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HEV 12/2008 Inhaltsverzeichnis
Unser Garten

     
   
     
  Wunschzettel
 
  Text: Barbara Scalabrin, Cottage Garten, Alten
Bilder: Margrit Born und Barbara Scalabrin
 
     
  Nicht nur Kinder und Brautleute haben Wunschzettel, auch Gärtnerinnen und Pflanzenfreunde schreiben oft lange Wunschlisten mit Namen von Pflanzen, die sie in fremden Gärten, in Büchern und Fachzeitschriften oder Gärtnereien gesehen haben.  
     
  Sie träumen von Pflanzen, von denen sie vielleicht wissen, dass sie Traum bleiben müssen, da sie ihnen den richtigen Standort nicht anbieten können, da das Klima zu rau ist, da kein Platz vorhanden ist, da die Pflanze nicht ins Farbschema passt oder nicht erhältlich ist.
Auch wir haben unsere Wunschzettel: Mein Mann träumt beispielsweise davon, einen aufrollbaren Garten zu erfinden. Ähnlich wie mit Rollrasen könnte eine Rabatte mit einem fertigen, aufgerollten Rollborder innert Kürze gefüllt werden. Dies können Sie sich sicher vorstellen, nur wissen Sie ja nicht, dass dieses Rollbeet aus Kunststoff bestehen sollte, damit es nach Gebrauch mit dem Hochdruckreiniger geputzt und anschliessend wieder aufgerollt und versorgt werden könnte. Selbstverständlich stünden für jede Saison andere Rollborders zur Verfügung, mindestens vier pro Jahr. Damit nicht ein extra Schopf gebaut werden müsste, wäre ein Mietservice denkbar! Mein Wunschzettel sieht etwas anders aus, nicht nur, weil ich den Hochdruckreiniger im Garten nicht mag, sondern weil mir der künstliche Wechselgarten wohl zu langweilig und zu steif wäre. Neulich beim Jäten, als ich mich wieder einmal über Pflanzen mit den Attributen wie «sät sich aus» oder «zum Verwildernlassen geeignet» ärgerte, fragte ich mich, wie meine ideale Pflanze aussehen müsste:
Meine Vorliebe für mehrjährige Stauden und Gehölze ist bekannt, deshalb kommen als Idealpflanzen nur diese in Frage. Da Stauden mir mehr liegen, vermutlich weil sie handlicher sind und ich den Zugang zum Pflanzenreich über die Stauden gefunden habe, ist meine Traumpflanze eine ausdauernde, standfeste Staude mit horstigem Wuchs von mittlerer Höhe. Obwohl ich kräftigen Wuchs und Sämlinge mag, darf mein Traum nicht zu wüchsig sein, sich also nicht wie Quecke (Agropyron repens), Girsch (Aegopodium podagraria) oder Zaunwinde (Convolvulus sepium) mit unterirdischen Ausläufern ausbreiten, sondern soll «folgsame» Wurzeln haben, die sich nach Bedarf teilen lassen, die Wasser und Nährstoffe aufnehmen und speichern können und die Pflanze gut verankern.
Etwas schwieriger wird es, wenn ich an die Blätter denke. Als wahre Kraftwerke sind sie äusserst wichtig, stellen sie doch mit Hilfe des Farbstoffs Chlorophyll und des Sonnenlichts energiereiche Stoffe aus Kohlendioxid her, welche sie als Nahrung brauchen. Die gleichzeitige Abgabe von Sauerstoff aber ist bekanntlich für Mensch und Tier lebenswichtig. Mich interessieren die Blätter allerdings mehr wegen der Blattform und der Farbe. Favorit ist ein sattes, zum Glänzen neigendes Grün, wie ich es beispielsweise von den Lenzrosen (Helleborus x Hybridus) kenne. Zusammengesetzte, netznervige Blätter finde ich interessanter als ungeteilte Blätter, obwohl ich im Garten die Vielfalt schätze und weiss, dass es beides braucht. Wie wär’s mit einem gefingerten und gleichzeitig gefiederten wintergrünen Blatt? Geranium soboliferum, ein Storchenschnabel aus der ehemaligen Sowjetunion, hat genau das richtige Blatt mit einem zusätzlichen Bonus: Es hat eine auffallend attraktive Herbstfärbung. Ob ich vielleicht doch zugunsten der Herbstfärbung auf die Eigenschaft «immergrün» verzichten soll? Ich entscheide mich für immergrüne Blätter, da mich diese auch im Winter erfreuen.
 
     
  Geranium soboliferum
Geranium soboliferum
 
     
  Nun zur Blüte: Am liebsten sind mir einfache, radial-symmetrische Blüten, also Blüten, die über verschiedene Achsen in spiegelbildlich gleiche Teile zerlegbar sind. Diesem Muster entsprechen z.B. viele Pflanzen aus den Familien der Storchenschnabel- (Geraniaceae), Hahnenfuss- (Ranunculaceae), Pfingstrosen- (Paeoniaceae), Mohn(Papaveraceae) oder der Rosengewächse (Rosaceae). Eine schalenförmige Blüte mit einem Durchmesser von etwa drei bis vier Zentimetern mit fünf bis zehn runden bis ovalen Blütenblättern und schön gelben Staubblättern müsste es sein. Wie die Rosen müssten Kelchblätter die Blütenschale stützen. Da einfache Blüten meistens nicht lange halten (nach der Bestäubung ist der Zweck bekanntlich erfüllt!), wäre es vorteilhaft, wenn die nach oben schauenden, aufrechten und duftenden Blüten nacheinander blühen würden und remontierend wären. Eine erste Blüte im Februar und eine zweite im Spätsommer würden mir gefallen.
 
  Der Entscheid für eine Farbe ist ein nächster Schritt. Ich mag Blau, Weiss und ein zartes Rosa bei Pflanzen. Eine schwarze oder gelbe Mitte und ausgeprägte Adern auf hellblauem oder weissem Grund würden meinem Ideal am besten entsprechen. Da ich bereits zugunsten von wintergrünen Blättern auf die Herbstfärbung verzichtet habe, wünsche ich mir nach der Blüte rote Früchte.
Genug gewünscht! Doch halt, das Selbstverständliche fehlt: Schnecken und Mäusen graut es vor meiner Kreation. Auch Dickmaulrüssler, rote Spinnen und weisse Fliegen meiden sie, und gegen Pilze, Rost und andere Übel ist sie resistent. Sie ist winterhart, robust und erträgt leicht besonnte Plätze ebenso gut wie den Halbschatten. Lehmiger Boden ist willkommen, muss aber nicht sein.
Beim Schreiben habe ich längst gemerkt, dass ich viele meiner Lieblingspflanzen zu vereinen suchte, habe ich doch Blätter und Blüten bei verschiedenen Storchenschnäbeln, Lenzrosen, einfachen oder halbgefüllten Pfingstrosen, Dotterblumen, bei Hahnenfuss und
     
    Helleborus
Helleborus
 
       
  Johanniskraut genauso wie bei Apfelblüten, Rosen und vielen anderen Pflanzen mit einfachen, schalenförmigen Blüten entlehnt und mir das Profil meiner Wunschpflanze damit zusammengestellt.
Vermutlich ist mein Traum zu perfekt, ist es doch oft das Unvollständige, Fehlerhafte, das mich fasziniert. So betrachte ich meinen realen Wunschzettel, wo Namen wie Cornus «Norman Haddon», Rosa «Sally Holmes», Magnolia grandiflora, Phlomis italica, Rhodohypoxis baurii, Viburnum nudum «Pink Beauty», Thalictrum minor, Anemonopsis macrophylla, Baptisia leucantha etc. stehen. Viele werden Traum bleiben und andere werden irgendwann Einzug in unseren Garten halten. Der Wunschzettel bleibt.
 
     
  Hypericum inodorum «Orange Flair»
Hypericum inodorum «Orange Flair»
 
     
     
  Buchtipp
Wenn ich mich intensiver mit Stauden befasse, beispielsweise Stauden für einen ganz bestimmten Standort suche, greife ich oft zu einem der Standardwerke im deutschen Sprachgebiet, wo man nicht bloss Listen zu verschiedenen Lebensbereichen findet, sondern sich auch über den Aufbau einer Pflanzung informieren kann.
 
 
Das umfassende Werk «Die Stauden und ihre Lebensbereiche» von Richard Hansen und Friedrich Stahl ist ein Standardwerk. Leider ist es nicht reich illustriert. Wer gern Fotos von den einzelnen Stauden hat, sollte sich ein weiteres Buch mit vielen Illustrationen kaufen.
Ich konsultiere daher oft die Pflanzenenzyklopädie der englischen Gartengesellschaft RHS mit über 6000 Abbildungen. Unterdessen ist sie bei DuMont auf Deutsch unter dem Titel «The Royal Horticultural Society, Dumonts Grosse PFLANZENENZYKLOPÄDIE A–Z» erschienen.
 
     
  Beide Werke sind nicht ganz billig, aber vielleicht etwas für den weihnachtlichen Wunschzettel.  
 
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