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HEV 12/2008 Inhaltsverzeichnis
Der liebe Nachbar

     
  Das Nachbarrecht
1. öffentlich – privat
 
     
  Wissen über die Rechtslage hilft, Konflikte aus dem Weg zu räumen. Kennen die Betroffenen ihre Rechte und Pflichten, so wird es einfacher, einvernehmliche Lösungen zu finden und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Können die Parteien miteinander nicht mehr reden, kann ein Mediator helfen. Falls auch das nicht weiterhilft, bleibt nur noch der Gang zum Richter.  
         
  Tiziano Winiger
lic.iur.
Tiziano Winiger,
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich
  Was ist das Nachbarrecht?
Wir leben in einer liberalistischen und freiheitlichen Rechtsordnung, wo jedermann das Recht hat, Eigentum zu erwerben. Unsere Verfassung gewährt uns dieses Recht im Art. 26. Der Genuss des Eigentumsrechtes erfolgt in den Schranken des Gesetzes. Das Eigentumsrecht findet dort seine Grenze, wo die Rechte des Nachbarn beginnen.
Das Nachbarrecht sind alle Vorschriften, welche den Grundeigentümern bei der Ausübung des Eigentums Schranken auferlegen und gleichzeitig die Eigentumsfreiheit des Nachbarn gewähren. Es gibt nachbarrechtliche Bestimmungen im öffentlichen und im Privatrecht sowohl auf Stufe Bund, Kanton wie Gemeinde.
 
   
     
  Woher kommt unser Nachbarrecht?
Nach der Schaffung des Bundesstaates im Jahre 1948 war das Privatrecht zunächst eine rein kantonale Angelegenheit. Erst mit der Revision der Bundesverfassung von 1874 erhielt der Bund eine umfassende Kompetenz zur Regelung des Privatrechts. Dieser überliess dann in gewissen Bereichen eine Restkompetenz den Kantonen. Darum können die Kantone noch heute beispielsweise verschiedene Grenzabstände für Pflanzen vorsehen (Art. 688 ZGB). Die Rechtssetzungsbefugnis kann durch das kantonale Recht an die Gemeinden weiterdelegiert werden.
 
     
  Warum ein öffentlich-rechtliches neben dem
privatrechtlichen Nachbarrecht?

Ursprünglich stammte das Nachbarrecht aus einer Zeit weitgehend landwirtschaftlicher Bodennutzung. Zur Erleichterung der Acker- und Viehbewirtschaftung wurden Rechte geschaffen, wie die Tränk-, Brachund Winterwegrechte, die seither an Aktualität eingebüsst haben. Die rasante technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung führte zu ganz neuen Bedürfnissen und löste eine explosionsartige Inflation an Normen des öffentlich-rechtlichen Nachbarrechts aus. Diese sind gewissermassen als schützende Antwort zu Gunsten der Allgemeinheit auf diese rasante technische Evolution zu verstehen. Diese Normen betrafen das Bauwesen, die Gesundheitspflege, die Feuerpolizei und den gesamten Umweltbereich (UWG). Die Lärmschutzverordnung des Bundes (LSV) als Ausführungserlass zum Umweltschutzgesetz des Bundes (USG) enthält zum Beispiel Vorschriften betreffend den zulässigen Lärmpegel ortsfester Anlagen und diesen gleichgestellter Geräte (Baumaschinen, Schiessanlagen, Kinderspielplätze, Kaffeehäuser, Kirchenglocken). Bei der Baubewilligungserteilung muss die zuständige Behörde bereits für eine Lärm verursachende Anlage darauf achten, dass die konkreten Belastungsgrenzen der LSV eingehalten werden. Der Nachbar kann schon zu diesem Zeitpunkt eine Einsprache geltend machen und gegen die Baubewilligung rekurrieren. Auch die Luftreinhalteverordnung (LRV) von Bund und Kantonen hat Auswirkungen auf das zulässige Ausmass der Grundstücknutzung und die daraus resultierenden Immissionen. Vorgesehen sind unter anderem Vorschriften über die Gebäudebeheizung. Das eidgenössische Gewässerschutzgesetz (GSG) wiederum enthält die Pflicht, bei Autoeinstellplatzgaragen diese mit Benzinabscheidern zu versehen.
 
     
  Was unterscheidet das öffentlich-rechtliche
vom privatrechtlichen Nachbarrecht?

Die privatrechtlichen Nachbarrechtsnormen regeln die nachbarschaftlichen Rechtsverhältnisse und schützen konkret den einzelnen Grundeigentümer. Diese Normen können vertraglich abgeändert oder aufgehoben werden. Die Verletzung von privatrechtlichen Vorschriften erfolgt in der Regel klageweise vor Zivilgerichten und der Kläger muss die Rechts- und Interessenverletzung beweisen.
Die öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen dienen hingegen den Interessen der Allgemeinheit und sind normalerweise zwingenden Charakters. Ihre Abänderung, falls überhaupt zulässig, bedarf der behördlichen Zustimmung. Die Einhaltung von öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen kann durch jeden Bürger angerufen werden. Für die Einhaltung der Abstandsvorschriften von Pflanzen von Strassen oder für die Einhaltung der Umweltbestimmungen ist der Verwaltungsrechtsweg einzuschlagen und die Geltendmachung der Verletzung von persönlichen Interessen ist dabei nicht erforderlich. Die Behörde muss von Amtes wegen die öffentlich-rechtlichen Vorschriften einhalten und durchsetzen.
 
     
  Wie harmonieren öffentlich-rechtliches und
privatrechtliches Nachbarrecht zusammen?

Die Behörden haben auf die Harmonisierung des Immissionsschutzes hinzuwirken. Im Zusammenhang mit Lärmimmissionen beispielsweise, für welche die Anhänge zur Lärmschutzverordnung (LSV) Belastungsgrenzwerte vorschreiben, sind bei der Beurteilung des privatrechtlich zu duldenden Masses die öffentlich-rechtlichen Belastungsgrenzen heranzuziehen.
 
 
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