich Ihnen die Vielgestaltigkeit der Wacholderfamilie nahe bringen. Warum also nicht neben dem kugeligen Schuppenwacholder «Blue Star» einen flachen Teppichwacholder «Blue Carpet»? Ein Besenwacholder «Scorpulorum» oder eine Gruppe von Heidewacholder «Hibernica»? Die heimischen Heidewacholder-Wildform ist übrigens die Charakterart der Wacholder-Heiden, die fast immer auf gut mit Kalk versorgtem Boden wächst (Jura). Für die schon fast baumartigen Formen des Virginia-Wacholder «Canaerti» und die blaue Variante «Glauca» müssen wir schon mit drei Metern Durchmesser rechnen. Für grosse Böschungen eignet sich der breit wachsende communis «Repanda» oder die breit wachsenden Formen «Grey Owl» oder «Hetzi» des Chinawacholders. Sehr beliebt ist die gelbnadelige Altersform «Plumosa Aurea», die gerne in Kistchen und Trögen als Gelbton gebraucht wird und durch Schnitt klein gehalten werden kann. Für die gleiche Verwendung eignen sich die Teppichwacholder horizontalis «Glauca» und «Wiltonii». Wo sie nicht aufliegen können, hängen sie einfach nach unten.
 
      Sie sehen, «Ich habe schon einen» kann weder für den Obstgartenbesitzer noch fürjenen, der eine Pflanzenaufgabe lösen muss, ein stichhaltiges Arguments sein. Dazu kommt, dass sich hinter den vielen botanischen Bezeichnungen fast ebenso viele Nuancen von Farben, Formen und Nadelstrukturen tummeln. Soll eine Wahl getroffen werden, sind es oft Wuchshöhe und Wuchsform, oft auch die Farbe, die den Stichentscheid geben. Häufig sind auch Standort und Verwendungszweck die Auslöser: Böschung, Kistchen, Felspartie, Abdeckung.
Manche von Ihnen wissen, dass Wacholder Überwinterungs-Zwischenwirte des Birnen- Gitterrostes sein können. Die Versuchsanstalt Wädenswil hat während einer gewissen Zeit jährlich neu jene Wacholder- Sorten publiziert, die als Wirtspflanzen bekannt wurden.
 
  Juniperus Canaerti
Juniperus Canaerti
   
       
  Die Folge dieser Erkenntnis war, dass einige Gemeinden Ausrottungs- Aktionen anordneten und die Neupflanzung verpönt war. Sinnvollerweise hätte durch eine Ausdünnung der Standorte auch der epidemische Befalldruck vermindert werden können. Aber wer entscheidet, ob nun Nachbar A seinen Wacholder oder Nachbar B seinen Birnbaum opfern muss? In den Birnenanbaugebieten des Wallis wurde Wacholder verboten. Im Rückblick ergibt sich daraus: Es wurde stellenweise übers Ziel hinausgeschossen und wer einen Birnbaum im Garten hat, sollte auf die anfälligen Wacholdersorten verzichten. Als sicher unanfällig können die heimischen Formen des Heidewacholders und die Teppichwacholder gelten. Wenig gefährlich sind auch die aufrechten Altersformen «Blaauws» und «Plumosa Aurea» des Chinawacholders.  
  Übrigens, in einem Buch vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts (Verfasser: Silva-Tarouca) sind über 170 Wacholder- Arten und -Sorten aufgeführt. Die im 19. Jahrhundert entstandenen Selektionen sind darin nicht enthalten. Natürlich sind bei Weitem nicht alle Wacholder in Produktion und Verkauf erhältlich. Viele machen nur in botanischen Sammlungen oder am Naturstandort Sinn.
Wacholder sind zweihäusige Pflanzen. Das heisst, es gibt weibliche und männliche Individuen. Wenn Sie Beeren ernten wollen, braucht es ein Paar. Beeren, wozu? Gelegentlich wird mit Früchten vom heimischen Heidewacholder Sauerkraut gewürzt. Im Altertum wurde das brennende Holz von Wacholder in kultischen Handlungen verwendet.
     
    Juniperus Blue Star
Juniperus Blue Star
 
       
  Seine Zweige wurden zum Schutz vor bösen Geistern über Haustüren aufgehängt. In alten Arzneibüchern wurden Wacholderbeeren bei Magenleiden und Husten empfohlen. Wenn Sie in einem Märchenbuch auf den Begriff Machhandel stossen sollten, damit ist auch der Heidewacholder gemeint. Die Beeren des Heidewacholders werden zur Herstellung von Säften, Schnäpsen (Gin), Mus (Latwerge) und in Hustensäften verwendet. Sie sollen stark harn- und schweisstreibend wirken. Schwangere und Nierenkranke werden vor der Verwendung von Wacholder gewarnt.  
      In der Homöopathie findet man die Wacholder unter verschiedenen Titeln, nämlich Juniperus communis, J. virginiana und J. sabina (Sadebaumwacholder). Die Wirkung bezieht sich besonders auf die Geschlechtsorgane und deren Funktionen. Bei der Verwendung der Beeren ist zu beachten, dass die Wirksamkeit sich mit der Lagerdauer verändert.
Wacholder ist in 23 Arten und über die ganze Erde verbreitet. Ausgenommen scheinen die tropischen Gebiete zu sein.
Sie sehen: Mit «Wacholder? Ich habe schon einen!» machen Sie sichs etwas einfach. Wacholder ist ein Studium wert, wenn man ihn schon nicht im Garten haben will, oder habe ich Sie gar animiert?
 
  Juniperus Hibernica
Juniperus Hibernica (ausgewachsen) im Botanischen Garten
   
     
Inhaltsverzeichnis Seitenanfang
Hauseigentümerverband Zürich  Albisstrasse 28  Postfach  8038 Zürich
Telefon 044 487 17 00  Fax 044 487 17 77  www.hev-zuerich.ch  hev@hev-zuerich.ch
Hauseigentümerverband Zürich, Albisstrasse 28, 8038 Zürich